Der Inhalt der kleinen Plauderei im Buckingham Palast war vermutlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt: Am Rande der Feierlichkeiten zum 90. Geburtstag der Queen unterhielten sich Premier David Cameron, der Erzbischof von Canterbury, der Sprecher des Unterhauses, sowie das Oberhaupt der britischen Krone über den Anti-Korruptionsgipfel, der am Donnerstag stattfindet. «Wir haben ein paar fantastisch korrupte Länder, die daran teilnehmen werden», hob Cameron an, bevor er Nigeria und Afghanistan, als «die wahrscheinlich korruptesten Länder der Welt» bezeichnete.
Der Erzbischof wandte ein, das aktuelle Staatsoberhaupt Nigerias, Muhammad Buhari sei tatsächlich nicht korrupt, woraufhin sich die Queen diplomatisch dazwischenschaltete: «Er gibt sich Mühe.» «Oh ja, er gibt sich wirklich Mühe», antwortete der Erzbischof, sichtlich überzeugt vom Eifer des nigerianischen Regierungschefs.
Die kleine Indiskretion sorgte in Nigeria und Afghanistan für rote Köpfe: Ein Sprecher Buharis sagte, der Präsident sei «schockiert und peinlich berührt» angesichts der Aussagen des britischen Premier. Auch aus Afghanistan folgte umgehend Protest: Die Äusserungen Camerons seien unfair, das Land habe in dem Bereich erhebliche Fortschritte erzielt.
Ganz falsch lag Cameron im Fall von Afghanistan mit seiner Aussage allerdings nicht, zumindest wenn es nach dem Korruptionsindex von Transparency International geht: Das Land am Hindukusch liegt im jüngsten Bericht auf Rang 166 – von 168. Etwas besser schätzt die NGO die Lage in Nigeria, dem bevölkerungsreichsten Land Afrikas, ein: Rang 136.
Immerhin: Die Präsidenten der erwähnten Länder berappen die Reise nach London aus eigener Tasche, wie Cameron auf eine scherzhafte Nachfrage des Unterhaus-Sprechers versicherte.
(wst)