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Regionalwahlen in Katalonien: Separatisten holen sich absolute Mehrheit

As polls close, election workers cast their own ballots for the Catalan regional election in a polling station at the Barcelona University in Barcelona, Spain, on Thursday, Dec. 21, 2017. Catalans are ...
Wahllokal in Barcelona.Bild: AP/AP

Katalonien: Absolute Mehrheit für die Separatisten ++ «Der Spanische Staat ist besiegt»

21.12.2017, 22:0922.12.2017, 08:35
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Nach der Parlaments-Neuwahl in Katalonien ist kein Ende der seit Monaten andauernden Krise in Sicht. Die Separatisten kamen erneut auf eine absolute Mehrheit. Kataloniens abgesetzter Regierungschef Carles Puigdemont will sich noch am Freitag zu seinen Plänen äussern.

Im neuen katalanischen Regionalparlament gehen 70 von 135 Sitzen an jene drei Parteien, die für eine Abspaltung von Spanien eintreten. Bei der letzten Wahl 2015 hatten sie noch zwei Sitze mehr gehabt.

Stärkste Kraft im Lager der Separatisten wurde die Partei des von Spanien als Staatsfeind betrachteten Puigdemont mit 34 Sitzen. Völlig unklar ist, wie eine neuerliche Regierungskoalition der Separatisten aussehen könnte: Ihre prominentesten Führer sind entweder im Gefängnis oder wie Puigdemont im Exil.

Ousted Catalan leader Carles Puigdemont, center, speaks during a during a press conference at the Square Meeting Center in Brussels on Thursday, Dec. 21, 2017. The pro-secession bloc won a majority in ...
Carles Puigdemont: «Der spanische Staat ist geschlagen.»Bild: AP/AP

Die grösste Fraktion im Parlament von Barcelona wird künftig aber eine Partei stellen, die für den Verbleib im spanischen Staatsverbund eintritt: Die liberale Bürgerpartei gewann mit ihrer charismatischen Spitzenkandidatin Ines Arrimadas 37 Sitze.

Ciutadans (Citizens) party leader Ines Arrimadas displays her ballot envelope before voting for the Catalan regional election in Barcelona, Spain, on Thursday, Dec. 21, 2017. Catalans are choosing new ...
Inés Arrimadas: Die Separations-Gegnerin erreicht zwar das beste Resultat, hat aber keine Partner, um eine Regierung zu bilden.Bild: AP/AP

Rekordbeteiligung

Die pro-spanischen Parteien gewannen die Wahl mit rund 52 Prozent mehr Stimmen als die Unabhängigkeitsbefürworter, die auf knapp 48 Prozent kamen. Dass letztere dennoch die absolute Mehrheit im Parlament haben, liegt an Besonderheiten des Wahlrechts, das Stimmen aus ländlichen Regionen stärker gewichtet. Dort haben die Separatisten ihre Hochburg, während in Kataloniens grossen Städten die pro-spanischen Parteien siegten. Die Wahlbeteiligung erreichte mit 82 Prozent einen Rekord.

Puigdemont sprach in Brüssel von einer «Ohrfeige» für Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy. «Der spanische Staat ist geschlagen. Rajoy und seine Verbündeten haben verloren», sagte Puigdemont. Er will sich am Freitag um 10.30 Uhr in Brüssel zu seinen weiteren Plänen äussern. Bei einer Rückkehr nach Spanien droht ihm die Festnahme, da ein Haftbefehl wegen Rebellion und anderer Delikte gegen ihn vorliegt.

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Dürfte ab dem Ergebnis keine Freude haben: Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy.Bild: EPA/EFE

Rajoys konservative Volkspartei wurde bei der Wahl besonders abgestraft: Sie verlor acht ihrer elf Parlamentsmandate. Die siegreiche Spitzenkandidatin der Cuidadanos, Arrimadas warnte die Separatisten in der Wahlnacht vor neuerlichen Alleingängen: «Die Nationalisten werden nie mehr im Namen von ganz Katalonien sprechen können. Wir sind alle Katalonien.»

Unerwartet deutliches Ergebnis

Die Gegner der Unabhängigkeit verpassten die absolute Mehrheit überraschend deutlich – Umfragen hatten zuletzt hingegen immer ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit den Separatisten prognostiziert.

Wie sich das zerrüttete Verhältnis zwischen Barcelona und Madrid nach dem unerwartet deutlichen Wahlerfolg der von der Zentralregierung entmachteten Separatisten weiterentwickelt, war am Wahlabend völlig unklar. Beobachter gingen davon aus, dass die Separatisten zunächst keine weiteren Abspaltungsversuche planen, sondern auf Verhandlungen mit Madrid setzen.

Die EU-Kommission erklärte in einer ersten Stellungnahme, dass sich ihre Haltung in der Katalonien-Frage «nicht ändern» werde. «Es handelt sich um eine Regionalwahl, und das haben wir nicht zu kommentieren», sagte ein Kommissionssprecher in Brüssel. Die Kommission hatte wiederholt eine Einmischung in die Auseinandersetzung zwischen Madrid und Brüssel abgelehnt.

Ende Oktober rief das Parlament in Barcelona dann die Unabhängigkeit und die «Katalanische Republik» aus. Madrid übernahm daraufhin die direkte Kontrolle über die halbautonome Region, setzte Regionalpräsident Carles Puigdemont und dessen Regierung ab und schrieb Neuwahlen aus. Puigdemont setzte sich nach Brüssel ab, um einer Verhaftung zu entgehen. (sda/dpa/afp/reu)

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27 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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FrancoL
21.12.2017 22:25registriert November 2015
Bleibt dieses Ergebnis, dann sind die Katalanen und Spanier keinen Schritt weiter. Die Hoffnung der Zentralregierung auf eine Schwächung der Separatisten wäre dann sprichwörtlich "in die Hosen gegangen".

Bin dann mal gespannt was die Zentralregierung macht, ob sie dann nicht endlich die Hand bietet um den Katalanen eine grössere Autonomie zu gewähren. Eine Abspaltung alte ich nach wie vor für eine schlechte Lösung für BEIDE Seiten. Mehr Autonomie wäre eine vertretbare Lösung, allerdings mit Signalwirkung.
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MaxHeiri
21.12.2017 22:34registriert März 2016
Eine Baustelle mehr für die EU, wenn sich ein Teil von ihr abtrennt.
Hoffentlich bleibt dann weniger Zeit unsere förderalistische Schweiz zu piesacken
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Don Alejandro
22.12.2017 07:10registriert August 2015
Die Arroganz des Stärkeren wurde bestraft. Rajoy hat auf ganzer Linie verloren und muss zurücktreten. Willkommen Katalanien, und goodbye altes Franco-Regime...
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