Donald Trump hatte Zölle gegen Kanada und Mexiko angekündigt – und «spektakuläre Ergebnisse» versprochen. Spektakulär war dann das Chaos. Die Börsen bebten. In Mexiko drohte Staatschefin Claudia Sheinbaum mit Vergeltung. In Kanada rief Justin Trudeau zum Boykott von US-Waren auf. Im fernen Polen fand Donald Tusk alles «unnötig und dumm».
Trump machte kehrt. Setzte alles für einen Monat aus. «Was zum Teufel ist gerade passiert?», fragte ein Ökonom und ein anderer antwortete: «Das Trump-Chaos hat begonnen.»
Doch ganz so chaotisch erscheint das Chaos nicht mehr, wenn man Trumps Ex-Chefstrategen Steve Bannon in der «New York Times» zuhört. Bannon erklärt die Obsession mit Zöllen und das politische Kalkül dahinter. Trends werden sichtbar, die auch die Schweiz erreichen.
In Bannons wütender Erzählung geht mit Trumps Wiederwahl eine Bombe hoch, deren Lunte lange vorher gezündet wurde. George W. Bush war Präsident («der Dümmste in unserer Geschichte»), als 2007 das von den Banken errichtete Kartenhaus zusammenbrach und die Welt in eine Finanzkrise stürzte – es begann «einer der grössten Skandale unserer Geschichte».
Einige Banken fielen, alle wankten, ehe der Staat sie rettete. Die kleinen Leute hätten diese Hilfe bezahlt, selbst keine erhalten und oft ihr Haus verloren – an Banken. Bannon schimpft: «Keiner der Gauner, die dafür verantwortlich waren, wurde zur Rechenschaft gezogen. Ich meine Anwälte, Wirtschaftsprüfer, die gesamte Elite.»
Wenn Trump hohe Zölle erhebt, findet dies Bannon darum überhaupt nicht «unnötig und dumm». Es gehört zu seiner populistischen Revolution. Das Handelssystem ist für ihn Teil einer ungerechten Nachkriegsordnung.
Den kleinen Leuten bringe diese Ordnung nichts, sagt Bannon. Sie würden dafür aber mit ihren Steuern zahlen, mit ihren Söhnen und Töchtern im Militärdienst, die am Suezkanal oder am Hindukusch für Frieden sorgen. In Trump sieht Bannon «das imperfekte Instrument», um all dem ein Ende zu setzen.
Doch Bannon und seine populistische «Armee» müssen um Trumps Gunst kämpfen. Ihre Gegner sind die Konservativen, die Bannon als Feiglinge und Schlimmeres beschimpft und für die Trumps Zölle laut ihrem Megafon «Wall Street Journal» die «dümmsten in der Geschichte» sind.
Und Gegner hat Bannon auch in Milliardären wie Elon Musk oder Jeff Bezos, die er noch schlimmer beschimpft. Vor allem Musk ist für Bannon ein «Rassist», ein «wahrhaft Böser», ein «tech-feudaler Oligarch». Er wolle die Arbeiter- und Mittelschicht mithilfe von Technologie knechten.
Um Handel und Zölle zanken sich also drei Gruppen: Populisten, Konservative und Oligarchen. Alle prügeln auf alle ein. Trump wird von seinem Thron zuschauen, gelegentlich einem Oligarchen erlauben, den Staub davor aufzulecken und mal auf diese, mal auf die andere Gruppe hören.
Es wird deshalb weiter wild zu und her gehen in der Handelspolitik. Alles kann jederzeit passieren oder gar nichts. Sicher ist nur die Unsicherheit. Und das allein wird Schaden anrichten. Wer will schon sein Geld investieren, wenn jederzeit Bannons Populisten sich doch durchsetzen oder Trumps Showkämpfe ausser Kontrolle geraten können?
Unsichere Zeiten treiben die Investoren in Zufluchtsorte – und was könnte sicherer sein als der Schweizer Franken, der «sichere Hafen». So war das in der Finanzkrise, als der Franken zu Euro stark aufwertete. So war das auch in der Eurokrise und etwas weniger stark während der Coronapandemie und des Ukrainekrieges. Aber dieses Mal nicht.
