International
Schweiz

Pariser Klimaziele: Wie sich die Welt immer weiter davon entfernt

Wie wir uns immer weiter von den Klimazielen entfernen

06.02.2025, 18:32
Mehr «International»

Der Menschheit wird es nicht gelingen, die Erderwärmung auf 2 Grad über dem vorindustriellen Niveau zu beschränken. Das sagt James Hansen. Der Klimawissenschaftler warnte bereits in den 80er-Jahren vor dem Treibhauseffekt.

Er offizialisiert damit einen Verdacht, den viele bereits hatten – und auch in der watson-Kommentarspalte immer wieder geäussert wurde: Die aktuellen Klima-Massnahmen greifen zu wenig.

Wie ambitioniert die ursprünglichen Klimaziele waren, und wie rigoros der weltweite CO₂-Ausstoss hätte reduziert werden müssen, demonstriert eine Grafik, die watson 2018 erstellte. Schon damals titelten wir: «Diese Grafik zeigt, dass das Erreichen der Klimaziele bereits fast unmöglich ist». Damals bestand sogar noch ein Hauch von Hoffnung, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen.

Die watson-Grafik von 2018

So drastisch hätten wir den CO₂-Ausstoss verringern müssen, um die ursprünglichen Pariser Klimaziele zu erreichen.
So drastisch hätten wir den CO₂-Ausstoss verringern müssen, um die ursprünglichen Pariser Klimaziele zu erreichen. bild: watson.ch

Die Daten stammten damals von der IEA (Internationalen Energieagentur). Diese hat seither ihre Daten angepasst – die weltweiten CO₂-Emissionen stiegen ab 1999 stärker, als zuvor angenommen.

Entsprechend haben auch wir die uralt-Grafik ergänzt – und sie veranschaulicht still und grausam, wie wir uns ungebremst in die falsche Richtung bewegen.

Welche Anstrengungen tatsächlich nötig gewesen wären, zeigt das Covid-Jahr 2020. Aufgrund der Pandemie stotterte der Motor der Weltwirtschaft. Viele Fabriken standen vorübergehend still, der Tourismus lahmte und viele Arbeitnehmer wurden ins Homeoffice verbannt. Die Folgen waren frappant. Ohne Covid-Kredite wären (auch hierzulande) viele Geschäfte dem Untergang geweiht gewesen.

Dass die Wirtschaft einen Gang herunterschaltete, zeigte seine Wirkung: Während des Pandemiejahres sank der weltweite CO₂-Ausstoss ziemlich genau um die Menge, die für das 1.5-Grad-Klimaziel nötig gewesen wäre.

2020 sank der weltweite CO2-Ausstoss gemäss den Vorgaben der Pariser Klimaziele. Aber nur während eines Jahres.
2020 sank der weltweite CO2-Ausstoss gemäss den Vorgaben der Pariser Klimaziele. Aber nur während eines Jahres. bild: watson.ch

Nach den Erfahrungen mit der Pandemie scheint beinahe unvorstellbar, wie dieselben Einsparungen Jahr für Jahr während der nächsten zwei Jahrzehnte hätten fortgesetzt werden können. Die Abkehr von den fossilen Brennstoffen erfolgt dermassen zögerlich, dass dies ohne massivste Einbussen der weltweiten Wirtschaftsleistung nicht gelungen wäre.

Temu ist der grösste Onlinehändler der Schweiz – das sagt ihr dazu

Video: watson/thomas wey, delia klo, lucas zollinger

Doch liegt wirklich alles im Argen? Hoffnung macht, dass diverse Nationen ihren CO₂-Ausstoss nicht mehr vergrössern oder gar verringern. Dazu gehören die USA, der Euro-Raum inklusive Schweiz, und auch Japan. Weil China und Indien aber weiterhin enorm zulegen, nimmt global der Ausstoss an CO₂ zu.

Wer reduziert seinen CO₂-Ausstoss – und wer nicht? Der Fall ist klar.
Wer reduziert seinen CO₂-Ausstoss – und wer nicht? Der Fall ist klar.bild: screenshot IAE

Selbstzufrieden mit dem Finger nach Asien zeigen, wäre indes vermessen. Ein Grossteil unserer Konsumgüter wird in China produziert. Ein entsprechend anderes Bild zeigt deshalb eine Karte, in der die importierten CO₂-Emissionen abgebildet werden. Hier sticht die Schweiz als tiefroter Punkt in Europa als grosser Sünder heraus.

