Der mysteriöse Tod von elf Säuglingen in einem Spital in Tunis hat in Tunesien Entsetzen ausgelöst. Gesundheitsminister Abderraouf Cherif erklärte seinen Rücktritt, wie die staatliche tunesische Nachrichtenagentur TAP am Samstagabend meldete.
Die Regierung ordnete eine Ermittlung an, um die Ursache der Todesfälle zu klären. Auch die Staatsanwaltschaft kündigte Untersuchungen an. Die elf Babys waren am Donnerstag und Freitag in der staatlichen Geburtsklinik La Rabta gestorben. Das Gesundheitsministerium versprach schnelle Präventivmassnahmen, um weitere Todesfälle zu verhindern.
In einer Stellungsnahme des tunesischen Gesundheitsministeriums vom Samstagabend hiess es, die Neugeborenen seien wahrscheinlich an einem septischen Schock infolge einer Blutvergiftung gestorben. Die Tunesische Gesellschaft für Pädiatrie erklärte dazu auf ihrer Facebookseite, die Ermittlungen konzentrierten sich derzeit auf ein Präparat zur künstlichen Ernährung als Auslöser der Infektion.
Der Vorsitzende der Gesellschaft, Mohamed Douagi, hatte bereits vor einigen Monaten auf Missstände im Krankenhaus hingewiesen. Er warf der Regierung vor, sie wolle im «sterbenden» Sektor der Gesundheitsversorgung Geld sparen. Tunesiens Gesundheitssystem galt einst als vorbildlich, kämpft aber seit langen mit Führungs- und Finanzierungsproblemen. Zahlreiche Ärzte wandern ins Ausland ab, weil sie dort auf bessere Arbeitsbedingungen hoffen.
Regierungschef Youssef Chahed besuchte am Samstagabend das Krankenhaus, in dem nach Angaben der Tunesischen Gesellschaft für Pädiatrie jährlich 15?000 Kinder zur Welt kommen. Er kündigte an, alle Verantwortlichen für ihre Versäumnisse zur Rechenschaft zu ziehen.
In der kommenden Woche werde es Treffen mit Vertretern aller Bereiche des Gesundheitswesens geben, sagte Chahed in einem Video, das sein Büro veröffentlichte. Dabei sollten alle bestehenden Probleme ausgewertet werden.
Bereits im Februar hatte es in zwei anderen tunesischen Kliniken Todesfälle unter Kindern gegeben. In Medien war damals die Rede von Masern. Das nordafrikanische Land steckt seit Jahren in einer Wirtschaftskrise, unter der auch die Gesundheitsversorgung leidet. Unter anderem fehlt es an Ärzten, da viele Fachleute auswandern. (sda/dpa)