Als den «schlimmsten jemals ausgehandelten Deal» hat Donald Trump das Atom-Abkommen mit dem Iran angeprangert. Doch vor der letzten Konsequenz ist der US-Präsident nun doch zurückgeschreckt - zumindest vorerst will er die Vereinbarung von 2015 in Kraft lassen.
Trump verweigert dem Abkommen lediglich die «Zertifizierung» - was ein formelles Misstrauensvotum zu der Vereinbarung ist, aber kein Ausstieg.
Die US-Gesetzeslage schreibt vor, dass der Präsident das Abkommen zur Reduzierung des iranischen Atomprogramms alle 90 Tage neu beglaubigen muss. Zweimal hatte Trump die unter seinem Vorgänger Barack Obama ausgehandelte Vereinbarung in den vergangenen Monaten mit Bauchgrimmen durchgewunken. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) attestiert dem Iran, sich an die Auflagen des Abkommens zu halten, die das Land daran hindern sollen, die Atombombe zu bauen.
Doch Trump reicht das nicht. Er argumentiert, dass sich Teheran nicht an den «Geist» der Vereinbarung halte. Damit bezieht sich der US-Präsident auf das Vorwort des Abkommens, in dem dieses als Beitrag zu «Frieden und Sicherheit» in der Region beschrieben wird.
Trump beschuldigt den Iran, mit der Unterstützung der libanesischen Hisbollah und der palästinensischen Hamas sowie den Interventionen in den Bürgerkriegsländern Jemen und Syrien die Region zu destabilisieren. Auch das iranische Raketenprogramm betrachtet Trump als Verstoss gegen den «Geist» des Abkommens.
Trump says his new policy towards Iran will “ensure that Iran never, and I mean never, acquires a nuclear weapon.” https://t.co/kLGAT8jk2K pic.twitter.com/OtpvcCFRdP
— CNN (@CNN) 13. Oktober 2017
Mit der «Nicht-Zertifizierung» schiebt Trump die Verantwortung für den weiteren Umgang mit dem Abkommen ein Stück weit dem Kongress zu. Dieser muss nun innert 60 Tagen entscheiden, ob er auf Grundlage des Atom-Abkommens aufgehobene Iran-Sanktionen neu in Kraft setzt oder nicht.
Nach Angaben von US-Aussenminister Rex Tillerson will Trump den Kongress jedoch nicht dazu auffordern, diese Strafmassnahmen neu zu verhängen. Es ist auch völlig unklar, ob es dafür eine Mehrheit gäbe. Die Wiederinkraftsetzung dieser früheren Sanktionen würde der Vereinbarung womöglich den Todesstoss versetzen. Teheran könnte daraufhin mit seinem Austritt aus der Vereinbarung antworten.
Trump will aber laut Tillerson andere Sanktionen gegen den Iran verhängen, die nicht direkt mit dem Atomprogramm zu tun haben. Diese sollen sich gegen die iranischen Revolutionsgarden richten. Die Elitetruppe soll aber den Angaben des Ministers zufolge nicht zur Terrororganisation erklärt werden - was noch drastischere Massnahmen zur Folge hätte.
Der Präsident geht mit seinem Beschluss eine Art Mittelweg - zwischen seiner ursprünglichen Absicht, das Abkommen zu «zerreissen», und den Warnungen von Beratern wie Tillerson und Verteidigungsminister Jim Mattis, die auf die positiven Effekte des Abkommens verweisen.
Trump schliesst aber laut Tillerson nicht aus, das Abkommen zu einem späteren Zeitpunkt aufzukündigen, sollte der Iran sich nicht gefügig zeigen. Diese Drohung soll zusammen mit den jetzt angekündigten neuen Sanktionen massiven Druck auf Teheran erzeugen.
Das Ziel des US-Präsidenten sind Neuverhandlungen über das Atom-Abkommen, um etwa ab 2025 ablaufenden Fristen für die Beschränkung der iranischen Urananreicherung zu verlängern und das Raketenprogramm einzugrenzen. Ob der Druck wirken kann, ist allerdings fraglich. Irans Staatschef Hassan Ruhani hat Neuverhandlungen ausgeschlossen. Auch unter den übrigen Abkommenspartnern gibt es dagegen massiven Widerstand. (cma/sda/afp)