Am Dienstag versammelten sich mehrere hundert Demonstranten auf dem Skanderbeg-Platz im Zentrum Pristinas. Zu Musik von Beyoncé und der aus dem Kosovo stammenden, britischen Pop-Sängerin Dua Lipa bewegte sich der Marsch über den Mutter-Teresa-Boulevard zum nahen Zahir-Pajaziti-Platz.
Kosovo had its first pride parade today in Prishtina. Love is love. Në emër të dashnisë ❤️🏳️🌈
— DUA LIPA (@DUALIPA) 10. Oktober 2017
Zu Beginn der Demo mit dem Motto «In the Name of Love» machte Staatspräsident Hashim Thaci den Demonstranten seine Aufwartung. Er sei gekommen, um seine Unterstützung für die LGBTI-Community auszudrücken, berichtet «Prishtina Insight». Alle Gemeinschaften im Kosovo seien gleichgestellt. Staat und Gesellschaft basierten auf Freiheiten und gleichen Rechten für alle, sagte Thaci.
Weitere kosovarische Politiker sowie ausländische Diplomaten, unter ihnen US-Botschafter Greg Delawie, nahmen am Marsch teil. Organisiert wurde die Demo von den NGOs «Kosovo Centre for Equality and Liberty» und «Centre for Social Group Development».
As President of Republic I joined today hundreds of #LGBTI activists for #KosovoLoveParade. #Kosovo's constitution protects love! #Pride pic.twitter.com/QfCntKzkce
— Hashim Thaçi (@HashimThaciRKS) 10. Oktober 2017
«Wir sind sehr stolz, die erste Pride in der Geschichte des Kosovo durchzuführen», sagte der Aktivist Lendi Mustafa gegenüber «Pristhina Insight». Er erhebe seine Stimme auch für diejenigen, welche nicht teilnehmen könnten.
Im Hinblick auf die angekündigte Parade waren bei verschiedenen Medien anonyme Mails mit Drohungen gegen die Teilnehmer eingegangen. Hasserfüllte Äusserungen setzte in einem unterdessen wieder gelöschten Facebook-Eintrag der Anführer der religiösen Kleinpartei «Fjala» ab – sie holte bei den letzten Wahlen knapp 1 Prozent der Stimmen und verpasste den Einzug ins Parlament.
«Homosexuelle zerstören unser Land und unser Volk», schrieb Parteichef Gezim Kelmendi. «Sie verbreiten diese Krankrheit in unserem Land und stellen sie im Namen der Demokratie als etwas Normales dar.» Wie das «Balkan Investigative Research Network» (BIRN) berichtet, äusserten sich auch zwei Imame mit hasserfüllten Videos zur «Gay Pride».
Gemäss der Menschenrechtsaktivistin Teuta Hoxha aus Pristina missbrauchen religiöse Würdenträger regelmässig das Recht auf freie Meinungsäusserung für diese Art von «hate speech». «Angesichts der ethnischen und religiösen Bruchlinien spielt ‹hate speech› eine wichtige Rolle beim Anheizen von Spannungen», sagte Hoxha gegenüber BIRN.
Kosovo sei ein sehr homophobes Land, weshalb man mit solchen Kommentaren gerechnet habe, sagte ein Sprecher des «Kosovo Centre for Equality and Liberty» zu «Prishtina Insight»: «Genau aus diesem Grund braucht Kosovo eine Pride – damit diese Leute direkt mit der LBGT-Bewegung konfrontiert werden.»
Die Parade ging ohne Zwischenfälle vonstatten, obwohl sich am Rande des Mutter-Teresa-Boulevards einige Gegendemonstranten mit Protestschildern aufgestellt hatten. In vergangenen Jahren fanden anlässlich des «internationalen Tag gegen Homophobie und Transphobie» ebenfalls Versammlungen statt – eine «Gay Pride» hatte es bisher jedoch noch nie gegeben.
Die aktuellen Ausgabe des jährlichen Berichts der «International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans & Intersex Association» (ILGA) untersuchte die Menschenrechtslage von LGBT-Menschen in 49 europäischen Ländern. Dort liegt Kosovo auf Rang 27, einen Platz hinter der Schweiz.