Schweden bereitet die Bürger auf Krieg vor – das kommt vielen Schweizern bekannt vor
Wenn schwedische Bürger in den nächsten Tagen ihre Briefkasten öffnen, wird ihnen eine Zuschrift sofort auffallen: Die druckfrische Broschüre ihrer Regierung, die an alle Schweden verteilt wird. Deren Titelseite ist mit roter und und oranger Farbe gedruckt, die Wörter KRISE und KRIEG stechen durch die fette Schrift hervor.
Mit der 20-seitigen Broschüre «Falls Krisen oder Krieg kommt» will Schwedens Regierung ihre Bürger auf den Ernstfall vorbereiten, gibt ihnen Tipps wie man sich dabei verhalten soll.
Anders als Schweden befindet sich die Schweiz derzeit nicht in einem geopolitischen Brennpunkt. Deswegen verzichtet der Bund auf eine Informationskampagne zur Vorbereitung auf einen bewaffneten Konflikt und begnügt sich mit einem allgemeinen Ratgeber (letzte Aktualisierung 2014), der sich auf Situationen wie Überschwemmungen oder Brände fokussiert.
Dies war vor 50 Jahren noch anders, als der Bund den Bürger das Büchlein «Zivilverteidigung» verteilte, dessen Aufmachung Parallelen zum schwedischen «If Crisis or War Comes» aufweist.
Ein Vergleich zwischen den drei Broschüren.
Titelseite und Umfang
Schweden 2018
Umfang: 19 Seiten
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Schweiz 1969
Umfang: 320 Seiten
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Schweiz 2014
Umfang: 27 Seiten
Herausgeber: Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung BWL
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Das Vorwort
Schweden 2018
Schweiz 1969
Schweiz 2014
Der Notvorrat
Diese drei unterschiedlichen Empfehlungen geben die drei Informationsbroschüren zum Notvorrat.
Schweden 2018
- Kartoffeln, Kohl, Rüebli, Eier
- Lang haltbares Brot oder ähnliches (Tortillas, Crackers, ...)
- Harter Käse oder Streichkäse in Tuben
- Vorgekochte Pasta, Reis, Getreide und Kartoffelstock
- Pelati und jegliche Art von Essen in Dosen
- Eingekochte Früchte und Gemüse
- Kaffee und Süssigkeiten wie Schokolade und Chrömli
- Mineralwasser
- Flaschen, Eimer mit Deckel, Kanister
- Wollkleider, wasserfeste Outdoor-Kleider
- Mützen, Handschuhe, Schäle
- Schlafsäcke und isolierte Unterlagen
- Taschenlampen, Kopflampen, Kerzen und Teelichter
- Ofen mit Benzin oder Holz
- Radio, mit Batterien oder solarbetrieben
- Wichtige Telefonnummern (auf Papier)
- Geld in kleinen Einheiten
- eine Apotheke mit wichtigen Medikamenten
- Handdesinfektionsmittel
- Wichtige Dokumente und Daten (Bankkonten, etc) ausgedruckt
- Das Auto sollte immer gut getankt sein
Schweiz 1969
- Grundvorrat pro Person (für 2 Monate): 2 Kg Zucker, 2 Kg Fett/Öl, 1 Kg Reis, 1 Kg Teigwaren, 2 Liter Wasser pro Tag pro Person
- Mehl, Griess, Hafer, Gerste, Mais
- Hülsenfrüchte, Kakao, Dauerbackwaren
- Sofortkaffee
- Fleisch, Fisch-, Käse, und Fruchtkonserven
- Kondensmilch
- Suppenartikel
- Seifen, Waschmittel
- Brennstoffe
- Schaumgummi- und Luftmatrazen
- Wolldecken, Schlafsäcke, Leintücher
- Gestell für den Schutzraumvorrat
- Telephonrundspruchapparat und Batterieradio mit Ersatzbatterien und einigen Metern Antennendraht
- Trocken-WC oder entsprechende Improvisation
- Deodosierende Mittel
- Wasserbehälter wie Flaschen oder Kanister für 30 Liter je Person
- Teller, Tassen, Besteck, Papierservietten
- Büchsenöffner, Zapfenzieher
- Taschenlampe mit Ersatzbatterien, Kerzen, Streichhölzer
- Kalender, Nähzeug, Schreibzeug
- Toilettenpapier, Papiersäcke
- Desinfektionsmittel, Reinigungsmaterial
- Abfalleimer
- Zeitungen
Schweiz 2014
- 9 Liter Wasser pro Person (muss für 3 Tage reichen)
- Frucht- und Gemüsesäfte
- Reis oder Teigwaren
- Öl oder Fett
- Konservendosen, z.B. mit Gemüse, Früchten oder Pilzen
- Fertigtomatensauce im Glas oder Tetrapack
- Fleisch- und Fischkonserven
- Fertiggerichte (ungekühlt haltbar, z.B. Chili con Carne, Reisgerichte, Rösti)
- Fertigsuppen
- Zucker, Konfitüren, Honig
- Bouillon, Salz, Pfeffer
- Kaffee, Kakao, Tee
- Dörr- und Hülsenfrüchte
- Zwieback oder Knäckebrot
- Schokolade
- Kondensmilch, UHT-Milch
- Hartkäse (Greyerzer, Sbrinz, Bergkäse usw.)
