2016 werden nach Schätzungen des italienischen Innenministeriums mehr Menschen denn je über das Mittelmeer nach Italien kommen. Seit Jahresbeginn erreichten bereits 153'450 Flüchtlinge die Küsten des Mittelmeerstaates - zehn Prozent mehr als im vergangenen Jahr.
Es werde damit gerechnet, dass die Zahl Ende des Jahres die der 170'000 Ankömmlinge des bisherigen Rekordjahrs 2014 übertreffe, berichtete die Tageszeitung «La Repubblica» am Dienstag unter Berufung auf das Ministerium.
Alleine am Montag wurden 2200 Bootsflüchtlinge von verschiedenen Hilfsorganisationen und der Küstenwache gerettet; zudem wurden 16 Leichen geborgen. Die meisten Menschen seien in Schlauchbooten unterwegs gewesen, teilte die italienische Küstenwache mit.
Italien ist eines der Hauptankunftsländer für Flüchtlinge und entwickelt sich vom Transit- in ein Zielland. Deswegen fühlt sich das Land von anderen EU-Ländern im Stich gelassen, die sich weigern, Flüchtlinge aufzunehmen, und mahnt mehr Solidarität in der Flüchtlingskrise an.
Im Haushaltsentwurf für 2017 begründet die Regierung von Premierminister Matteo Renzi die geplante Neuverschuldung auch mit der Flüchtlingskrise: Die Zahl der ankommenden Menschen übe einen «beträchtlichen Druck» auf das Land aus und stelle die Aufnahmekapazitäten auf die Probe, heisst es darin.
Die Route der Menschenschmuggler über das zentrale Mittelmeer von Libyen nach Italien ist laut UNO die gefährlichste. Hier bezahle statistisch gesehen jeweils einer von 47 Menschen den Fluchtversuch mit seinem Leben, sagte ein Sprecher des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) am Dienstag in Genf.
Bei der Flucht über das Mittelmeer kamen laut UNHCR in diesem Jahr bereits mindestens 3740 Menschen um. Damit sei zu befürchten, dass die Zahl der ertrunkenen Flüchtlinge bis Ende 2016 den Rekord des Vorjahres noch deutlich übersteigen werde. 2015 seien 3771 Todesfälle registriert worden.
Die hohe Anzahl Tote in diesem Jahr sei auch deshalb alarmierend, weil sie in starkem Gegensatz zum deutlichen Rückgang der Flüchtlingszahlen insgesamt stehe, erklärte UNHCR-Sprecher William Spindler. Dies bedeute, dass das Risiko, bei der Überfahrt ums Leben zu kommen, noch erheblich grösser geworden sei. (sda/dpa)