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Gegen Nazis und die AfD: Treffen in Dresden mit den «Omas gegen Rechts»

Video: watson/aylin erol, ralph steiner, lucas zollinger

Gegen Nazis und die Ideologie der AfD – zu Besuch bei den «Omas gegen Rechts»

In Deutschland erstarken rechtsextreme Kräfte. Die «Omas gegen Rechts» nehmen das nicht einfach so hin. Sie demonstrieren, informieren, rufen zur Wahl auf. Der AfD sind sie darum ein Dorn im Auge. watson hat vier «Omas gegen Rechts» in Dresden getroffen.
23.02.2025, 04:4723.02.2025, 12:19
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In der Woche des 13. Februars ist es jeweils so weit. Rechtsextreme marschieren durch die Dresdner Innenstadt, singen Protestlieder und schwingen Fahnen.

Eigentlich gedenkt Dresden in diesen Tagen den 25'000 Todesopfern, die 1945 bei den Luftangriffen der Alliierten ums Leben kamen. Doch seit den 1990er-Jahren instrumentalisieren Neonazis das Datum für ihre geschichtsrevisionistische Propaganda. Seit 2005 gelten diese sogenannten «Trauermärsche» gar als grösster Naziaufmarsch Europas.

Treffen mit der Bürgerinneninitiatve Omas gegen Rechts in Dresden, am 13. Februar 2025. Von links: Monika (70 Jahre, aus Dresden), Christina (56 Jahre, aus Ostsachsen), Sigrid (64 Jahre, aus Dresden)  ...
Die «Omas gegen Rechts», von links Monika, Hanna*, Sigrid und Astrid, am 13. Februar in Dresden. Hanna möchte anonym bleiben.Bild: watson/ aylin erol

In diesem Jahr sind besonders viele Rechtsextreme erwartet worden. Aus zwei Gründen: Der Angriff auf Dresden jährt sich zum 80. Mal und Deutschland steht kurz vor der Bundestagswahl. Einer Bundestagswahl, bei der voraussichtlich eine Partei zweitstärkste Kraft wird, deren einflussreichstes Mitglied – Björn Höcke – bereits an den Trauermärschen in Dresden teilgenommen hat: die AfD.

Aus diesem Grund treffen sich an diesem 13. Februar vier Frauen in einem kleinen Café in der Dresdner Innenstadt: Monika (70), Astrid (71), Sigrid (64) und Hanna* (56). Sie alle gehören der Bürgerinitiative «Omas gegen Rechts» an.

Warnen vor dem Faschisten Björn Höcke

Das Café ist so etwas wie die Stammbeiz von Monika, Astrid und Sigrid. Im Keller dürfen sie ihre Flyer lagern. «Björn Höcke ist ein Faschist», steht auf einem. Auf den folgenden Seiten klären die «Omas gegen Rechts» über Höckes Ideologie auf.

Treffen mit der Bürgerinneninitiatve Omas gegen Rechts in Dresden, am 13. Februar 2025. Von links: Monika (70 Jahre, aus Dresden), Christina (56 Jahre, aus Ostsaxen), Sigrid (64 Jahre, aus Dresden) un ...
Mit diesen Flyern sind die «Omas gegen Rechts» unterwegs.Bild: watson/ aylin erol

Auf einem anderen Flyer listen sie auf, wofür ihre Bewegung steht: für Vielfalt und Toleranz, Demokratie, freiheitliches Denken, die Unantastbarkeit der Würde aller Menschen.

Mit diesen Papieren stehen die Frauen regelmässig in der Innenstadt, bei Stolpersteinen, unterrichten Passantinnen und Passanten über die Verbrechen der Nazis und darüber, was das mit der AfD zu tun hat, die in Sachsen inzwischen als gesichert rechtsextrem gilt.

Zudem sind sie jede Woche in verschiedenen Dresdner Stadtteilen unterwegs und ermutigen die Menschen, wählen zu gehen.

A so-called 'Stolperstein' (stumbling stone), commemorating Regina Schattner, is photographed in Berlin, Germany, Thursday, Nov. 8, 201 at the eve of the 80th anniversary of the Nov. 9, 1938 ...
Mit solchen in den Boden eingelassenen Gedenktafeln – sogenannten Stolpersteinen – wird an diejenigen Menschen erinnert, die in der Nazi-Zeit verfolgt oder ermordet wurden. Bild: AP

In dieser Woche werden sie sich jedoch anders engagieren: Sie werden am Samstag an der Gegendemonstration gegen den rechtsextremen Trauermarsch teilnehmen. Sich lautstark bemerkbar machen. Von den Rechtsextremen wird sie nur eine Reihe Polizeifahrzeuge trennen.

