Boliviens Präsident löst Justizministerium nach Krise auf
Boliviens neuer Präsident Rodrigo Paz Pereira hat das Justizministerium aufgelöst und damit auf einen eskalierenden Konflikt innerhalb seiner jungen Regierung reagiert. «Heute erfülle ich mein Wort, dieses Justizministerium zu schliessen», sagte Paz bei einer Pressekonferenz. Die Schliessung war zwar eines seiner Wahlversprechen, doch letztlich beschleunigte ein Streit um die Besetzung des Justizressorts die Entscheidung.
Paz hatte zunächst die Ernennung von Jorge Franz García zum neuen Justizminister gestoppt. Hintergrund war ein Streit über die rechtliche Situation des bisherigen Ministers, der laut Innenminister Antonio Oviedo eine rechtskräftige Verurteilung habe und daher nicht im Staatsdienst arbeiten dürfe. Der Konflikt verschärfte sich, als Vizepräsident Edmand Lara erklärte, auch der vorgesehene Nachfolger García habe «mehrere laufende Verfahren».
Paz wirft Ressort Machtmissbrauch vor
Als Reaktion darauf schaffte Paz das Ressort schliesslich vollständig ab. Das Ministerium sei insbesondere in den vergangenen zwei Jahrzehnten für den «Verkauf von Urteilen», politische Verfolgung und Machtmissbrauch benutzt worden, sagte er. Das «Ministerium der Verfolgung» sei damit beendet.
Bolivien zählt laut der NGO Transparency International zu den korruptesten Staaten Lateinamerikas. Mit Paz, der im Oktober als Kandidat der christdemokratischen Partei gewählt wurde, endete eine fast zwei Jahrzehnte währende Ära linker Regierungen. Unter Evo Morales und Luis Arce war das Land eng mit China, Russland und Venezuela verbündet und aussenpolitisch weitgehend abgeschottet.
Der neue Präsident steht vor erheblichen wirtschaftlichen Herausforderungen. Hohe Inflation, ein Mangel an Devisen und Benzinknappheit setzen das Land unter Druck. Vor vielen Tankstellen bilden sich Schlangen, in denen Menschen teils tagelang ausharren.
Neue Wahrheitskommission im Energiesektor
Paz kündigte parallel deshalb auch die Einsetzung einer Wahrheitskommission zu mutmasslicher Korruption im Energiesektor an. Er sprach von einer «parallelen Struktur des Kraftstoffdiebstahls», deren Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Trotz grosser Lithiumvorkommen – einem Schlüsselrohstoff für Batterien und Elektroautos – gehört Bolivien zu den ärmsten Ländern Südamerikas. (sda/dpa)
