Nach Vergewaltigungsvorwürfen haben französische Behörden ein Ermittlungsverfahren gegen den Genfer Islamwissenschaftler Tariq Ramadan eröffnet. Ihm werden Vergewaltigung sowie Vergewaltigung einer schutzbedürftigen Person vorgeworfen.
Ramadan sei festgenommen worden, hiess es am Freitagabend aus Justizkreisen. Ob er in Untersuchungshaft komme, werde zu einem späteren Zeitpunkt entschieden. Bereits zwei Tage zuvor war Ramadan in Polizeigewahrsam genommen worden.
Ermittler hatten voriges Jahr eine Untersuchung gegen den aus der Schweiz stammenden Theologen eingeleitet. Ihnen liegen zwei Anzeigen von Frauen gegen Ramadan vor. Bei der Untersuchung geht es um Vorwürfe von Vergewaltigungen und vorsätzlichen Gewalttätigkeiten, wie es aus den Justizkreisen hiess.
Ramadan hatte im Gegenzug Anzeige wegen falscher Anschuldigung gestellt und von einer «Verleumdungskampagne» gesprochen, die von seinen «langjährigen Gegnern» orchestriert werde.
Der Autor mehrerer Bücher lehrte Islamwissenschaft an der britischen Universität Oxford. Im November 2017 liess er sich wegen der Vorwürfe von der traditionsreichen Hochschule beurlauben.
Ramadan ist in der Schweiz geboren, seine Vorfahren stammen aus Ägypten. Sein Grossvater war Hassan al-Banna, der Gründer der konservativen Muslimbruderschaft.
Kritiker werfen Ramadan vor, für eine besonders konservative und politische Auslegung des Islam einzutreten. Er selbst weist aber jede Nähe zu extremistischen Strömungen im Islam zurück. Die USA hatten ihm zwischen 2004 und 2010 aus politischen Gründen ein Einreiseverbot erteilt.
Neben den Vergewaltigungsvorwürfen aus Frankreich gaben auch mehrere Schweizer Frauen in den Medien an, in den 1980er und 1990er Jahren von Ramadan sexuell bedrängt worden zu sein. Manche von ihnen waren damals noch minderjährig. (dwi/sda/dpa/afp)