«Ich bin bereit, zu dienen. Daran gibt es keinen Zweifel. Jeder, der mich bei der Arbeit sieht, ist sich meiner Führungsqualitäten voll bewusst.» So äusserte sich Kamala Harris diesen Februar zum möglichen Szenario, das Amt von Präsident Joe Biden zu übernehmen.
Ob Harris damals wirklich damit rechnete, Biden zu beerben, oder ob sie sich gegenüber den Medien einfach diplomatisch äusserte, weiss nur sie selbst.
Nun ist aber klar: Joe Biden tritt vom Präsidentschaftsrennen zurück und empfiehlt Kamala Harris zur Nomination. Das musst du über die 59-Jährige wissen.
Kamala Harris wurde 1964 in Oakland im US-Bundesstaat Kalifornien geboren. Ihre Mutter Shyamala Gopalan wanderte mit 19 Jahren aus Indien in die USA aus und war als Brustkrebsforscherin tätig. Sie starb 2009 mit 69 Jahren an Darmkrebs.
Harris bezeichnete ihre Mutter als «Naturgewalt». «Sie ist meine grösste Inspiration.»
Harris' Vater Donald, ein gebürtiger Jamaikaner, war Wirtschaftsprofessor an der Stanford University. Kamala Harris hat eine jüngere Schwester, die als Anwältin und als politische Analystin im Fernsehen tätig ist. Sie leitete zudem den Wahlkampf, als ihre Schwester 2020 als Vizepräsidentin kandidierte.
Gopalan schob ihre Töchter bereits im Kinderwagen an Bürgerrechtsdemonstrationen, zog sie bewusst als «stolzes schwarzes Mädchen» auf.
Kamala Harris studierte in Washington, D. C. Politikwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften. Nach dem Bachelorabschluss hängte sie in Kalifornien ein Jura-Studium an, machte einen Doktortitel und erhielt 1990 die Zulassung als Anwältin.
2003 kandidierte Harris für das Amt des Bezirksanwalts von San Francisco und wurde gewählt. Noch nie zuvor hatte eine dunkelhäutige Frau in den USA ein solches Amt inne. 2010 folgte eine weitere Premiere: Harris wurde zur ersten weiblichen Staatsanwältin von Kalifornien gewählt.
2017 gelang Harris als erst zweite dunkelhäutige Frau in der US-Geschichte – und als erste Frau mit indischen Wurzeln – der Einzug in den Senat. 2021 wurde mit Harris durch die Wahl von Joe Biden zum ersten Mal eine weibliche und dunkelhäutige Person Vizepräsidentin der USA.
Seit 2014 ist Harris mit Rechtsanwalt Doug Emhoff verheiratet, dieser wurde mit ihrer Wahl zum ersten «Second Gentleman» in der Geschichte der USA. Kennengelernt haben sich die beiden bei einem von einer Freundin organisierten Blind Date. Gemeinsame Kinder haben sie nicht. Emhoff hat jedoch einen Sohn und eine Tochter aus erster Ehe, die beiden pflegen zu ihrer Stiefmutter ein enges Verhältnis.
Zunächst wollte Kamala Harris selbst US-Präsidentin werden. 2019 gab sie ihre Kandidatur bekannt und griff ihren damaligen Konkurrenten Joe Biden in einer TV-Debatte frontal an.
Konkret ging es um das sogenannte «Busing», ein Projekt aus den 70er-Jahren, das Schülerinnen und Schüler aus schwarzen Stadtteilen an Schulen in weissen Vierteln fuhr. Biden wollte damals nicht, dass diese Bustransporte bundesweit verpflichtend werden. Harris war als Mädchen eine der ersten gewesen, die das Angebot des «Busing» nutzen konnte.
Aus Mangel an Erfolg und Spenden zog Harris ihre Kandidatur Ende 2019 zurück und bestritt den Wahlkampf in der Folge als Vizepräsidentschaftskandidatin.
Noch vor der Präsidentschaftswahl 2020 spekulierten Medien und Politexpertinnen über Kamala Harris als Nachfolgerin von Joe Biden. Biden war bei seinem Einzug ins Weisse Haus vor vier Jahren mit 78 Jahren bereits der älteste US-Präsident der Geschichte.
Harris musste sich auch den Vorwurf gefallen lassen, sich nur auf die Wahl 2024 vorzubereiten und ihre Verantwortung als Vizepräsidentin zu vernachlässigen.
So weit kam es jedoch nie. Auch als noch offen war, ob Joe Biden nochmals antreten würde, wurde Harris nie ernsthaft als mögliche neue US-Präsidentin gehandelt.
Die 59-Jährige konnte sich kaum profilieren, war gerade in den ersten beiden Jahren ihrer Amtszeit öffentlich nur wenig präsent. Dies jedoch aus Gründen. Bis Ende 2022 herrschte im Senat ein Patt zwischen Demokraten und Republikanern. Als Vizepräsidentin musste Harris öfter als alle ihre Vorgänger den Stichentscheid fällen und deswegen vor Ort präsent sein.
Harris hat Biden danach aber immer wieder an hochrangigen Treffen vertreten, etwa an der Münchner Sicherheitskonferenz und jüngst auch an der Ukraine-Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock.
Sie reiste auch quer durch die USA, um für Bidens Infrastrukturprogramm und für die Klimapolitik der Regierung zu werben. Sie versuchte, die Migrationskrise im Süden der USA in den Griff zu bekommen und scheiterte mit einer Wahlrechtsreform.
Nun ist sie selbst an den Schalthebeln der Macht.
Kamala Harris gehört als dunkelhäutige Frau in den USA seit ihrer Kindheit zu einer Minderheit. Die weissen Nachbarn wollten früher nicht, dass ihre Kinder mit Harris und ihrer Schwester Maya spielten.
Harris lernte früh, mit Ungerechtigkeiten umzugehen, Widerstände zu überwinden, sich durchzusetzen. Im Studium hat sie sich für andere starkgemacht, wie eine ehemalige Kommilitonin gegenüber der «Zeit» erzählte.
Harris setzt sich seit ihrer Wahl für Frauenrechte ein, sie hat das Thema 2020 bereits in ihre Siegesrede integriert.
Als der Oberste Gerichtshof im Sommer 2022 das Grundrecht von Frauen auf einen Schwangerschaftsabbruch aufhob, äusserte Harris deutliche Kritik.
Daneben kritisiert sie Polizeigewalt gegen dunkelhäutige Personen und den Rechtsrutsch des Obersten Gerichtshofs. Sie setzt sich politisch für eine bessere Gesundheitsversorgung und für LGBTQ-Rechte ein und kämpft gegen soziale Ungleichheit.
Eines ihrer grössten Hobbys ist Kochen. Sie liebt es, Kochbücher zu lesen, Märkte zu besuchen und für Freunde zu kochen. Immer wieder stellt Harris ihre Leidenschaft in den sozialen Netzwerken zur Schau. Harris präsentiert ihren Followern ihre Version von in Speck gebratenen Äpfeln auf Pfannkuchen oder wie die perfekten Zwiebelwürfel für ein Thunfisch-Sandwich gelingen.
Kochen sei für sie Stressbewältigung, so Harris. «Und Gott sei Dank liebt es meine Familie, zu essen.»
Harris treibt auch gerne Sport, dies sei nicht nur gut für den Körper, sondern auch für den Geist. Und sie hört gerne Musik, zum Beispiel Beyoncé, TLC oder Kendrick Lamar.
Wie viel Zeit ihr in Zukunft für ihre Hobbys bleibt, wird sich zeigen.