Der Machtkampf in Russlands militärischer Führung geht in die nächste Runde. Und dieser entwickelt sich je länger je mehr zu einem offenen Schlagabtausch. Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin meldete sich am Wochenende in einem Video, das auf einem inoffiziellen Telegram-Kanal publiziert wurde, zu Wort, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet.
Darin bemängelt er erneut, dass seine Wagner-Truppen zu wenig Munition erhielten. Bereits in den vergangenen Wochen hatte Prigoschin der russischen Regierung, insbesondere Verteidigungsminister Sergei Schoigu, «Verrat» vorgeworfen und dass diese gegen ihn und seine Privatarmee arbeiten würde.
Nebst der angeblich fehlenden Munition für seine Einheiten wurde Prigoschin auch verboten, weiter Strafgefangene für seine Truppen zu rekrutieren – mutmasslich weil die russische Armee diese «Personalquelle» für sich selbst entdeckt hat.
Beobachter spekulierten über den Machtkampf, dass Prigoschin für einige Exponenten der Moskauer Regierung – unter Umständen sogar Wladimir Putin selbst – zu einflussreich und aufgrund seiner ständigen Inszenierung in Frontnähe zu populär geworden ist. Dass Prigoschin selbst Ambitionen auf einen Aufstieg innerhalb des russischen Machtzirkels hat, scheint derweil offensichtlich:
Der 61-Jährige will seinen Forderungen nach mehr Unterstützung durch die russische Armee nun mit neuen Argumenten Nachdruck verleihen. Im Video droht Prigoschin explizit mit dem Rückzug seiner Wagner-Truppen aus der hart umkämpften, zumindest in symbolischer Hinsicht wichtigen Ortschaft Bachmut im Osten der Ukraine, welcher laut ihm für den russischen Angriffskrieg verheerende Folgen hätte:
Seine Truppen seien bisher der Grund gewesen, weshalb den ukrainischen Einheiten an der Ostfront noch kein Durchbruch gelungen sei – sollten diese den Dienst wegen der fehlenden Unterstützung künftig verweigern, sei selbst die Krim in Gefahr.
Prigoschin spricht in dem Video zudem davon, dass es sich bei den Hindernissen, die ihm und seiner Privatarmee in den Weg gelegt werden, um eine bewusste Strategie handeln könnte, um Wagner als Sündenbock hochzustilisieren, sollte der russische Krieg in der Ukraine scheitern.
Der Söldnerchef fragt rhetorisch: «Ist es möglich, dass es sich um eine Intrige im Verteidigungsministerium – oder vielleicht auf noch höherer Ebene – handelt, um dem russischen Volk einen Grund für all unsere Probleme zu präsentieren?»
Da das Verteidigungsministerium direkt dem russischen Präsidenten untersteht, handelt es sich dabei wohl um einen expliziten Seitenhieb gegenüber Wladimir Putin.
Ob Prigoschins Befürchtungen bezüglich einem Zusammenbruch der russischen Front ernst zu nehmen sind, ist fraglich. Der 61-Jährige hat in der Vergangenheit stets übertriebene und dramatisierte Statements abgegeben. Zudem mehrten sich in den vergangenen Tagen Berichte, wonach die ukrainischen Verteidiger Bachmut demnächst aufgeben könnten.
Was die Deutlichkeit der Aussagen aber aufzeigt, ist, dass die Gräben innerhalb der russischen Elite eher grösser als kleiner werden. Der – Prigoschin ebenfalls kritisch gegenüber stehende – ehemalige Separatistenführer Igor Girkin hatte kürzlich gar offen von einem möglichen Bürgerkrieg in Russland gesprochen.
Aber vielleicht hat Vladimir auch eine ganz "pragmatische" Lösung und Prigoschinim wird Selbstmord begangen/von einer geliebten erschossen/stirbt bei einem Schamanen-Ritual/etc...