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Seehofer will Grenzkontrollen wegen zwei Traktoren

Seehofer begründet verstärkte Grenzkontrollen mit zwei (!) Traktorenklaus

13.07.2018, 19:5413.07.2018, 20:10
Timo Stein / watson.de
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Horst Seehofer hatte einiges zu sagen, als er seinen Masterplan in Sachen Migration vorstellte. Und es blieben viele Fragen.

Neben Seehofers «69 Abschiebungen zum 69. Geburtstag»-Zitat, das durch den mutmasslichen Suizid eines Abgeschobenen Afghanen traurige Berühmtheit erlangte, ist eine andere Formulierung hängen geblieben.

Seehofer hatte am Beispiel von verschwunden Traktoren versucht, seine restriktive Migrationspolitik zu begründen:

«Wenn zu viele Traktoren in Sachsen verschwinden, muss ja die Polizei auch mal die Möglichkeit haben, an der Grenze unmittelbar die Kontrollen durchzuführen.»
Horst Seehofer

Wir haben beim LKA-Sachsen nachgefragt. 

Anzahl der verschwundenen Traktoren im Jahr 2018, die zur Anzeige gebracht wurden:

Zwei.

Wobei: eigentlich nur einer. Einer wurde gestohlen, bei dem anderen blieb es bei dem Versuch.

Man könne sicher nicht davon sprechen, dass es hier eine Welle von Traktorenklau gebe, sagt Tom Bernhardt vom LKA Sachsen. «Es ist nicht so, dass das jetzt ein Schwerpunkt unserer Arbeit wäre.»

Die Zahlen:

  • 2016 verschwinden in Sachsen 23 Traktoren, vier Mal scheitern die Diebe bereits beim Versuch. 
  • 2017 sind es sieben, die verschwinden, neun Mal gibt es nur den Versuch

Den Rückgang erklärt das LKA mit normalen Schwankungen. Es gebe immer mal wieder Peaks. Die Zeiträume seien schlicht zu kurz, um seriös zu sagen, dass sich da etwas abzeichnen würde, sagt das LKA Sachsen. Für eine valide Aussage seien die Zahlenwerte zu gering. Auch sichern die Bauer ihre Geräte besser und Medienberichte hätte insgesamt eine sensibilisierende Funktion. 

Bild
Bild: lka sachsen

Wer klaute die Traktoren?

Einzig die Angaben der zum Teil ermittelten Tatverdächtigen könne die Frage annähernd beantworten, so das LKA. Die Ermittlungen in 12 Fällen ergaben: Die Verdächtigen kommen aus Polen (4), Rumänien (3), Litauen (3) und Deutschland (2).

Ob all diese Fälle im Zusammenhang zu Grenzkriminalität stünden, sei nicht eindeutig zu beantworten. Im Jahr 2016 sind von sieben Traktoren drei in Deutschland und vier in Polen aufgefunden worden. 2017 fand man zwei Traktoren. Beide in Deutschland.

Die Sache mit der Bundespolizei

An der Traktoren-Aussage Seehofers ist aber noch etwas anderes problematisch: Hinter Seehofes Traktoren-Beispiel steht die Forderung nach verstärkten Grenzkontrollen. Die Bundespolizei müsse die Möglichkeit haben, «anlassbezogene Kontrollen durchzuführen».

«Die Möglichkeit anlassunabhängiger Kontrollen als Einzelmassnahme haben wir», sagt Tom Bernhardt vom LKA Sachsen. Grundsätzlich könne die Polizei bei entsprechender Verdachtslage jederzeit kontrollieren. 

«Wenn in einem Bereich eine Vielzahl an Diebstählen passiert, kann die Bundespolizei hinzugezogen werden. Und das wird auch gemacht. Es gibt bereits eine intensive Zusammenarbeit mit anderen Ländern und der Bundespolizei. Das läuft auch sehr gut. Alles andere wäre ja irre.»
Tom Bernhardt vom LKA Sachsen

Wir fragten beim Innenministerium nach, warum sich Horst Seehofer bei seiner Argumentation auf Traktoren bezieht und daraus Grenzschutz-Forderungen ableitet.

Eine Antwort haben wir bisher nicht erhalten.

Die Gewinner und Verlierer der Wahlen 2017

Video: srf/SDA SRF
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28 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Sauäschnörrli
13.07.2018 21:18registriert November 2015
Null Toleranz beim Traktorenklau! 😅
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olmabrotwurschtmitbürli #wurstkäseszenario
14.07.2018 01:13registriert Juni 2017
Das ist wohl so eine Art Wohlstandsverwahrlosung, dass solche Clowns Wählerstimmen bekommen.
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derEchteElch
14.07.2018 08:27registriert Juni 2017
Entweder braucht Europa „geschlossene“ und gesicherte Grenzen wie Australien , Neuseeland oder die USA. Oder es braucht „geschlossene“ und gesicherte Grenzen innerhalb Europas.

Unser Wohlstand und unsere Sicherheit kommt nicht von nichts. Wir haben diese erarbeitet und aufgebaut! Wir müssen unseren Wohlstand schützen. Der freie Personenverkehr ist was Gutes. Bedingt aber, dass an der Grenze dieser Zone die Arbeit gründlich erledigt wird.

Wir sind nicht für das Wohl aller Menschen verantwortlich. Zuerst müssen wir zu den eigenen Bürgern, all den Obdachlosen und Sozialfällen schauen!
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