Frau O'Dea, sehr viele Iren teilen derzeit auf Twitter unter dem Hashtag #hometovote mit, dass sie extra nachhause fahren, um ihre Stimmzettel in die Urne legen zu können.
Clare O'Dea: Ja, das freut mich sehr. Viele junge Menschen setzten sich für die Auflösung des Abtreibungsverbots ein. Auch ich bin derzeit in Irland, zwar eher zufällig, weil ich für ein neues Buch über Irland recherchiere, aber ich bin froh, hier zu sein.
Haben Sie ihre Stimme schon in die Urne gelegt?
Ich kann leider nicht mehr abstimmen. Nach 18 Monaten im Ausland verliert man das Stimmrecht.
Wie erleben Sie die Stimmung in Irland?
Die Menschen sind sehr gespannt. Monatelang wurde über das Thema intensiv debattiert. Unzählige Frauen haben sich im Rahmen der Debatte dazu geäussert und ihre persönlichen Geschichten erzählt. Zum Teil waren es wahre Tragödien. Mein ganzes Leben lang war das Thema Abtreibung völlig unter den Teppich gekehrt. Man sprach nicht darüber, weil man zu grosse Angst vor den Konsequenzen hatte. Ich hoffe, dass die Iren eingesehen haben, dass das Leid der Frauen nicht mehr länger ignoriert werden kann.
Vor zwei Jahren hat Irland in einem historischen Volksentscheid die Homo-Ehe angenommen. Wie stehen die Chancen für die Lockerung des Abtreibungsverbots?
Das ist schwierig zu sagen. Es gibt derzeit noch sehr viele unentschiedene Wähler. Diese entscheiden sich eher gegen das Referendum. Denn es ist einfacher und bequemer, alles beim Alten zu lassen, anstatt etwas zu verändern. Aber dennoch: Die Bewegung der Befürworter ist immens. Ich habe gehört, dass zehnmal mehr Leute extra aus dem Ausland angereist sind um abzustimmen, als damals bei der Abstimmung über die Ehe für alle.
Why the obsession on the NO side with comparing Ireland to the UK when it comes to abortion predictions? More realistic to compare with a small community-based country, like Switzerland: same 12-week regime, one of lowest rates in the world and lower since legalisation #rtept
— Clare O'Dea (@ClareODeaZ) 22. Mai 2018
Sie haben in der Vergangenheit auf Ihrem Twitter-Account dazu aufgerufen, die Schweiz mit Irland zu vergleichen, wenn es um das Thema Abtreibungen geht.
Das habe ich. Und zwar wurde in zahlreichen Fernseh-Debatten zum Thema immer wieder auf die Abtreibungszahlen in England hingewiesen und wie diese in die Höhe schossen, nachdem Abtreibungen bis zur 24. Schwangerschaftswoche erlaubt worden sind. Doch Irland mit England zu vergleichen ist falsch. Die Schweiz wäre ein viel besserer Vergleich und hier sind die Zahlen stabil geblieben, wenn nicht sogar gesunken. Irland und die Schweiz haben zudem vieles gemeinsam, es sind zwei sehr kleine Länder, die sehr viel wert auf ihre Kultur und ihren Zusammenhalt legen.
Die Urnen sind heute bis 22 Uhr geöffnet, das offizielle Ergebnis wird erst morgen publiziert. Was machen Sie bis dann?
Ich werde die Abstimmung sicher gespannt verfolgen und die Befürworter des Referendums unterstützen. Und ich hoffe wirklich sehr, dass sich unser Land heute richtig entscheidet.