Das Goodwood Revival ist eines der wichtigsten jährlichen Ereignisse für alle, die sich nicht nur für alte Autos interessieren, sondern für die gesamte bunte Welt des Vintage-Lifestyles. Da versammeln sich Abertausende Leute rund um die Rennstrecke auf dem Anwesen des Herzogs von Richmond im südenglischen Goodwood, allesamt in stylische Vintage-Garderobe gekleidet, und frönen etwas, das letztendlich eine riesige Party ist ... einfach mit Motorsportrennen.
Ehemalige und aktuelle Grand-Prix-Gewinner, Rallyefahrer und andere Rennsportlegenden setzen sich hinter das Steuer von Autos aus allen Epochen und schenken sich auf der Rennstrecke nichts – in urigen, feuerspeienden Vehikeln aus den 1910er-Jahren bis hin zu Tourenwagen aus den 70er-Jahren. Leute, glaubt mir, einen ehemaligen F1-Weltmeister in einem millionenschweren Ferrari aus dem Jahr 1960 driften zu sehen, ist ein unvergesslicher Anblick.
Auch Teil des Anlasses ist jene grosse Auktion, die vom renommierten Autoauktionshaus Bonhams veranstaltet wird. Und in diesem Jahr wird eine ganze Reihe, naja, interessanter Autos angeboten. Einige davon sind ausserordentlich selten, andere geradezu ... seltsam. Hier eine kleine Auswahl:
Cisitalia? Irgendwer? Hey, es ist dir verziehen, wenn du die Marke nicht kennst. Es gab sie lediglich von 1946 bis 1963. Dennoch gilt Cisitalia als einer der Pioniere der Autoentwicklung der unmittelbaren Nachkriegszeit. Und durch sportliche Erfolge und durch die Mitwirkung prominenter Ingenieure wie Ferdinand Porsche oder Carlo Abarth geniessen die Autos in Fachkreisen einen hervorragenden Ruf. Das hier angebotene Schmuckstück kann sich mit «Coachwork by Carrozzeria Ghia» rühmen und ist seltener als ein weisser Rabe – was sich entsprechend im Schätzpreis niederschlägt.
Schätzpreis: CHF 150’000 – 190’000
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Nicht gerade der eingängigste Name, gewiss, aber wow, dieses Ding ist der Wahnsinn. Kleiner geht’s kaum, leichter ebenfalls nicht. Und da der Flugzeugingenieur Frank Costin etwas von Aerodynamik verstand, ist diese 1-Liter-Motor-Obskurität unglaublich flink unterwegs.
Schätzpreis: CHF 150’000 – 190’000
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«Für ein Langstreckenrennen benötigen wir wohl noch zwei zusätzliche Scheinwerfer, nicht? Ach, besser noch einen weiteren – den können wir einfach vorn dranschrauben!» So oder ähnlich ging es wohl Giovanni «Johnny» Lurani, Graf von Calvenzano, durch den Kopf, als er 1948 diesen englischen Wagen in Empfang nahm. Falsch lag er nicht: Mit genau diesem angebotenen Auto erzielte er in jenem Jahr Klassensiege bei der Targa Florio und der Mille Miglia.
Schätzpreis: CHF 65’000 – 86’000
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So sahen die ursprünglichen Hot Rods aus, die in den 40er- und 50er-Jahren für Rennen auf den ausgetrockneten Seen Kaliforniens (deshalb die «Lakes»-Bezeichnung) gebaut wurden. Karosserie und Chassis stammen von einem Ford der 30er-Jahre, Achsen und Bremsen sind 40er-Jahre-Ford, der Motor ist ein 5,7-Liter-Cadillac-Flathead-V8 und das Getriebe ein von Hurst umgebautes Dreigang-LaSalle-Schaltgetriebe. Autofahren kann kaum roher sein. Oder mehr Spass machen.
Schätzpreis: CHF 27’000 – 38’000
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Peter Sellers war nicht nur einer der lustigsten Comedy-Schauspieler der Filmgeschichte, sondern hatte gehörig Stil, was Autos betrifft. Dieses vollständig originale, unrestaurierte Luxus-Cabrio verfügt noch über das originale Lederinterieur. Im Lieferumfang inbegriffen: ein gerahmtes und signiertes Foto von Peter Sellers als Inspektor Clouseau. Natürlich.
Schätzpreis: CHF 110’000 – 130’000
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Ach, der Jaguar E-Type – so formschön und elegant! Der Sportwagen für den kultivierten Autofahrer ... bloss, dass dieser hier nichts davon ist. Er ist das lauteste, ungehobelteste und heftigste Rennstrecken-Biest, das man sich vorstellen kann. Zum Teufel mit den Klischees!
Schätzpreis: CHF 160’000 – 220’000
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Tuner Willy Koenig sah sich den Ferrari BB 512i an (mit seinen 340 PS damals eines der schnellsten Serienautos der Welt) und dachte sich, «Nö. Da geht noch was». Was da noch ging, waren eine Hochleistungs-Auslassnockenwelle mit 450 PS, modifizierte Zylinderköpfe und Vergaser, eine verstärkte Federung und Bremsen, fettere Räder, ein riesiger Spoiler, ausladende Radkästen und ein Heckflügel. Nicht im Lieferumfang inbegriffen: der Armani-Anzug mit Schulterpolstern.
Schätzpreis: CHF 110’000 – 160’000
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Ein Döschwo mit einem Schätzpreis zwischen 27’000 – 38’000 Franken? Wie bitte? Nun ... genau hinschauen! Jawohl, der stolze Laufpreis ist mit dem Nummernschild zu begründen. In Grossbritannien gehören die Kennzeichen zum Vehikel, weshalb du hier eines dieser begehrenswerten Nummernschilder kaufst – und quasi ein Auto gratis dazu bekommst.
