Sergej Lawrow liess am Mittwoch die Katze aus dem Sack. Russland gehe es nicht mehr nur um den Donbass, sondern auch um Cherson und Saporischschja sowie «eine Reihe anderer Territorien», sagte der russische Aussenminister im staatlichen Fernsehsender RT.
Damit ist nun offiziell, was viele Beobachter schon lange vermutet haben. Russland will nicht nur den Osten der Ukraine einnehmen, sondern auch den Süden. Lawrow begründete die Ausweitung der Kriegsziele mit den westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine. Diese hätten mittlerweile eine Reichweite von bis zu 300 Kilometern, behauptete der Aussenminister. Diese Darstellung ist jedoch umstritten, zumal die USA die dafür benötigten ATACMS-Raketen offiziell nicht an die Ukraine geliefert hat.
«Wir können nicht zulassen, dass der Teil der Ukraine, der von Selenskyj kontrolliert wird, Waffen besitzt, die eine direkte Bedrohung für unser Territorium darstellen würden», sagte Lawrow. «Die Geografie ist jetzt eine andere.»
Russland kontrolliert aktuell Teile der Gebiete Cherson und Saporischja – und hat auch vor, dort zu bleiben. «Hier ist jetzt für immer Russland», erklärte der Generalsekretär von Putins Partei «Einiges Russland», Andrej Turtschak, bei einem Besuch in der Stadt Cherson.
«Hier ist jetzt für immer Russland»? Das sehen die Ukrainer freilich etwas anders. Aktuell bereiten sie gerade eine grössere Gegenoffensive zur «Befreiung des Südens» vor, wie Präsidentenberater Olexij Arestowitsch kürzlich verkündete.
Was haben die Ukrainer genau vor? Zunächst wollen sie offenbar die Russen aus den Gebieten westlich des Flusses Dneprs zurückdrängen. Darauf lassen Raketenangriffe aus den vergangenen Tagen schliessen. Sowohl am Dienstag als auch am Mittwoch griffen die ukrainischen Truppen mit Artillerie die Antoniwka-Brücke an, die bei der Stadt Cherson über den Fluss führt.
Auf Videos, die auf Social Media kursieren, sind mehrere Einschlaglöcher zu sehen. Die Brücke sieht zwar beschädigt aus, doch es sind nach wie vor Personenwagen zu sehen, die über den Fluss fahren. Die von Russland eingesetzte Gebietsverwaltung liess verlauten, dass die Brücke für Lastwagen gesperrt sei und geflickt werden müsse. Der ukrainische Militärberater für Cherson, Serhiy Khlan, sagte, dass es für die Russen aktuell nicht mehr möglich sei, schweres Material über die Brücke zu transportieren.
Mit welchen Raketen die Ukrainer die Brücke beschossen haben, ist nicht abschliessend geklärt. Die von Russland eingesetzte Verwaltung führte die Angriffe zwar auf das Raketenwerfer-System HIMARS zurück. Allerdings wäre es auch möglich, dass der Schaden vom Artilleriegeschoss Excalibur stammt. Die GPS-gesteuerte Munition kann von einer M777-Haubitze abgefeuert werden, die ebenfalls an die Ukraine geliefert wird.
Doch weshalb beschiessen die Ukrainer wichtige Infrastruktur im eigenen Land? Die Antwort lieferte Präsidentenberater Arestowitsch am Donnerstag auf Telegram gleich selbst. «Treffsichere Angriffe auf die Antoniwka-Brücke werden die russische Gruppierung in Cherson früher oder später ohne Munition, Treibstoff und Kommando zurücklassen.»
Die russischen Truppen westlich des Dneprs sollen also von der Versorgung abgeschnitten werden, damit die Ukrainer die Stadt Cherson und das umliegende Gebiet zurückerobern können.
Die Antoniwka-Brücke ist derzeit die wichtigste Nachschubroute für die Russen, die sich westlich des Dneprs befinden. Ist sie nicht mehr befahrbar, müssen die Besatzer auf den 50 Kilometer entfernten Staudamm bei Nowa Kachowka ausweichen.
Dieser Übergang ist jedoch keine gute Alternative für die Russen. Denn der Staudamm ist viel weniger gut bewacht als die Antoniwka-Brücke und erst letzte Woche zerstörten die Ukrainer – mutmasslich mit dem HIMARS – ein Munitionsdepot bei Nowa Kachowka. Es gibt auch noch eine Zugbrücke, bei der jedoch unklar ist, ob sie noch benutzt werden kann.
Russland hat derzeit etwa zwölf «Battalion tactical groups» (BTG) westlich des Dneprs stationiert, welche normalerweise aus 600 bis 800 Mann bestehen. Ihre Aussichten sind wenig erfolgversprechend: Sie müssen ein Territorium verteidigen, in dem sie in den vergangenen Wochen immer wieder Rückschläge einstecken mussten. Wegen der westlichen Waffenlieferungen sind auch ihre einzigen Fluchtwege über den Fluss nicht mehr sicher. Die Ukrainer haben gezeigt, dass sie die Brücken mit höchster Präzision treffen können, wenn sie wollen.
Zudem müssen die Russen laufend mit Partisanenaktivitäten rechnen. Alleine im Juni wurden drei Anschläge auf prorussische Beamte ausgeführt. Dabei kam Dmitry Savluchenko, Verantwortlicher für Jugend und Sport in Cherson, ums Leben. Nach ukrainischen Angaben wurde er in seinem Auto in die Luft gesprengt.
Russland hat mit Cherson grosse Pläne. Der Rubel wurde bereits eingeführt, die Ländervorwahl wurde geändert. Die Uhren ticken neu nach Moskauer Zeit und geht es nach dem stellvertretenden Leiter der prorussischen Militärverwaltung, Kirill Stremoussow, dann soll noch dieses Jahr ein «Referendum» – vermutlich ähnlich wie 2014 auf der Krim – abgehalten werden. Cherson solle somit «ein vollwertiges Mitglied Russlands» werden, so Stremoussow.
Doch der Wind hat in den vergangenen Wochen merklich gedreht. Dank der westlichen Waffen haben die ukrainischen Streitkräfte eine realistische Chance, Cherson zurückzuerobern. Es wäre nicht nur ein wichtiger, symbolischer Sieg. Denn den Ukrainern dürfte die Kontrolle über den Süden des Landes wichtiger sein als über den Donbass. Dort haben sie Zugang zum Schwarzen Meer und somit zum Welthandel – sofern es keine Seeblockade gibt.
Der ukrainische Präsidentenberater Arestowitsch ist nach den jüngsten Artillerieschlägen auf die Brücken bereits euphorisch. «Die Angst des Gegners vor den HIMARS hat gerade erst begonnen und sie wird immer grösser», jubelt er auf Telegram. «Den verbleibenden russischen Einheiten am Westufer des Dneprs bleibt nur eine Geste des guten Willens, sich zu ergeben.»
Versuchen die Lieferkette zu unterbrechen, und den Russen recht einheizen. Den die wollen wirklich mehr als uns lieb ist. Der Mörderbande und Vergewaltiger, Kriegsverbrecher die Grenzen aufzeigen.
Der Russe aber darf selbstverständlich solche und noch schlimmere Waffen besitzen, da Russland ja offiziell von Gott und anderen Gestalten dazu bestimmt wurde das Volk aller Völker zu sein. Wieso können solche Länder nicht andere gestörte Despoten angreifen und nicht immer die kleinen Schwachen aussuchen?