Ursprung der «Omas gegen Rechts»
Die österreichische Theologin und Psychotherapeutin Monika Salzer rief die Bürgerinitiative «Omas gegen Rechts» 2017 auf Facebook ins Leben. Dies als Reaktion auf die Regierungskoalition der beiden Parteien ÖVP und FPÖ. Die ÖVP ist eine rechtsbürgerliche Partei, die man mit der CDU in Deutschland vergleichen kann. Die FPÖ wird als das österreichische Vorbild der AfD gehandelt und vertritt einen rechtsnationalistischen und rechtspopulistischen Kurs.

Aufgrund des wachsenden Zuspruchs rechtsextremer Parteien in der Bevölkerung ist die Bürgerinitiative über die Grenzen geschwappt. Inzwischen gibt es die in eigenständigen, kleinen Initiativen organisierten «Omas gegen Rechts» auch in Deutschland, in Polen, im Südtirol und in der Schweiz. Sie setzen sich für eine offene, tolerante, vielfältige Gesellschaft und die Stärkung der Demokratie ein.

AfDler nennt sie «abgewrackte Schabracken»

Monika, Astrid und Sigrid kennen sich durch ihr jahrelanges Engagement bei den «Omas gegen Rechts Dresden» gut. Hanna hingegen, die der Initiative erst kürzlich beigetreten ist, lernen sie heute erst kennen. Als sie zur Tür hereinkommt, macht sie sofort klar:

«Ich möchte nicht mit meinem Namen und Gesicht in den Medien vorkommen. Ich habe Angst.»
Hanna*, 56
Treffen mit der Bürgerinneninitiatve Omas gegen Rechts in Dresden, am 13. Februar 2025. Von links: Monika (70 Jahre, aus Dresden), Christina (56 Jahre, aus Ostsaxen), Sigrid (64 Jahre, aus Dresden) un ...
Hanna möchte nur anonym Auskunft geben.Bild: watson/ aylin erol

Hanna erklärt, sie wohne in einer kleinen Gemeinde in Ostsachsen. Dort würden Rechtsextreme inzwischen regelmässig Wahlstände anderer Parteien angreifen. «Habt ihr etwa das von Bautzen gehört gestern?», fragt Hanna in die Runde.

Am 12. Februar hat in Bautzen eine Gruppe Jugendlicher den Wahlstand der Linken angepöbelt und mit Böllern beworfen. Wie die Polizei mitteilt, soll ein Jugendlicher einem Linken gar mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Hanna sagt:

«Vielleicht bin ich paranoid, aber ich will einfach nicht zum Ziel dieser Leute werden.»
Hanna*, 56

«Nein, nein, du bist nicht paranoid», beschwichtigt sie Astrid. Anfeindungen gegen die «Omas gegen Rechts» hätten tatsächlich stark zugenommen, seitdem in Deutschland Wahlkampf herrsche. «Wir haben im Gegensatz zu dir den Vorteil, dass wir uns in die Anonymität der Grossstadt flüchten können», ergänzt Monika.

Video: watson/aylin erol, ralph steiner, lucas zollinger

Deutschland befindet sich an einem Punkt, an dem sich Rechtsextreme sogar von friedlich demonstrierenden Grosis provoziert fühlen. Immer wieder müssen sich die Frauen Beleidigungen und Diffamierungen anhören.

Wenige Tage, nachdem sich die vier Frauen im Café getroffen haben, wird ein AfD-Landtagsabgeordneter die Aktivistinnen heftig beleidigen, indem er die «Omas gegen Rechts» an einer AfD-Kundgebung als «abgewrackte Schabracken» bezeichnet.

«Es geht nicht mehr um Fakten»

Der Hass gegen die «Omas gegen Rechts» erreicht ihr Ziel. «Ich beobachte zunehmend, dass die Leute, die sich rechts verorten, gar nicht mehr mit uns reden wollen, weil unser Ruf beschädigt ist», sagt Monika. Denn genau so funktionieren die «Omas gegen Rechts»: Sie wollen noch mit der anderen Seite reden. Sie verstehen. Sie darüber aufklären, wofür die AfD steht und was das Ganze mit der deutschen Vergangenheit zu tun hat.

