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Brexit: Dieser Diebstahl beschreibt den Zustand Grossbritanniens perfekt

Britain's Prime Minister Theresa May, standing centre foreground, makes a reply to lawmakers during the scheduled Prime Minister's Questions time, in the House of Commons, London, Wednesday  ...
Theresa May spricht im britischen Unterhaus: Neben ihr liegt die Mace.Bild: AP/pool

Dieser «Diebstahl» beschreibt den Zustand Grossbritanniens perfekt

11.12.2018, 16:5111.12.2018, 17:13
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Eine Szene, die sich gestern im britischen Unterhaus ereignet hat, avanciert zum Sinnbild der aktuellen Regierungskrise. Ein Mann schreitet entschlossen durch den Raum und greift nach einer goldenen Keule. Sofort bricht im Saal Lärm aus. Der Sprecher des Hauses stammelt ins Mikrofon: «No, no, no ...».  

Doch der Mann bleibt entschlossen, schnappt sich die Keule und bewegt sich Richtung Ausgang. Trotz Protesten scheint er das gute Stück entwenden zu wollen. Doch im letzten Moment kommt ihm eine ältere Frau entgegen, die ihm das Objekt entwendet und wieder an den angestammten Platz zurückbringt. 

Diese Szene steht exemplarisch für die britische Regierungskrise:

Was ist da genau passiert?

Nun, der Mann, welcher die Keule entwenden wollte, ist ein Abgeordneter der Labour-Partei. Sein Name: Lloyd Russell-Moyle. 

«Very british» ist indes nicht nur sein Name, sondern auch die Keule, deren Bedeutung und Tradition. Genannt wird sie «Mace» und sie ist das Symbol der königlichen Autorität im Parlament. Das Oberhaus besitzt zwei Keulen, das Unterhaus eine. Ohne die Mace könnten die beiden Kammern weder zusammenkommen noch ein Gesetz verabschieden. Zumal die royale Autorität fehlen würde. 

Die Keule des Unterhauses wurde bereits im 16. Jahrhundert angefertigt, ist reich geschmückt und etwa eineinhalb Meter lang. An jedem Tag, an dem sich das Unterhaus trifft, bringt sie der «Sergeant-at-Arms» in den Saal und legt sie auf den Tisch in der Mitte. Der «Sergeant-at-Arms» ist ein Saaldiener, der für Recht und Ordnung im Unterhaus sorgt. 

Wie es Tradition und Regeln wollen, darf kein Parlamentarier die «Mace» berühren, was denn im Normalfall auch nicht geschieht. Doch vom Normalzustand ist London derzeit meilenweit entfernt. In Westminster herrscht das Chaos.

Theresa May musste die für heute angesetzte Abstimmung über das Brexit-Abkommen verschieben. Die Premierministerin hätte für den von ihr ausgehandelten Deal nie und nimmer eine Mehrheit zusammenbekommen. Nun ist fraglich, ob sie überhaupt noch weiterregieren kann. Sogar ein zweites Brexit-Votum scheint möglich.

Für Russell-Moyle offenbar alles zu viel. Er habe mit dem «Mace»-Klau zeigen wollen, dass das Parlament nicht wolle, dass so weiterregiert werde, so der Labour-Abgeordnete. Eigentlich hätte er die Keule aus dem Saal tragen wollen. Dach dann kam ihm der «Sergeant-at-Arms» entgegen. In diesem Fall eine Frau. Russell-Moyle sagt: «Sie haben mich gestoppt, bevor ich raus war. Und ich wollte nicht mit jemandem streiten, der ein riesiges Schwert an der Hüfte trägt.»

Eine Saaldienerin mit Schwert? Fragt nicht.

Nächste Panne für May

Und was meint Theresa May zum Aufruhr im Unterhaus? Nicht viel. Denn die britische Regierungschefin bemüht sich derzeit auf einer Reise durch mehrere europäische Hauptstädte, von anderen Regierungschefs weitere Zugeständnisse in der Brexit-Frage zu erhalten.

Doch bei ihrem Besuch in Berlin erlitt die angeschlagene Premierministerin bereits die nächste Panne. Als ihre Limousine bei Angela Merkel vorfuhr, ging die Tür nicht auf. Es klemmt aber auch wirklich bei Theresa May ...

(cma)

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20 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Stratosurfer
11.12.2018 17:21registriert März 2014
Obelix hatte recht....
Dieser «Diebstahl» beschreibt den Zustand Grossbritanniens perfekt
Obelix hatte recht....
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Mijasma
11.12.2018 17:26registriert Oktober 2018
Ich weiss jetzt nicht im Detail um was die Streiten. Aber ich weis wenn ich Theresa May wäre, hätte ich den Bettel schon lange hingeschmissen und gesagt macht euren Scheiss doch selber.
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c_meier
11.12.2018 16:59registriert März 2015
diese Mace gibts soweit ich mich erinnern kann auch in Kanada im Parlament
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