Das für das Attentat auf den Ex-Doppelagenten Sergej Skripal verwendete Nervengift ist möglicherweise im Koffer seiner Tochter versteckt worden. Davon gingen Geheimdienstkreise aus, berichtete die britische Zeitung «The Daily Telegraph» am Freitag.
Die extrem gefährliche Substanz Nowitschok wurde demnach bei einem Aufenthalt von Yulia Skripal in Moskau heimlich in ihrem Koffer deponiert – in einem Kleidungsstück, einem Kosmetikprodukt oder einem Geschenk. Als sie anschliessend ihren Vater in Grossbritannien besuchte, soll sie dem Bericht zufolge unwissentlich das Gift freigesetzt haben. Eine klare Quelle nannte die Zeitung aber nicht.
Der 66-jährige Vater und die 33-jährige Tochter waren vor über zwei Wochen bewusstlos auf einer Parkbank in der südenglischen Kleinstadt Salisbury entdeckt worden. Sie sollen sich weiter in einem kritischen Zustand befinden.
Premierministerin Theresa May hatte am Donnerstag Salisbury besucht, um mit Polizei, Rettungskräften und Anwohnern zu sprechen und sich über den Gesundheitszustand der Opfer zu informieren. Eine offizielle Stellungnahme, wie es den beiden geht, gab sie aber nicht ab.
Das Nervengift Nowitschok wurde in der früheren Sowjetunion produziert. Daher glaubt London, dass Moskau hinter dem Attentat steckt. Russland wies die Vorwürfe vehement zurück. Deutschland, Frankreich und die USA stellten sich hinter Grossbritannien. Am Freitag sicherte der australische Premierminister Malcolm Turnbull in einem Telefonat May Rückhalt zu, wie Downing Street mitteilte.
Auch die Schweiz reagiert besorgt auf die Vergiftung des Ex-Doppelagenten Sergej Skripal im britischen Salisbury. Sie verurteilt den Anschlag vom 4. März, bei dem ein Nervengift aus der Nowitschok-Serie verwendet wurde, «in aller Schärfe». Jeder Einsatz chemischer Waffen verstosse gegen das Völkerrecht und sei allen Akteuren «jederzeit und unter allen Umständen» verboten, schreibt das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA.
Der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, warnte vor einer vorschnellen Verurteilung Moskaus. Auch mafia-ähnliche Banden in Russland könnten für die Tat verantwortlich sein, sagte er in Interviews. Ein «neuer kalter Krieg» müsse verhindert werden. Für seine Äusserungen wurde Corbyn auch in der eigenen Partei kritisiert. (whr/sda/dpa)