Milwaukee ist bereit. Tausende von Sicherheitskräften sind aufgeboten, um ab heute Montag in der grössten Stadt des amerikanischen Bundesstaates Wisconsin einen nahtlosen Verlauf des republikanischen Wahlparteitags zu garantieren. Die Innenstadt von Milwaukee glich bereits am Sonntag einer Festung; so waren viele Strassenzüge rund um den Austragungsort der vier Tage dauernden Veranstaltung, die «Fiserv Forum», mit Gitterzäunen abgesperrt.
Donald Trump, am Samstag Ziel eines Attentats, flog noch am Sonntag nach Milwaukee. Er habe sich zwar überlegt, die Reise um einige Tage zu verschieben, schrieb Trump auf seinem Internet-Dienst Truth Social. Dann aber beschloss der Ex-Präsident, dass er sich seinen Zeitplan nicht von einem Attentäter diktieren lasse.
Thank you to everyone for your thoughts and prayers yesterday, as it was God alone who prevented the unthinkable from happening. We will FEAR NOT, but instead remain resilient in our Faith and Defiant in the face of Wickedness. Our love goes out to the other victims and their…
— Donald J. Trump Posts From His Truth Social (@TrumpDailyPosts) July 14, 2024
Den Medien allerdings zeigte sich der republikanische Präsidentschaftskandidat vorerst nicht. Stattdessen sprach er am Sonntag nur mit einer ausgewählten Schar von konservativen Reportern. Diese richteten ihrem Publikum aus, dass es dem 78 Jahre alten Ex-Präsident gut gehe und er bei bester Laune sei. Unabhängige Quellen, die dies bestätigten, gab es vorerst keine.
Dafür fehlte es nicht an Ratschlägen für den Präsidentschaftskandidaten. Einige Delegierte zeigten sich im Gespräch begeistert über die Stärke, die Trump nach dem Mordversuch gegen ihn projiziert habe. Immer wieder wurde dabei die erhobene Faust erwähnt, die Trump am Samstag gezeigt hatte, nachdem er angeschossen worden war.
An der Spitze der Republikaner stehe ein Mann, der «kämpfen» wolle, und für das amerikanische Volk buchstäblich durchs Feuer gehe, sagte Madison Cawthorn im Gespräch mit CH Media. «Und so einen Mann will ich an der Spitze der Nation sehen.» Der 28 Jahre alte Republikaner hatte seinen Heimatstaat North Carolina zwei Jahre lang im Repräsentantenhaus vertreten.
Andere Delegierte riefen Trump dazu auf, den Moment beim Schopf zu packen. Für einmal könne es sich der Ex-Präsident leisten, sich in der Öffentlichkeit verletzlicher zu zeigen, sagte der Delegierte Rosario Licciardello aus Florida während eines Gesprächs in einer Hotellobby. Schliesslich müsse er nun vor allem die wenigen Wechselwähler im Land von sich überzeugen. Er zum Beispiel schätze an Trump seine politischen Positionsbezüge. «Er ist mir aber ein zu grosser Macho», sagt der 70-Jährige
Es gibt zumindest Anzeichen dafür, dass Trump bei der Gestaltung des Parteitags eher auf Rosario Licciardello als auf Madison Cawthorn hören wird. So soll nun plötzlich auch Nikki Haley eine Rede halten dürfen. Die ehemalige Gouverneurin von South Carolina hatte Trump in den Vorwahlen herausgefordert, und verloren. Dabei hatte Haley auch heftig gegen Trump ausgeteilt. Noch in der vorigen Woche hatte es deshalb geheissen, dass ihre Präsenz am Wahlparteitag nicht erwünscht sei.
Aus dem Trump-Lager hiess es am Sonntag, dass der Ex-Präsident sich in den kommenden vier Tagen als einigende Figur präsentieren werde. Von allzu harscher Kritik gegen den politischen Gegner würden die Republikaner absehen, um etwas Druck abzulassen. Auch Präsident Joe Biden rief am Sonntag in einer Ansprache aus dem Oval Office des Weissen Hauses dazu auf, von allzu aggressiven Attacken in der politischen Arena abzusehen. «Politik sollte nie ein buchstäbliches Schlachtfeld sein», sagte Biden.
Unklar ist, ob diese schönen Worte auf offene Ohren stossen. Der Politiker Donald Trump hat in seiner Karriere, die ernsthaft 2015 begann, bereits mehrere Versuche unternommen, sich als überparteilicher Versöhner zu präsentieren. Zum Beispiel zu Beginn der Covid-Pandemie und nach der Ermordung des Afroamerikaners George Floyd im Frühjahr 2020. Lange hielten diese Phasen allerdings nicht an.
Eine erste Nagelprobe für Trump steht vielleicht bereits zu Auftakt des Wahlparteitags an. Schon am Montag könnte der Präsidentschaftskandidat nämlich bekannt geben, mit wem er ins Rennen um das Weisse Haus ziehen will. Im Gespräch sind mehrere prominente Figuren der Republikaner - darunter auch J.D. Vance, ein rechtspopulistischer Senator aus Ohio. Vance gilt als Scharfmacher. Am Samstag gab er den Demokraten die Schuld am Mordversuch gegen Trump.
Die ehemalige Trump-Beraterin Kellyanne Conway rief den Ex-Präsidenten am Sonntag dazu auf, einen moderaten Vizepräsidentschaftskandidaten auszuwählen. Sie brachte in einem Interview auf dem «Fox News Channel» Glenn Youngkin ins Spiel, den Gouverneur von Virginia.