Treffen mit der Bürgerinneninitiatve Omas gegen Rechts in Dresden, am 13. Februar 2025. Von links: Monika (70 Jahre, aus Dresden), Christina (56 Jahre, aus Ostsaxen), Sigrid (64 Jahre, aus Dresden) un ...
Monika und Sigrid beim Gespräch mit watson in Dresden.Bild: watson/ aylin erol

«Ich frage die Leute jeweils, ob sie wissen, wie die AfD im Bundestag abstimmt», sagt Astrid. Es heisse ja immer, die AfD setze sich gegen die Elite und für die kleinen Leute ein. «Dabei ist das Gegenteil der Fall!»

Doch mit solchen Argumenten kommen die «Omas gegen Rechts» immer weniger gegen den Rechtspopulismus an. Die AfD hat es geschafft, das Vertrauen in Wissenschaft, Medien und Behörden zu untergraben. Sigrid sagt:

«Es geht gar nicht mehr um Fakten oder um Differenzierung. Es geht nur noch um Stimmung.»
Sigrid, 64

Ohnmächtig mache sie das. Überfordernd sei es. «Wie soll man als Demokratie noch miteinander umgehen, wenn man noch nicht mal die Realität oder die Fakten akzeptiert, von denen aus man natürlich unterschiedliche Schlüsse ziehen kann? Worüber sollen wir uns dann noch unterhalten? Über Stimmung? Über Meinung?», fragt Sigrid.

«Trotzdem wählen wir keine AfD»

Die AfD stösst besonders im Osten Deutschlands auf grossen Zuspruch. Weshalb? Astrid, Monika und Sigrid erklären sich das mit der DDR und der Wiedervereinigung 1989. Letztere muss für viele Menschen im Osten eine Art Trauma hinterlassen haben, wie aus dem Gespräch mit den dreien deutlich wird. Ein Trauma, das entsteht, wenn alle Strukturen, die man sein Leben lang kannte, von einem Tag auf den anderen zerfallen.

Von einem Trauma möchten Astrid, Monika und Sigrid in Bezug auf ihr eigenes Leben nicht sprechen. Eher von einem Einschnitt. «Trotzdem wählen wir keine AfD», sagt Astrid. Ja, aber weshalb eigentlich nicht? Warum engagieren sie sich stattdessen gegen Rechtsextreme und die Ideologie der AfD?

Treffen mit der Bürgerinneninitiatve Omas gegen Rechts in Dresden, am 13. Februar 2025. Von links: Monika (70 Jahre, aus Dresden), Christina (56 Jahre, aus Ostsaxen), Sigrid (64 Jahre, aus Dresden) un ...
Der Nazi-Aufmarsch fand am Samstag, 15. Februar, in Dresden statt. Wegen kleinerer Veranstaltungen war die Polizei bereits zwei Tage zuvor stark präsent.Bild: watson/ aylin erol

Zum ersten Mal an diesem Nachmittag ist es ruhig am Tisch. Nicht, weil die Frauen nichts zu sagen haben, sondern weil sie gar nicht wissen, wo sie anfangen sollen. Schliesslich bricht Sigrid das Schweigen:

«Ich habe mich informiert. Und ich habe darüber geredet. Mit der Familie. Darüber, was sie in der Nazizeit erlebt hat.»
Sigrid, 64
Treffen mit der Bürgerinneninitiatve Omas gegen Rechts in Dresden, am 13. Februar 2025. Von links: Monika (70 Jahre, aus Dresden), Christina (56 Jahre, aus Ostsaxen), Sigrid (64 Jahre, aus Dresden) un ...
Sigrid ist Teil der Dresdner «Omas gegen Rechts».Bild: watson/ aylin erol

Sigrid erzählt, dass ihr Grossvater väterlicherseits ein überzeugter Christ gewesen sei. Die Ideologie der Nazis habe er deshalb nicht unterstützen können. Sein kleiner Protest sei es gewesen, die Hitlerfahne nicht aufzuhängen. «Dafür wurde er von seinen Diensten degradiert, durfte in seinem Beruf nicht mehr arbeiten.» Er und seine Frau hätten praktisch Selbstversorger sein müssen, weil sie keine Möglichkeit mehr gehabt hätten, anderweitig zu Geld zu kommen.

Vom anderen Grossvater wisse sie wenig. «Meine Grossmutter hat nur mitbekommen, dass er von der Wehrmacht desertiert ist. Dann ist er verschwunden und sie sass alleine mit fünf Kindern daheim.»

Hannas Mutter hat ihr die Geschichte ihrer Grossmutter erzählt, die dank der berühmten Luftbrücke der Alliierten, die von Juni 1948 bis Mai 1949 bestand, überleben konnte.

Ausserdem war Hannas Grossmutter in einer Widerstandsgruppe namens Rote Kapelle aktiv. Als sie mit Hannas Mutter 1940 schwanger wurde, schloss die Rote Kapelle sie von jeglichen Aktivitäten aus. Die Begründung:

«Die Gefahr ist für dich zu gross, du bist jetzt für zwei Leben verantwortlich.»

