Es ist ein Anblick, den man so schnell nicht mehr vergisst: Drei ausgebrannte Busse blockieren eine Strasse im weitgehend zerstörten Osten Aleppos – vertikal aufgerichtet.
Anwohner sollen die Barrikade während der Schlacht um die syrische Metropole (2012-2016) errichtet haben, um ihre Strasse vor den Scharfschützen des Assad-Regimes zu schützen.
Seit Ende Dezember 2016 schweigen die Waffen in der ehemaligen Rebellenhochburg, doch die Busse sind geblieben. Ein Mahnmal für die Grausamkeit und die Absurdität des Krieges.
Den deutsch-syrischen Künstler Manaf Halbouni hat die Szene zu einer gewagten Aktion inspiriert: Seit Montag stehen auch vor der Dresdner Frauenkirche drei aufgerichtete Busse.
«Ich habe keine weitere politische Message. Das Ganze soll ein Friedensmahnmal werden, eine moderne Freiheitsstatue», sagt der 32-Jährige gegenüber «Dresdner Neueste Nachrichten». Halbouni, dessen Mutter aus Dresden stammt, denkt dabei auch an die leidvolle Geschichte der Stadt im 2. Weltkrieg: «Es soll daran erinnern, dass Dresden den Schmerz überwunden und die Stadt wiederaufgebaut hat. Es soll ein Zeichen sein, dass es weitergeht – trotz aller Zerstörung.»
Seine Kunst kommt nicht bei allen gut an, bei der Einweihung am Dienstag gab es Pfeifkonzerte. Die in der sächsischen Hauptstadt stark vertretenen AFD und Pegida toben: «Offenbar will man ganz bewusst die Dresdner düpieren, um damit die Pegida-Bewegung auf die Barrikaden zu bringen», sagt Karin Wilke, kulturpolitische Sprecherin der AfD in Sachsen.
Dass die Rechten in der AFD-Hochburg das Projekt nicht goutieren würden, wusste Halbouni. Eine andere Kontroverse hingegen traf ihn unvorbereitet.
In einer Aufnahme vom März 2015, als in Aleppo noch Krieg herrschte, weht die Fahne der islamistischen Rebellengruppe Ahrar al-Sham auf den Bussen (siehe oben). Dies wirft die Frage auf, ob die Barrikade wirklich von Zivilisten zum Selbstschutz errichtet wurde. Ahrar al-Sham geniesst einen zweifelhaften Ruf, weil sie früher mit dem «IS» paktierte und heute mit Ablegern von Al-Kaida kooperiert.
Künstler Halbouni verteidigt die Aktion: «Das jetzt in den sozialen Medien von der Agentur Reuters stammende Motiv mit der Fahne der Organisation Ahrar al-Sham sehe ich zum ersten Mal», sagt er gegenüber tag24.de. Es sei nicht auszuschliessen, dass die Barrikade im Kriegsverlauf von verschiedenen Parteien in Anspruch genommen wurde.
Rückendeckung erhält er vom Kunsthaus Dresden, das für die Aktion verantwortlich ist: «Der zentrale Punkt ist, dass es ein Mahnmal gegen den Krieg und Gewalt in jeglicher Form, auch gegen die Gewalt von Terroristen ist», sagt dessen Leiterin Christiane Mennecke-Schwarz. Es sei nicht die Aufgabe des Kunstwerkes, auf die komplexe Situation der unterschiedlichen Parteien dieses Krieges Bezug zu nehmen.