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Ukraine

Nordkorea unterstützt Russland mit Soldaten – so reagieren die Ukrainer

In this photo provided by the North Korean government, North Korean leader Kim Jong Un, center left, meets soldiers during a visit to a western operational training base in North Korea Wednesday, Marc ...
Diktator Kim Jong-un schickt Soldaten nach Europa, die im verbrecherischen Angriffskrieg gegen die Ukraine kämpfen sollen. Bild: keystone

«Nur der Tod wartet auf sie» – so reagieren ukrainische Soldaten auf Nordkoreas Truppen

23.10.2024, 22:13
Sebastian Kohler / watson.de
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Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine wird immer mehr zum Zahlenspiel. Seit zwei Jahren und sieben Monaten kämpfen russische Truppen auf ukrainischem Boden. Rund 600'000 Soldaten wurden bereits getötet oder verwundet. Mehr als zehn Millionen Zivilistinnen und Zivilisten wurden dabei aus ihrer ukrainischen Heimat vertrieben.

Nun tauchte eine neue Zahl auf, die bei den Verteidigern für Angst und Schrecken sorgen soll: 10'000. Das ist angeblich die Anzahl an Soldaten, die Nordkoreas Diktator Kim Jong-un zur Unterstützung der Russen an die Front geschickt hat. Die «kampfbereiten» Truppen sollen sich in russischen Trainingscamps auf ihren Kampfeinsatz vorbereiten. Die USA bestätigen bisher die Entsendung von 3000 nordkoreanischen Soldaten nach Russland.

Ukrainische Soldaten sprechen über Kampfeinsatz von Nordkorea

Die militärische Hilfe bedeutet eine weitere Eskalationsstufe. Denn während sich Putins engster Lakai Belarus weigert, seine Soldaten in Kampfhandlungen zu verwickeln, ist Nordkoreas direkte Einmischung die Internationalisierung des Konflikts.

Die Nato hielt fest, dass es bis jetzt keine gesicherten Beweise für den Einsatz nordkoreanischer Soldaten in der Ukraine gebe.

Aufseiten des Westens gilt dies immer noch als Tabu, um das Ausufern des Kriegs zu verhindern. Denn ein offener Krieg zwischen Nato-Ländern und dem Kreml, so die Sorge, könnte zu einem überregionalen Konflikt mit Angriffsziele in Europa führen.

Russland nimmt laut Bericht 18 nordkoreanische Soldaten fest
Laut «Kyiv Independent» haben russische Behörden 18 nordkoreanische Soldaten festgenommen, die zuvor ihre Stellungen in der russischen Oblast Kursk verlassen hatten. Dies teilte eine Quelle des ukrainischen Militärgeheimdienstes am 21. Oktober mit.

Nach ihrer Ausbildung seien die 18 Nordkoreaner mehrere Tage lang ohne Nahrung und Anweisungen in einem Wald in der Region Kursk zurückgelassen worden, bis sie am 14. Oktober ihren Posten verliessen, «um das russische Kommando aufzusuchen».

Zwei Tage später seien die vermissten Soldaten von den russischen Behörden etwa 60 Kilometer von ihrer ursprünglichen Position entfernt gefunden und festgenommen worden, heisst es weiter.

Während sich westliche Politiker in Zurückhaltungsaufrufen gegenseitig überbieten, äussern sich ukrainische Soldaten und Militärs zu den neuen Truppen aus Nordkorea. Einigen bereiten Kim Jong-uns Infanteristen zusätzliche Sorgen. Andere zeigen sich kämpferisch.

Dem «Kyiv Independent» offenbarten fünf Soldaten ihre Gedanken angesichts der Verstärkung für Russland. Vadym, der in der Region Saporischschja im Einsatz ist, blickt mit Sorge nach Osten: «Natürlich ist das schlecht, denn je mehr kommen, desto schwieriger wird es für uns.»

Russland führt Krieg auf den Schultern der Verbündeten China und Iran

Auch der Militärsanitäter Mykyta sieht darin eine beunruhigende Erkenntnis, denn Russland «beginnt nun in Koalitionen zu kämpfen». Währenddessen schreite die «geringfügige Unterstützung» durch den Westen nur im «Schneckentempo» voran.

Die nordkoreanischen Truppen helfen Russland nach Mykytas Ansicht dabei, «zumindest nicht wesentlich ausgebremst zu werden».

Russland führe zunehmend einen Kampf auf den Schultern seiner Verbündeten: «Chinesische Drohnen, iranische Raketen und Shahed-Drohnen, nordkoreanische Munition ... und nun eben Soldaten.»

«Wir werden alle töten, die in unser Land kommen, um es zu besetzen.»
Bataillonskommandeur Petro Kuzyk

Mykyta sieht darin auch ein positives Signal. «Das zeigt das lächerliche Problem der 'zweitstärksten Armee der Welt', nicht einmal die Ukraine besiegen zu können».

Nordkoreas Truppen gelten als «minderwertig und unerfahren»

Denys, der als Drohnenpilot fungiert, sieht das ähnlich: «Wir kämpfen bereits gegen eines der stärksten Länder der Welt. Das ist nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste.» Er spricht eine Drohung gegenüber den Nordkoreanern aus: «Sie sollten nicht herkommen. Hier wartet nur der Tod auf sie.»