Dieser Ausschluss hat beiden das Leben gerettet. Ende Dezember 1942 haben die Nazis sämtliche Mitglieder der Widerstandsgruppe ermordet.

Hanna sagt: «Diesen beiden, über Leben und Tod entscheidenden Ereignissen, habe ich zu verdanken, dass ich überhaupt da bin.» Deswegen wolle sie sich in der Tradition ihrer Grossmutter nun selbst für Demokratie und die Freiheit der jüngeren Generationen einsetzen.

Protest gegen Hitler: 7 Jahre Gefängnis

Monikas Grossvater väterlicherseits war Pfarrer und Mitglied der Bekennenden Kirche, die aktiv Widerstand leistete und sich von den Deutschen Christen abgrenzte.

Da ihr Grossvater das ihm auferlegte Reichsredeverbot nicht einhielt, wurde er immer wieder verhaftet und verbrachte viele Jahre in den Gefängnissen der Nazis. Von dort schrieb er Ermutigungsbriefe an die Gemeinde, die seine Frau und seine Kinder verteilten.

Treffen mit der Bürgerinneninitiatve Omas gegen Rechts in Dresden, am 13. Februar 2025. Von links: Monika (70 Jahre, aus Dresden), Christina (56 Jahre, aus Ostsaxen), Sigrid (64 Jahre, aus Dresden) un ...
Monika engagiert sich seit Jahren bei den «Omas gegen Rechts».Bild: watson/ aylin erol

Ihre Familie mütterlicherseits hatte ganz andere Erfahrungen gesammelt. Ihr Grossvater war Kaufmann und ist in den Zwanzigerjahren immer wieder pleitegegangen.

Die Familie hatte acht Kinder und war bitterarm, als Hitler an die Macht kam. Monika erzählt: «Mein Grossvater trat in die NSDAP ein, weil er hoffte, Arbeit zu bekommen. Kinderreiche Familien wurden erst einmal gefördert. Es gab eine (einmalige!) Zuwendung von 1000 Reichsmark.»

Damit kaufte er jedem Kind ein neues Kleid oder eine neue Hose und eine «ordentliche Butterstulle». Monika sagt:

«Aus der Perspektive dieser schlimmen Armut möchte ich die Entscheidungen meiner Grosseltern nicht verurteilen oder bewerten.»
Monika, 70

Auch in Astrids Familie war die Nazizeit kein Tabu. Ihre Grossmutter soll sich als kleiner Protest oft geweigert haben, den Hitlergruss zu machen, wenn sie ein Geschäft betrat. Mehr aber auch nicht.

Den Terror und Horror unter Hitler bekamen aber selbst schweigende Bürgerinnen und Bürger zu spüren. Astrid erzählt:

«Meine Mutter hat mir immer erzählt, wie schlimm das für sie war, wenn ein Mädchen nach dem anderen aus der Klasse verschwand. Weil es jüdisch war.»
Astrid, 71

Ihre Eltern hätten unter den Schuldgefühlen, sich nicht gegen diese Herrschaft aufgelehnt zu haben, ein Leben lang gelitten. Deshalb hätten sie in der Familie über das Thema sprechen wollen. Ganz bewusst.

Treffen mit der Bürgerinneninitiatve Omas gegen Rechts in Dresden, am 13. Februar 2025. Von links: Monika (70 Jahre, aus Dresden), Christina (56 Jahre, aus Ostsaxen), Sigrid (64 Jahre, aus Dresden) un ...
In Astrids Familie war die deutsche Geschichte immer präsent.Bild: watson/ aylin erol

Unter anderem wegen der Einstellung ihrer Eltern weiss Astrid heute, dass sie eine Grosstante gehabt hatte, die wegen ihrer Behinderung in der psychiatrischen Einrichtung Pirna-Sonnenstein untergebracht worden sei.

Die Grosstante sei 1936 gestorben, noch bevor die Nazis daraus eine Euthanasieanstalt machen und ihre Gaskammern an kranken und behinderten Menschen testen konnten. «Darum sagte man in der Familie immer: ‹Ein Glück ist die Tante schon so früh gestorben, so ist ihr so viel erspart geblieben›.»

«Das Nazigedankengut hat bis heute überwintert»

Dass man in ihren Familien über die Nazizeit gesprochen hat, ist das, was die vier Frauen verbindet. Und das, was in Deutschland nicht die Regel ist, wie sie erzählen. Die meisten aus der Generation ihrer Eltern und Grosseltern hätten nach dem Krieg einfach alles vergessen wollen.