CO2-Emissionen unter Berücksichtigung des Handels

China und Indien produzieren vorwiegend fürs Ausland. Auch für die Schweiz.
China und Indien produzieren vorwiegend fürs Ausland. Auch für die Schweiz.screenshot: Our world in data

Herr und Frau Schweizer müssen sich an der Nase nehmen. Unglaubliche Dreiviertel aller jungen SchweizerInnen bestellen bei chinesischen Billighändlern Müll. Solange China weiterhin massiv auf Kohlekraftwerke setzt, werden Produkte aus dem Land der Mitte entsprechend «dreckig» hergestellt. China setzt zwar immer mehr auf günstigeren Wind- und Solarstrom. Noch überwiegt allerdings Kohlestrom. Von einer echten Trendwende kann noch nicht gesprochen werden.

Chinas Stromproduktion nach Energiequelle

Chinas Ausbau der Energieleistung ist massiv. Leider vor allem mit Hilfe von Kohlestrom.
Chinas Ausbau der Energieleistung ist massiv. Leider vor allem mit Hilfe von Kohlestrom. bild Screenshot Ember

Etwas Anlass zur Hoffnung gibt Chinas Strommix. Dieser neigt sich langsam, aber erkennbar, in Richtung Erneuerbare. Solange weitere Kohlekraftwerke hinzukommen, steigen auch die weltweiten CO₂-Emissionen.

Die Klimaziele von Paris, das muss man an dieser Stelle klar festhalten, sind reine Makulatur.

Prozentuale Energiequellen-Anteile in Chinas Strommix

Bild

Machts wie Carlo: Fahr Velo und konsumiere weniger

Video: watson/michelle claus
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das sind besten frischen Brote
1 / 13
Das sind besten frischen Brote
quelle: srf
Auf Facebook teilenAuf X teilen
In China entsteht gerade die höchste Brücke der Welt
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
224 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
000359.f7b80553@apple
06.02.2025 19:18registriert Januar 2025
Persönlich habe ich abgeschlossen mit dem Thema. Bei bestem gewissen kann ich mir nicht vorstellen dass die Schwellenländer mit Indien und China sowie die USA unter Trump rechtzeitig, die kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen beiseitelegen um sich dem CO2 Ziel nachhaltig zu nähern. Aber ehrlich gesagt glaube ich auch nicht dass die Mehrheit der Menschen hier in Europa tatsächlich bereit sind, sich mit all den „lifestyle“ Änderungen abzufinden die die Klimaneutralität fordern müsste. Wir Menschen denken schlicht zu kurzfristig…
11115
Melden
Zum Kommentar
avatar
stookie
06.02.2025 19:32registriert Oktober 2014
Mir ist gestern ein Gedanke gekommen.
Unser problem ist doch ganz einfach. Egal in welche Richtung (Zukunft oder Vergangenheit) sind wir nicht fähig nüchtern zu schauen. Es ist immer irgendwie verklärt oder romantisiert oder schlichtweg vergessen wenns um die Vergangenheit geht.
Just diese Vergangenheit kommt nun von hinten und beisst uns in diesen, in mehreren belangen und wir realisieren das viele unkenrufe von damals das Echo lauter wird.
Was war denn nun so schlimm während Corona? Abgesehen von einer gewissen isolation klar, was hat uns konsumtechnisch gefehlt?
5015
Melden
Zum Kommentar
avatar
Don't look up!
06.02.2025 19:19registriert Juni 2021
Vielen Dank für diese Aufbereitung der Fakten und die Aktualisierung der Grafik. Niederschmetternd.

Leider ist die Grosswetterlage noch schlechter geworden und Megabrände wie in LA werden auch noch politisiert. Windmühlen sind Schuld, wenn Wale stranden...

Keine Ahnung, Leute, wie man hier was ändern kann....
4114
Melden
Zum Kommentar
224
    Betrunkener fährt in Deutschland auf dem Rasenmäher Bier kaufen

    Mit einem Aufsitzrasenmäher ist ein betrunkener Mann in Bad Salzdetfurth im deutschen Bundesland Niedersachsen Bier kaufen gefahren. Zeugen informierten die Polizei am Dienstagnachmittag über den ungewöhnlichen Biertransport.

    Zur Story