Elnaz Rekabi ist 33-jährig und eine iranische Sportkletterin. Am Montag sorgte die Athletin bei den Asienmeisterschaften im südkoreanischen Seoul für Aufsehen. Rekabi trat nämlich ohne den Hidschab an, das traditionelle Kopftuch, das Iranerinnen gemäss den islamischen Gesetzen im Land in der Öffentlichkeit tragen müssen. Die Aktion wurde von Beobachtern als Solidaritätsbekundung mit den Protesten in ihrem Land gewertet.
Rekabi wird nun vermisst. Ihre Freunde konnten seit Sonntagabend keinen Kontakt mehr zu ihr aufnehmen, das berichtet die BBC. Angeblich wurden der Athletin im Anschluss an den Wettkampf Handy und Pass abgenommen. Ihr Aufenthaltsort ist derzeit unbekannt. Einem Bericht der BBC zufolge soll Rekabi bereits auf dem Weg zurück in den Iran sein.
BREAKING: BBC Persian reports that Iranian sport climber Elnaz Rekabi has now gone missing. Yesterday she competed without the regime’s compulsory headscarf at the International Federation of Sport Climbing’s Asian Championships in Seoul. pic.twitter.com/6rpl7KaBP5
— Hillel Neuer (@HillelNeuer) October 17, 2022
Bereits unmittelbar nach Rekabis Auftritt in Seoul wurde spekuliert, dass dieser Konsequenzen für die Sportlerin haben könnte. Während die 33-Jährige in den sozialen Medien für ihren Mut gefeiert wurde, reagierten iranische Medien mit Empörung. Das staatsnahe Blatt «Hamshari» schrieb beispielsweise: «Bleibt abzuwarten, wie das Sportministerium auf diese Aktion reagieren wird.»
Die iranische Botschaft in Seoul wies die Anschuldigungen zurück - die 33-Jährige und ihr Team würden wie geplant am Dienstag wieder nach Teheran zurückfliegen, hiess es.
In einer Instagram-Story eines Accounts, der Rekabi zugeschrieben wird, entschuldigte sich die Sportlerin dafür, kein Kopftuch getragen zu haben. «Durch ein unpassendes Timing und einen unvorhersehbaren Aufruf zum Klettern» habe sie das Kopftuch unabsichtlich nicht getragen, hiess es darin. «Zurzeit bin ich mit dem Team auf dem Weg in den Iran, gemäss dem vorher vereinbarten Zeitplan.»
Beobachter deuteten die Entschuldigung als erzwungene Stellungnahme. Die iranischen Behörden üben regelmässig Druck auf Aktivisten im In- und Ausland aus. Auch im Staatsfernsehen werden ähnliche Entschuldigungen veröffentlicht, die von Menschenrechtsgruppen als erzwungene Geständnisse kritisiert werden.
Im Iran ist es für Frauen obligatorisch, in der Öffentlichkeit ein Kopftuch zu tragen und auch den Rest des Körpers zu bedecken. Zurück geht das auf die islamischen Gesetze, die mit der Revolution von 1979 eingeführt wurden.
Das Kopftuchgebot gilt auch für Sportlerinnen, auch wenn sie bei Wettbewerben ausserhalb des eigenen Landes antreten. Laut Medienberichten droht Rekabi mindestens der Ausschluss aus der Nationalmannschaft – und den nun geäusserten Befürchtungen zufolge noch einiges mehr.
Die Sorgen um die Spitzensportlerin sind nämlich nun gross. Auf Twitter äussern sich unzählige Menschen, die befürchten, dass Rekabi etwas angetan werden könnte und sie sich nach ihrem Verschwinden in Gefahr befindet.
Only God (if there is such a thing) can save her now. Be her voice! #Elnaz_Rekabi #IranRevolution #freeiran https://t.co/IM3Txqgpot
— MahNaz (@itaintnaz) October 18, 2022
Gabriel Noronha, ehemaliger Sonderberater der USA für den Iran, schreibt, dass Rekabi auf direktem Weg ins berüchtigte Ewin-Gefängnis gebracht werden solle. Sie sei unter einem Vorwand in die iranische Botschaft in Seoul gelockt worden. Er bezieht sich dabei auf das iranische Newsportal «IranWire».
Das Ewin-Gefängnis war in den vergangenen Tagen bereits in den Schlagzeilen, als es dort einen Gefangenenaufstand und ein Feuer gab. Im Gefängnis werden seit jeher missliebige Personen des iranischen Staates eingesperrt, häufig handelt es sich um politische Gefangene. (con)
UPDATE: the Iranian regime will send Elnaz Rekabi straight to Evin Prison from the Tehran airport after she returns from the Asian Games in South Korea.
— Gabriel Noronha (@GLNoronha) October 18, 2022
According to @IranWireEnglish, she was tricked into the Iranian embassy in Seoul after competing without hijab. https://t.co/DiMyyZyLrn
Wer seine Autorität auf diese Weise demonstrieren muss, offenbart seine eigene charakterliche und strukturelle Schwäche.
Die Iranische Bevölkerung kann einem wirklich Leid tun.
2022 scheint das Jahr zu sein, in welchem sich Regimes von vorgestern wie Russland und Iran (hoffentlich) selber demontieren.