Treffen mit der Bürgerinneninitiatve Omas gegen Rechts in Dresden, am 13. Februar 2025. Von links: Monika (70 Jahre, aus Dresden), Christina (56 Jahre, aus Ostsaxen), Sigrid (64 Jahre, aus Dresden) un ...
Die Flyer der «Omas gegen Rechts».Bild: watson/ aylin erol

Sigrid sagt: «Die Historiker und Gelehrten haben die deutsche Vergangenheit zwar aufgearbeitet. Aber das war ein Eliteprojekt. In der Bevölkerung kam davon nichts an.» Die breite deutsche Gesellschaft habe alles totgeschwiegen und wisse deshalb noch immer viel zu wenig über dieses düstere Kapitel. Astrid ergänzt:

«Das Nazigedankengut hat einfach bis heute überwintert und kommt jetzt wieder zum Vorschein.»
Astrid, 71

«Darum ist der AfD diese Erinnerungskultur auch so ein Dorn im Auge», betont Monika.

Haben die «Omas gegen Rechts» Angst vor dem Ausgang der Bundestagswahl am 23. Februar? Angst, dass die AfD vielleicht nicht bei diesen Wahlen, aber bei den nächsten an die Macht kommen könnte? «Ja, bei Hitler dachten schliesslich auch viele nicht, dass es so schnell gehen kann», sagt Hanna. «Gut, aber 1933 waren trotzdem nicht 250'000 Menschen aus dem Stand heraus auf den Strassen und protestierten», hält Astrid dagegen. Ihr ist es wichtig, zu betonen:

«Es gibt noch Hoffnungszeichen.»
Astrid, 71

Eines dieser Hoffnungszeichen befindet sich zu diesem Zeitpunkt in der Dresdner Innenstadt: 10’000 Menschen halten sich an den Händen und bilden eine Menschenkette als Symbol gegen Krieg, Gewalt und gegen die Rechtsextremen, die den Tag mit Opfermythen vereinnahmen wollen.

epa11893593 People join hands to form a human chain as part of commemorations for the 80th anniversary of the destruction of Dresden during World War II, in central Dresden, Germany, 13 February 2025. ...
Die Menschenkette in Dresden am 13. Februar 2025.Bild: EPA

Ein zweites Zeichen der Hoffnung verlässt bald dieses Café. Die vier «Omas gegen Rechts» packen ihre Flyer, Plakate, bunten Regenschirme und Sicherheitswesten. Sie treffen sich mit Gleichgesinnten auf einem grossen Platz in der Dresdner Innenstadt.

Am Samstag werden die Frauen wieder auf der Strasse sein. Wenn Rechtsextreme auf Gegendemonstranten stossen. Und die «Omas gegen Rechts» lautstark kundtun, dass sie deren Gesinnung niemals akzeptieren werden.

15.02.2025, Sachsen, Dresden: Teilnehmer einer rechten Demonstration. Anlass des 80. Jahrestages der Bombardierung Dresdens 1945. Foto: Sebastian Willnow/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ (KEYSTONE/DPA/Sebasti ...
Die Demo der Rechtsextremen am Samstag, 15. Februar, in Dresden. Anlass ist der 80. Jahrestag der Bombardierung Dresdens 1945.Bild: DPA

*Name von der Redaktion geändert.

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131 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Schlaf
23.02.2025 08:21registriert Oktober 2019
Man könnte ja einmal Ursachenforschung betreiben, warum so viele Menschen zur AfD strömen, auch wenn es offensichtlich ist und man das Problem sehen will.

Warum beschäftigt man sich nicht einmal mit dem Ansatz?
Ursachenbekämpfung ist immer zielführender als Symptombekämpfung.
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PlusUltra
23.02.2025 09:43registriert Juni 2019
Ich staune immer wieder über einige deutsche Arbeitskollegen: sie regen sich über Ausländer auf, die ihnen Krippen- und Arbeitsplätze streitig machen und dass das Leben teuer geworden ist. Selber arbeiten sie aber in der CH und kaufen sich in Deutschland Häuser, oder ziehen gleich in die Schweiz. Darauf, dass sie eigentlich genau das gleiche wie der Rumäne oder Pole machen, kommen sie aber nicht.
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Lukkinnen
23.02.2025 08:14registriert Juni 2021
„Gegen“ etwas zu sein bringt keine Veränderung sondern nur noch mehr Bühne für das kritisierte Programm oder dessen Partei. Wo sind die überzeugenden Stimmen „für“ etwas oder jemanden?
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