Gut zwei Jahre sind seit dem etwas komödiantischen Vorfall mit dem selbstfahrenden Taxi vergangen, das in Phoenix im US-Bundesstaat Arizona wiederholt durch einen einfachen Verkehrskegel zum Stillstand gebracht wurde ... und sich dann eine Verfolgungsjagd mit dem Pannenfahrzeug lieferte:
Seither wurden aber gewiss erhebliche Fortschritte erreicht, würde man meinen, oder? Künstliche Intelligenz ist in aller Munde und in Sachen selbstfahrende Taxidienste wurden und werden doch immer mehr Lizenzen erteilt, nicht? Waymo One etwa, Betreiberfirma des oben genannten verkehrskegelphoben Robotaxis, hat Ende 2022 von der Aufsichtsbehörde California Public Utilities Commission die Lizenz erteilt bekommen, in Los Angeles und San Francisco führerlose Taxidienste zu betreiben. Die Technik funktioniert also in der Praxis, nicht?
Betrachten wir doch dieses Video von TV-Journalistin Lyanne Melendez von ABC 7, die sich ein Waymo bestellte, um ihren Sohn vom nahe gelegenen Randall Museum abzuholen: Die Tatsache, dass das Robotaxi einen halben Block entfernt auf der völlig entgegengesetzten Strassenseite anhielt, um sie abzuholen, stört anfänglich wenig. Doch dann beginnen die Probleme erst richtig:
Erst bleibt das Taxi bei grüner Ampel mitten auf einer Fahrspur stehen. Es dauert ein Momentchen, bis der Kontakt mit dem Waymo-Team hergestellt wird, um das Auto wieder in Gang zu bringen. Weshalb das Stehenbleiben? Noch weiss es niemand. Jedenfalls: Die Fahrt wird fortgesetzt.
Die nächste Panne passiert, als das Taxi in die falsche Richtung abbiegt und Melendez vor einem wildfremden Haus absetzen will ... mit der Notiz, das Museum sei «fünf Minuten zu Fuss» entfernt. Wobei «zu Fuss» in diesem Fall bedeutet, einen mit Kakteen und Sukkulenten dicht bewachsenen, steilen Hügel zu erklimmen. Wieder wird das Helpteam (keine Roboter, sondern echte, lebendige Menschen) angefordert, das der Kundin rät, sie solle das Auto noch einmal fahren lassen, damit es sich neu orientieren könne. Das Taxi fährt dann eine Runde um den Block – nur, um Melendez vor demselben Haus abzusetzen.
Gewiss, Melendez könnte sich nun – Indiana-Jones-mässig – durch den Dschungel die Klippe hinauf zur Rückseite des Museums vorkämpfen. Aber «was ist mit Menschen, die körperlich behindert sind» (explizit jene Menschen, denen selbstfahrende Autos am meisten helfen sollen)? Am Ende des Videos sieht man, wie Melendez schlussendlich mit ihrem eigenen Auto die relativ simple Strecke fährt, um ihren Sohn vor dem Haupteingang des Randall Museums abzuholen. Fazit des Selbsttests lautet somit: Nächstes Mal mach ich's gleich selbst!
Das Problem ist aber viel grösser als die hier verursachte Verärgerung einer Mutter, die verspätet ihr Kind vom Schulausflug abholen muss. Beeinträchtigt sind ja nicht nur die Fahrgäste der jeweiligen Robocars. Selbstfahrende Taxis haben in jüngster Zeit den öffentlichen Nahverkehr lahmgelegt, Notfalldienste blockiert und in der ganzen Stadt Staus verursacht. Gelinde gesagt, die Einwohner von San Francisco haben bereits jetzt die Nase voll davon, als Testlabor für halbfertige neue Technologien zu dienen.
Ach ja: In Phoenix, wo vor zwei Jahren jenes Robotaxi sich vom Pannendienst nicht einfangen liess? Wie läuft's denn dort so?
Ähm ... na ja:
Autonomes Fahren wird die Welt verändern. Und ich komme wieder nach hause, auch wenn ich ein Gläschen zuviel getrunken habe.