Noch drastischer drückt sich Petro Kuzyk aus. Der Bataillonskommandeur der Nationalgarde erklärt unverblümt: «Wir werden alle töten, die in unser Land kommen, um es zu besetzen.»

Weg in die Freiheit? Soldat plädiert für Ausweg für Überläufer

Analytischer blickt der Offizier Myroslav Hai auf das Engagement nordkoreanischer Truppen: «Strategisch macht das keinen grossen Unterschied an der Front.» Der Grund: Hai schätzt die Truppen Nordkoreas als veraltet, militärisch «minderwertig» und unerfahren im Fronteinsatz ein.

Besonders ein Faktor, sagt Hai, macht die Operation für das russische Militär besonders kompliziert: «Die werden Verständigungsprobleme haben.» Auch die Ukraine habe mit der Sprachbarriere schwierige Erfahrungen gemacht. «Deshalb verstehen wir gut, was das für Probleme mit sich bringt.»

Er sieht in dem Schachzug die eigentliche Schwäche des Kremls. Denn immer mehr Männer entziehen sich dem Wehrdienst und verweigern ihren Einsatz. Selbst «dramatisch verbesserte Bonuszahlungen» für die Verpflichtung im Kriegsdienst könnte Russlands junge Männer nicht mehr motivieren: «Viele Russen wollen nicht für Geld in diesen Krieg ziehen.»

Vadym schlägt vor, die nordkoreanischen Truppen gezielt zu schwächen. Und zwar mit einer Aufklärungskampagne. «Wir sollten sie, wie alle anderen auch, mithilfe psychologischer Operationen beeinflussen.»

Eine grossangelegte Verbreitung von Aufklärungsflyern könnte nicht nur bei der Verteidigung der Ukraine helfen. Laut Kommandeur Hai müsste ein Abkommen mit Südkorea abgeschlossen werden.

Er plädiert für ein Regierungsprogramm, das nordkoreanischen Überläufern die Rückkehr ermöglicht. «Aber nicht nach Nordkorea, sondern nach Südkorea». Demnach würde der Weg aus dem diktatorischen Teil des Landes in die Freiheit Südkoreas über das Schlachtfeld in der Ukraine führen.

USA warnen vor nordkoreanischen Soldaten in der Ukraine
Die US-Regierung verfolgt die Berichte über eine mögliche Beteiligung nordkoreanischer Truppen am russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine mit Sorge. «Wenn sie stimmen, ist dies eine gefährliche und höchst besorgniserregende Entwicklung», sagte der stellvertretende amerikanische UN-Botschafter Robert Wood im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Dies würde eine «offensichtliche Vertiefung der militärischen Beziehungen» zwischen Moskau und Pjöngjang darstellen. Der Sender CBC veröffentlichte einen entsprechenden Mitschnitt der UN-Sitzung.

Ein Sprecher des südkoreanischen Präsidialamtes kündigte unterdessen an, auf die nordkoreanisch-russische Militärkooperation mit «schrittweisen Massnahmen» zu reagieren. Wie die Nachrichtenagentur Yonhap berichtete, soll Südkorea überlegen, Beobachter in die Ukraine zu entsenden, um die Aktivitäten nordkoreanischer Soldaten zu analysieren. Ebenfalls könnte die Regierung in Seoul in Erwägung ziehen, künftig Waffen an die Ukraine zu liefern.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert internationalen Druck auf die Führung in Pjöngjang. «Wenn Nordkorea sich in den Krieg in Europa einmischen kann, dann reicht der Druck auf dieses Regime definitiv nicht aus», sagte Selenskyj in einer Videobotschaft. «Es ist klar, dass Pjöngjang ebenso wie Moskau Menschen nicht zählt und Menschenleben nicht achtet.» Einer solchen Ausweitung des russischen Angriffskrieges müsse Einhalt geboten werden.

Quellen

(watson.de)

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82 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Donnerherz
23.10.2024 23:49registriert November 2020
10'000 Nordkoreaner sind, so hart das klingt, in einer Woche "aufgebraucht". Würde der Westen konsequent liefern und die Beschränkungen aufheben, könnte dieser Krieg schon längst beendet sein, und es müssten nicht weiterhin Zehntausende sterben. Allerdings braucht das russische Volk einen Gesinnungswandel, denn es ist längst nicht nur Opfer, sondern Mittäter.
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Helene Adam
23.10.2024 23:50registriert Dezember 2022
Ich kann es einfach nicht fassen wie diese grosskotzigen und feigen angeblich demokratischen Länder und die Nato die Ukraine diesem personifizierten Bösen, sprich Putin zum Frass vorwerfen, in der Hoffnung dass sich diese russische Bestie lange genug damit beschäftigt dass Ukrainische Volk völlig zu zerfleisch. Einfach nur noch erbärmlich und beschämend….
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Frank N. N. Stein
24.10.2024 01:38registriert August 2022
Jetzt ist es also bereits ein Krieg zwischen 3 Ländern, deren Soldaten töten und sterben. Und sehr viel mehr sind indirekt beteiligt. Danke an alle machtgeilen Diktatoren für euer Werk. Ich hoffe, die von euch Unterdrückten werden euch hinwegfegen.
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