- Dauerwürste, Trockenfleisch
- Spezialnahrung (z.B für Säuglinge, bei Nahrungsmittelunverträglichkeit)
- Futter für Haustiere
- Transistorradio, inkl. (Ersatz-)Batterien
- Taschenlampen, inkl. (Ersatz-)Batterien
- Kerzen, Streichhölzer und/oder Feuerzeug
- Gascartouchen für Campinglampen oder -kocher
- Seife, WC-Papier, Hygieneprodukte
Bonus: André Blattmanns Vorrats-Empfehlung
«Unsere Gesellschaft ist sehr verletzlich geworden, und wir sind – ich meine jetzt nicht die Armee – auf neue Risiken nicht wirklich vorbereitet», sagte der damalige Armeechef André Blattmann in einem Interview mit der« Schweiz am Sonntag» im Jahr 2014. Dabei gab er auch preis, wie er auf einen Notfall vorbereitet ist.
Und zwar hat er in seinem Keller 30 bis 40 Sechserpackungen mit Mineralwasser ohne Kohlensäure gelagert. «Dann haben wir noch eine Wasserzisterne und ein Cheminée mitsamt Holz – denn die Heizung würde bei einem Blackout auch nicht mehr funktionieren.»
Der damalige Armeechef gab den Rat, es ihm gleich zu tun: «Vielleicht müsste man den Leuten sagen: Es ist gut, wenn ihr ein paar Vorräte für den Notfall zu Hause habt. Auch Konservenbüchsen. Das hilft, ein paar Tage zu überbrücken, bis der courant normal wieder hergestellt ist.»
Nach dem Interview musste Blattmann für seine «Übervorsicht» viel Hohn einstecken.
Die Szenarien
Die drei Broschüren fokussieren sich auf unterschiedliche Gefahren:
Schweden 2018
Schweiz 1969
«Es könnte geschehen, dass in unserer Umgebung ein Krieg ausbricht, der mit Atomwaffen, chemischen oder biologischen Kampfmitteln geführt wird.»
«Es könnte geschehen, dass unser Land, wie in den Jahren 1940-1944, eines Tages von einer einzigen Grossmacht oder einem einzigen Mächteblock umschlossen wäre. Vielleicht gäbe es keinen Krieg, aber unser Land wäre ständigem Druck ausgesetzt.»
«Es könnte geschehen, dass bei einem Krieg in unserer Nähe eine der kämpfenden Parteien, um einen Vorteil über den Gegner zu gewinnen, überraschend durch unser Land durchstossen wollte – eine Gefahr, die für die Schweiz von jeher bestand.»
«Es könnte geschehen, dass unser Land ganz oder teilweise vom Feind besetzt und dass aus dem Untergrund ein Widerstandskampf aufgebaut würde.»
«Es könnte geschehen, dass auch ohne Krieg gewaltige Katastrophen und Gefahren auftreten.»
«Es könnte geschehen, dass unser Land in wirtschaftliche Bedrängnis gerät, weil irgendwo in der Welt ein örtlicher Krieg ausbricht.»
«Es könnte geschehen, dass ein Gegner vielleicht zusammen mit anderen feindseligen Handlungen Bakterien in unser Trinkwasser streuen lässt, so dass schwere Epidemien ausbrechen.»
«Es könnte geschehen, dass die Großmächte einsehen, dass sie mit militärischen Mitteln ihre Ziele nicht erreichen. (...) Es könnte darum geschehen, dass ein Gegner in Friedenszeiten durch Schmeichelei, Propaganda, wirtschaftliche Massnahmen, kulturelle Bearbeitung, Infiltration von Parteigängern schliesslich in Volk und Behörden so viel Einfluss gewinnt, dass sich das Land widerstandslos unterwirft.»
Schweiz 2014
Als mögliche Szenarien werden hier Beispiele aus der früheren Vergangenheit genannt.
Die Zeichnungen
Schweden 2018
Schweiz 1969
Schweiz 2014
In dieser Broschüre wird auf Zeichnungen verzichtet und nur mit Fotos illustriert.