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Ach ja, versteigert werden etwa auch diese hier:
Wird in Grossbritannien ein Auto ausgemustert, verhält es sich wie in der Schweiz: Das Kennzeichen wird erhältlich und kann erstanden werden. Die Goodwood-Auktion hat gleich drei solche Angebote:
Für «DB 1» wird ein Kaufpreis zwischen 320’000 und 430’000 Franken erwartet.
Für «OA 1» zwischen 160’000 und 220’000 Franken.
Und für «HC 1» liegt der Schätzpreis zwischen 160’000 und 220’000 Franken.
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... hätte es auch im Angebot. Die Salatschüssel bekam Jim Clark für den 1. Platz beim 1967 United States Grand Prix (Schätzpreis: CHF 43’000 – 65’000). Das Gold-Teil dort gewann Niki Lauda am 1977 Dutch Grand Prix (Schätzpreis: CHF 27’000 – 38’000).
Los – hier geht es zur Auktion.
Lange, lange bevor Louis Vuittons Kerngeschäft das Zurverfügungstellen von Handtaschen für Influencer war, war die französische Firma Kofferbauer. Unter anderem auch diesen eigens für das damals neue Konzept des Automobilreisens zugeschnittenen Koffer hier.
Schätzpreis: CHF 1'100 – CHF 1’600
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Die Beschreibung verwirrte: «Giuseppe (Pino) Allievi: Il Fascino Ferrari; a leather-bound Limited ‹Art› Edition title published 2018 by Taschen, contained in ‹engine› display case with stand designed by Marc Newson».
Öh. Was?
Doch nun ist’s klar: Es handelt sich um das Buch «Il Fascino Ferrari» von Giuseppe (Pino) Allievi, publiziert vom Taschen-Verlag in einer limitierten, ledergebundenen Sonderausgabe. Und dieses Buch kommt in seiner eigenen Ausstellungsbox daher. Das ist dieses seltsame Motor-Ding mit Auspuffrohren als Beinen.
Naja, wem’s gefällt …
Schätzpreis: CHF 13’000 – 19’000
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Okay, aber jetzt wird es nur noch albern.
Schätzpreis: CHF 1’600 – 2’700
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Zurück zu den Autos!
Wer noch nie von Cisitalia gehört hat, wird noch weniger die 1936 gegründete britische Kleinstmanufaktur HRG kennen. In den 30 Jahren ihres Bestehens wurden gerade mal 241 Fahrzeuge gebaut. Erstaunlicherweise sind deren 225 heute noch im Gebrauch. Dieser Twin Cam aus dem Jahr 1955 vereint wunderschönes Design mit einem ungeschliffenen, rohen Look. So geht Sportwagenfahren.
Schätzpreis: CHF 65’000 – 86’000
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Wir haben nachgeschaut: Laut Wikipedia ist der FMR Tg500 ein «sports car»! Ihr lacht nun, aber die Logik dahinter geht auf: Der «Tiger» genannte Tg500 der Fahrzeug- und Maschinenbau GmbH, Regensburg (FMR) basierte zwar auf dem dreirädrigen Messerschmitt-Kabinenroller, doch mit seinem mehr als doppelt so grossen 500-ccm-Motor verfügte er mit 20 PS über die doppelte Leistung und – besonders wichtig – über ein viertes Rad. Die Tandemsitzanordnung zentralisierte auch die Masse des Fahrzeugs entlang der Längsachse, was dem Tiger in Kombination mit niedrigem Schwerpunkt, geringem Gewicht und der Radplatzierung an den äusseren Enden des Fahrzeugs gutes Handling verlieh, das seine Besitzer dazu veranlasste, mit ihm – kein Scherz - Rennen zu fahren. Ganze 320 Stück wurden gebaut. Und nun schaut euch den Schätzpreis an!
Schätzpreis: CHF 97’000 – 120’000
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Das Auto, mit dem du unter jeder Parkgaragenschranke hindurchfahren kannst. Obwohl ... wahrscheinlich wirst du irgendwann die Unterseite aufschürfen, so tief liegt das Ding. Auf 76 Zentimeter Gesamthöhe – ganze 25 Zentimeter weniger als der Ford GT40 – bringt es der Piper GTR. Es gibt kaum ein Auto, das niedriger ist als dieser extrem seltene Rennwagen, der 1969 tatsächlich beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans mitmachte.
Schätzpreis: CHF 130’000 – 170’000
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Verwirrt durch die «1960–2000»-Datierung? Die ursprüngliche Zusammenarbeit zwischen Aston Martin und Carrozzeria Zagato aus Mailand führte zu einer Produktionsserie von nur 19 DB4GT mit Zagato-Karosserie, die zwischen 1961 und 1963 gebaut wurden. Da das Werk aber 23 Fahrgestellnummern angemeldet hatte, gelten von Aston Martin genehmigte Fahrzeuge als «Originale», auch wenn sie zu einem späteren Zeitpunkt gebaut wurden. Das hier ist so ein Auto, im Jahr 2000 auf einem DB4-Chassis aus dem Jahr 1960 gebaut. Crazy Schätzpreis, gell? Nun, eines der original-originalen 19 Fahrzeuge aus den 60er-Jahren wurde 2018 bei genau dieser Auktion für unglaubliche 10 Millionen verkauft.
Schätzpreis: CHF 750’000 – 1’100’000
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