Donald Trump liebt es bombastisch. Seine Vereidigung als US-Präsident auf den Stufen des Kapitols in Washington am 20. Januar soll zum Anlass der Superlative werden. «Lasst uns den Allzeit-Rekord aufstellen!», forderte Trump Mitte Dezember auf seinem Lieblingskanal Twitter.
Eine Woche vor dem grossen Tag deutet alles darauf hin, dass dieses Ziel nicht nur verfehlt wird. Die Amtseinführung des Republikaners könnte in mancher Hinsicht zum Desaster werden. Die Rekordbeteiligung von rund 1,8 Millionen Zuschauern bei Barack Obamas erster Vereidigung im Jahr 2009 wird Donald Trump bei weitem nicht erreichen.
Die Behörden in Washington gehen laut US-Medien von rund 800'000 Besuchern aus. Und diese Schätzung könnte zu hoch gegriffen sein. George W. Bush konnte bei seinen Vereidigungen 2001 und 2005 jeweils knapp 400'000 Fans aufbieten. Er war auch umstritten, aber längst nicht so kontrovers wie Trump.
Ein Indiz für eine schwache Beteiligung ist die Zahl der Parkierbewilligungen für Reisecars in Washington. Bei Obamas Vereidigung vor acht Jahren wurden mehr als 3000 ausgestellt. Für Trumps Amtseinführung haben sich bislang 200 Busse angemeldet. Das betrifft «nur» das Parkhaus beim RFK-Stadion, doch für den Women's March on Washington, der am 21. Januar stattfinden wird, werden am gleichen Ort mehr als 1200 Busse erwartet, sechsmal so viele.
Der Frauenmarsch entstand aus einer Facebook-Gruppe und ist als Kundgebung gegen Trumps Sexismus und seine Angriffe auf das Recht auf Abtreibung gedacht. Auch am Tag der Vereidigung sind Demonstrationen angekündigt. Die zuständige Nationalparkbehörde hat laut Reuters 27 Bewilligungen erteilt, mehr als viermal so viele wie bei früheren Amtseinführungen.
Die Demos werden kaum friedlich ablaufen. Eine Gruppe namens DisruptJ20 kündigte an, sie wolle Trumps «Krönung» lahmlegen. Die Stadt rechnet mit 200'000 Demonstranten. Das dürfte eine konservative Schätzung sein. Auch zum Frauenmarsch werden mehrere 100'000 Personen erwartet.
Mehr Demonstranten als Zuschauer? Für Donald Trump ist dieses Szenario ein Albtraum. Seine Gefolgsleute dürften versuchen, möglichst viele Leute in die Hauptstadt zu karren. Nicht vermeiden lässt sich eine anderer Flop. Während sich bei Obamas Vereidigung die Topstars gegenseitig auf den Füssen herumtrampelten, muss Trump mit C- oder D-Promis Vorlieb nehmen.
Ihm sei das egal, hatte Trump getwittert. In Wirklichkeit hat sich sein Team sehr wohl um grosse Namen bemüht und nur Absagen kassiert, etwa von Céline Dion und Elton John («Ich werde in einer Million Jahren kein Republikaner sein, fragt doch den verf...ten Ted Nugent!»). Der blinde «Startenor» Andrea Bocelli, der sonst keine «Hundsverlochete» auslässt, sagte erst zu und nach Protesten seiner Fans wieder ab.
Zuletzt bemühte man sich um Promis, die ihre beste Zeit hinter sich haben, etwa den Sänger und DJ Moby. Dieser meinte, er werde für Trump auflegen, «aber nur, wenn er seine Steuererklärung offenlegt». Die walisische Sängerin Charlotte Church reagierte auf die Anfrage mit einem deftigen Tweet.
@realDonaldTrump Your staff have asked me to sing at your inauguration, a simple Internet search would show I think you're a tyrant. Bye💩💩💩💩
— Charlotte Church (@charlottechurch) 10. Januar 2017
Selbst Stars mit konservativer Gesinnung etwa aus der Country-Szene wollen laut dem Magazin «Rolling Stone» nicht für Trump singen, aus Angst vor einem Imageschaden. Nun bleiben ihm nur das Castingshow-Sternchen Jackie Evancho, der Mormon Tabernacle Choir und die Tanztruppe «The Rockettes» aus der Radio City Music Hall in New York.
Ganz andere Kaliber können Trumps Gegner aufbieten. Die Organisation Planned Parenthood, die sich für Abtreibungen einsetzt, kann an einer Spendengala am Tag vor der Vereidigung auf die Band The National und Rapper Common zählen. Und am Frauenmarsch werden unter anderem Cher und Katy Perry auftreten. (pbl)