«Die Rolle des sicheren Hafens spielt im aktuellen Umfeld keine Rolle», sagt Karsten Junius, Chefökonom der Bank J. Safra Sarasin. Denn die Schweiz könne genauso gut wie die Europäische Union (EU) von Trump mit Zöllen belegt werden. Zudem ist sie «verwundbarer». Die Schweiz hat nur einen kleinen Heimmarkt, die EU einen riesigen und damit viel mehr Verhandlungsmacht.
Allein der Mythos vom sicheren Hafen genügt also nicht. Die Finanzmärkte schauen genau hin, wie ein Land aufgestellt ist und sich das Trump-Chaos auswirken könnte. Wobei der Franken deshalb nicht schwächer werden muss – aber er wertet sich nicht wie in früheren Krisen auf. Die Investoren flüchten nicht in den Franken, denn sie wissen: Vor Trump ist auch dieser Hafen nicht sicher.
Und auch Schweizer Hausbesitzende sind vor Trump nicht sicher. Hört man dem fluchenden Bannon zu, wird klar: Trumps Politik wird global zu steigenden Zinsen führen, auch in der Schweiz. Natürlich wirken noch andere Kräfte, sodass die Schweizer Zinsen auch weiter sinken könnten – aber es gibt einen Trump-Effekt und der drückt die Zinsen hoch.
Denn, so Bannon, hinter dem Gezerre um die Zölle stehe ein anderes Gezerre – um die Staatsfinanzen. Bannon will den Oligarchen und Konservativen, wie er sagt, eine Pistole auf die Brust setzen. Sie sollen ihre Lobbyisten abziehen und so den Weg frei machen für radikales Sparen – zuallererst am «obszönen Verteidigungshaushalt».
In Bannons Vorstellung müssten sie dann in Trumps Koalition nicht mehr aufeinander einprügeln. Alle bekämen ihre Wünsche erfüllt. Seine «kleinen Leute» kriegten tiefere Steuern. Die reichen «Idioten» dürften die tieferen Steuern behalten, die ihnen Trump in der ersten Amtszeit gesenkt hat. Die Staatsfinanzen wären recht solide.
Doch es wird ein Wunschtraum von Bannon bleiben. Sparen ist leichter gesagt als getan. Wenn Trump nun die Entwicklungsbehörde USAID radikal zusammenstreicht, bringt das zum einen nicht viel. Ihr Budget macht weniger als 1 Prozent von den Staatsausgaben aus. Und zum anderen hat Trump wohl übersehen, dass seine Bauern auch via USAID ihr Getreide verkaufen und damit Milliarden verdienten.
Auch mit Zöllen lässt sich nicht genug Geld verdienen, um damit grosse Steuerausfälle zu decken. In dieser Einschätzung sind sich Ökonomen weitgehend einig. Und ohnehin kommt das Geld nicht aus China, wenn Trump Zölle auf das Land erhebt, sondern von den US-Konsumenten. Sie zahlen letzten Endes die höheren Preise.
Es könnte für Bannon ein Albtraum werden. Die Zölle befeuern die Inflation, und Alltagsgüter werden teurer. Die US-Notenbank Fed kann ihre Leitzinsen nicht weiter senken, sondern muss sie gar wieder erhöhen, wie jüngst UBS-Präsident Sergio Ermotti warnte. Trump lässt den Reichen ihre frühere Steuersenkung und erfüllt teure Wahlversprechen – auch wenn das Sparen misslingt. Der Staat macht gewaltige neue Schulden und muss darauf höhere Zinsen zahlen.
Spätestens dann würde das Trump-Chaos auch die Hausbesitzenden in der Schweiz erreichen. Denn wie die Bank J. Safra Sarasin sagt, steigen und fallen die Zinsen auf Staatsschulden meist global gemeinsam. Wenn in den USA also der Staat höhere Zinsen zahlt, muss er dies tendenziell auch in der Schweiz. Und damit würden alle Zinsen hochgezogen, also auch für Hypotheken. (aargauerzeitung.ch)
Und ja, ich wüsste schon gerne, was Albert „ich tendiere zu Trump“ Rösti dazu sagt. Vermutlich aber einfach die gleiche Realitätsverweigerung wie Magdalena „Trump liebt die Schweiz“ Martullo.