Der Suezkanal ist für den Handel weltweit von grosser Bedeutung. Gut 10 Prozent der Containerschiffe nehmen den Weg durch den 193 Kilometer langen Kanal, der das Mittelmeer mit dem Roten Meer verbindet.
In diesen Tagen steht der Verkehr durch diesen aber weitgehend still. Nach Angriffen der Huthi-Rebellen auf mehrere Schiffe haben die grossen Reedereien entschieden, diese Route vorerst zu meiden. Was bedeutet dies für den Handel? Eine Übersicht zur aktuellen Situation.
In den vergangenen Tagen sorgten weitere Angriffe der Huthi-Rebellen auf Schiffe im Roten Meer für Schlagzeilen. Am Freitag wurde zunächst ein Containerfrachter der deutschen Reederei Hapag-Lloyd im Roten Meer beschossen. Danach gaben die Huthis bekannt, zwei weitere Schiffe mit Raketen angegriffen zu haben – darunter die MSC Palatium III» der Schweizer Reederei MSC.
Am Montag berichtete die norwegische Inventor Chemical Tankers, der Tanker «Swan Atlantic» sei ebenfalls «von einem Objekt» getroffen worden worden. Die Huthis beanspruchten den Angriff auf die «Swan Atlantic» für sich und erklärten, sie hätten auch das Containerschiff «MSC Clara» attackiert. Sie hätten beide Schiffe mit Wasserflugzeugen angegriffen, teilte Militärsprecher Jahja Sari mit. Die Besatzungen hätten auf Warnungen nicht reagiert.
Verletzt wurde bei den Vorfällen niemand. Teilweise sorgten die Angriffe aber für Schäden an den Schiffen – sowohl beim Containerfrachter «Al Jasrah» von Hapag-Lloyd und der «MSC Palatium III» von MSC hiess es, die Schiffe seien beim Angriff beschädigt worden.
Aufgrund der Angriffe haben diverse grosse Reedereien mittlerweile angekündigt, den Weg über die Suez-Route zu meiden. Am Freitag meldete die MSC, die weltweit grösste Containerreederei, die Fahrten durch den Suezkanal zum Schutz der Seeleute zu stoppen.
Am Montag vermeldete auch die deutsche Reederei Hapag-Lloyd, die Schiffe umzuleiten. «Dies wird so lange geschehen, bis die Passage durch den Suezkanal und das Rote Meer für Schiffe und ihre Besatzungen wieder sicher ist», so ein Sprecher nach Beratungen eines Krisenstabes. Die Reedereien vermeldeten, statt durch den Suezkanal neu eine Route über das Kap der Guten Hoffnung zu leiten.
Die Umleitung über das Kap der Guten Hoffnungen dürfte im weltweiten Handel für Verzögerungen sorgen. Schiffe können nicht mehr durchs Mittelmeer in Richtung Osten fahren, sondern müssen den deutlich längeren Weg rund um Afrika durch den Südatlantik nehmen – ein Umweg von mehr als 6000 Kilometern.
Suez Canal vs. Cape of Good Hope shipping routes | @SPGlobal pic.twitter.com/IJARlRz7Wi
— Ofentse Donald Davhie (@donalddavhie) December 18, 2023
Lieferungen dauern damit deutlich länger. Während einige Schätzungen von einer ein paar Tage längeren Fahrtdauer ausgehen, legen andere nahe, dass von bis zu zwei Wochen langen Verspätungen ausgegangen werden muss.
Der neue Umweg ist vor allem für die Reedereien ärgerlich. Für den weltweiten Handel dürften sich die Schäden daraus aber in Grenzen halten. Vincent Stamer, Welthandelsexperte beim Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW), sagt gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, dass die Lage nicht mit derjenigen während der Corona-Pandemie vergleichbar sei.
«Damals kam es wegen extrem hoher Nachfrage nach langlebigen Gütern aus Fernost und wegen weltweiten Lockdowns zu grossen Lieferengpässen», sagt Stamer. «Diese Lage hat sich weitestgehend normalisiert.» Deswegen sagt er auch:
Zwar könnten Stamer zufolge die Frachtraten im Containerschiffnetzwerk wieder leicht steigen. Allerdings sind die Preise für Containertransporte auf See seit den Höchstständen während der Pandemie wieder deutlich gefallen. «Ausserdem stellen die Transportkosten von Asien nach Europa auch für die günstigsten Güter nur lediglich 2 Prozent dar», so der IfW-Experte.
In mehreren Länger sorgen die Angriffe der Huthis für Ärger. Wie das amerikanische Magazins «The Drive» unter Berufung auf US-Beamte berichtet, soll die USA deswegen eine Ausweitung ihrer militärischen Präsenz im Roten Meer planen.
Die Rede ist von einer internationalen Operation, an welcher auch mehrere arabische Staaten beteiligt sein sollen. Offiziell soll die Opertation «Prosperity Guardian» («Hüter des Wohlstands») heissen.
Welche Länder genau daran teilnehmen sollen, ist unklar – laut einem Bericht des «Guardian» sollen die USA derzeit aber versuchen, auch China von diesen Plänen zu überzeugen. Zu den weiteren Kandidaten zählen Jordanien, die VAE, Saudi-Arabien, Katar, der Oman, Ägypten und Bahrain.
Neben den USA hatten auch die britische und die französische Regierung in den vergangenen Tagen angetönt, gegen die Huthis vorgehen zu wollen. Grossbritanniens Verteidigungsminister Grant Shapps sagte, man sei bestrebt, «diese Angriffe abzuwehren». Frankreichs Aussenministerin Catherine Colonna sagte, solche Angriffe dürften «nicht unbeantwortet bleiben».
Der Iran sowie Jemen, wo die Huthis aktiv sind, raten den USA und möglichen Partnern von ihren Plänen ab. Irans Verteidigungsminister Mohammad-Reza Gharaei Ashtiani kündigte an, einem solchen internationalen Bündnis würden «aussergewöhnliche Probleme» bevorstehen, wenn man im Roten Meer aktiv werden wolle:
Ein jemenitischer Sprecher sagte, ein solches Bündnis wäre «die schmutzigste Allianz der Geschichte».
Die Angriffe im Roten Meer hängen mit dem Krieg im Nahen Osten zusammen. Die Huthis solidarisieren sich mit den Palästinensern im Gaza-Streifen und kündigten an, so lange Schiffe auf dem Weg zu israelischen Häfen zu blockieren, bis Israel die Einfuhr von Lebensmitteln und medizinischer Hilfe in den Gaza-Streifen erlaube.
Israelische Geheimdienstquellen sind laut «The Economist» überzeugt, dass die jemenitischen Huthi-Rebellen dabei aber nicht alleine handeln. Sie sollen davon ausgehen, dass der Iran hinter den Angriffen steckt. Dieser soll hoffen, mit den Anschlägen die Öl- und Versandpreise in die Höhe zu treiben und so Druck auf Israels Verbündete ausüben zu können.
(dab, mit Material von Keystone-sda)