Hallo, darf ich vorstellen: Ich bin Nina und ich bin ein Swiftie. Immer wieder werde ich gefragt, was an Taylor Swift so toll ist. Und da die Sängerin eines meiner liebsten Themen ist, beantworte ich das noch so gerne. Darum hier alle Gründe, wieso ich ein Swiftie bin und warum Taylor Swift auch von Kritikern eine zweite Chance verdient:
Taylor Swift ist seit März 2023 auf Tour. Für mich eine ganz besonders aufregende Zeit. Ich war beim europäischen Auftakt der «Eras Tour» diesen Mai in Paris dabei und werde auch nächste Woche in Zürich im Letzigrund-Stadion mitfeiern.
Dafür habe ich bereits 93 Freundschaftsarmbänder angefertigt, verschenkt und getauscht. Meine Konzertoutfits habe ich nach dem jeweiligen Album, beziehungsweise nach der «Era», geplant. Taylor-Konzerte sind eine Liga für sich, die Atmosphäre vor und während der Konzerte ist unvergleichbar. Dies nicht zuletzt aufgrund ihrer Fans, welche mit Leidenschaft und Herzblut daran teilnehmen.
Ihr seht also: Heute bin ich ein waschechter Swiftie, aber das war nicht immer so.
Vor zwei Jahren war für mich Taylor Swift eine Sängerin wie jede andere. Die Hits, welche ich im Radio gehört hatte, fand ich zwar toll, aber nicht inspirierend genug, um mich tiefgreifender mit den Alben zu beschäftigen. Eine ausgeprägte Meinung über sie hatte ich nicht. Und das, obwohl ihr zweites Studioalbum «Fearless» mein 13-jähriges Ich absolut umgehauen hatte.
Damals lief das Album bei mir in Endlosschleife. Ganz zum Leid meiner Mutter, welche ich mit «Love Story» in voller Lautstärke, inklusive schrägem Gesang, quälte. Das Album war für mich das Grösste. Aber nach «Fearless»? Funkstille. So schnell meine Obsession mit Taylors Musik kam, so schnell verging sie auch wieder.
Abneigung empfand ich gegenüber der Sängerin zwar nie, ab diesem Moment verfolgte ich jedoch nur noch ihre Hits. An dieser Stelle werde ich nun gestehen müssen, dass ich den wachsenden Hype um sie damals auch nicht wirklich nachvollziehen konnte. Ich fand sie nicht schlecht, aber herausragend? Auch wieder nicht.
Bis 2017 das Album «Reputation» herauskam und sich Taylor langsam aber sicher wieder in mein Leben zurücksang.
Das siebte Studioalbum hatte mich voll und ganz gepackt und zog mich mit seiner starken Message der weiblichen Selbstermächtigung zurück in den Bann. Zum eingefleischten Swiftie wurde ich aber erst, als drei meiner engsten Swiftie-Freundinnen mir die Tore zum «Taylorversum» öffneten.
Mit ihnen habe ich die ganze Diskografie durchkämmt und mir bis ins kleinste Detail jeden relevanten Moment ihrer Karriere erklären lassen. Aber was hat mich am Ende überzeugt? Wieso bin ich jetzt ein Swiftie, obwohl mir das ganze Trara um sie ursprünglich relativ egal war und mir schon fast übertrieben schien?
An erster Stelle muss ich hier Taylors Musik und ihr Talent zum Schreiben von Texten nennen. Ich glaube ganz ehrlich: Jeder, der sagt, Taylor Swift mache keine tiefgründige Musik, hat in seinem Leben nur «Shake It Off» und «We Are Never Getting Back Together» gehört.
Klar macht die Sängerin auch Popsongs mit wenig Inhalt und eingängigen Melodien. Diese Lieder machen Spass, sie sind lyrisch und produktionstechnisch aber nicht das, was sie als Künstlerin ausmacht. Und auch nicht das, womit sich viele ihrer Fans so stark identifizieren. Trotzdem wird sie oft auf diese Lieder reduziert. Ich bin überzeugt, dass viele eine ganz andere Meinung von ihr hätten, würden sie sich die Zeit nehmen, ihre weniger bekannten Songs anzuhören und sich mit ihren Songtexten auseinanderzusetzen.
An dieser Stelle meine persönlichen Top-10-Songs, welche mehr Aufmerksamkeit verdienen (chronologisch geordnet) – falls du ihr doch noch eine zweite Chance geben möchtest:
Und ja, Taylor Swift mag viele Lieder über die Liebe schreiben. Ob nun über verflossene Liebschaften oder wenn sie gerade im siebten Himmel schwebt. Aber sie hat auch vieles mehr zu bieten. Zum Beispiel thematisiert sie im Song «Clean» die Auseinandersetzung mit Abhängigkeit und dem komplexen Weg zur Besserung.
Dies ist mit ihren eigenen Erfahrungen und ihrem Kampf mit Anorexie verknüpft, welchen sie in ihrem Dokumentarfilm «Miss Americana» anspricht. In «Clean» beschreibt sie, wie sie sich durch viel Schmerz durchkämpfen musste und es am Ende schaffte, den Weg der Besserung einzuschlagen. So kann sie sich nun «clean», sprich befreit von der Sucht, nennen.
Aber selbst wenn sie nur über die Liebe singen würde, wäre das wirklich so tragisch? Seien wir ehrlich, andere Künstler und Künstlerinnen machen dies konstant und da zuckt niemand mit der Wimper.
So steckt in ihren Liebessongs keine Schwäche, sondern das Geheimnis zu Taylors Erfolg. Es gelingt ihr, mit ihrer Musik zentrale Teile der menschlichen Existenz auf eine Art auszudrücken, welche bei ihrem Publikum Anklang findet.
Nicht nur legt sie «banale» Emotionen wie Selbstzweifel, Wut oder Herzschmerz in zugänglicher Manier dar, sondern gibt einem gleichzeitig das Gefühl, verstanden zu werden. Es ist genau dieses Gefühl des Gesehen- und Verstandenwerdens, was ihre Fans – inklusive mich – so sehr in den Bann zieht.
Von ihrer Musik abgesehen, ist Taylor Swift auch als Person eine inspirierende Figur. Wenn ihre Musik einem nicht gefällt, okay, aber auch ihre grössten Kritiker müssen eingestehen, dass sie eine unglaublich starke und erfolgreiche Karrierefrau ist.
Taylor Swift hat einen langen Weg hinter sich, der ursprünglich in der Country-Musik ihren Anfang fand. Über die Jahre hinweg hat sich das unschuldige Country-Girl zur internationalen Pop-Ikone schlechthin gemausert.
Die wachsende Aufmerksamkeit kam jedoch mit vielen Tücken. Kritik der Medien prasselte auf sie ein. Ihr Leben wurde seziert und gerade für ihr Liebesleben wurde sie kritisiert und darauf reduziert. Zudem war auch die Musikindustrie nicht immer gut zu ihr. Etwa hatte die Sängerin stets den Wunsch, die Rechte an ihren sechs ersten Studioalben zu kaufen, aber die Chance dazu bekam sie nie. Denn 2019 wurden die Rechte ohne ihr Wissen weiterverkauft.
Trotzdem hat sich Taylor nie unterkriegen lassen. Die Medien zerreissen sich über sie die Mäuler? Sie bringt «Reputation» heraus. Sie kann die Rechte an ihren originalen Alben nicht zurückerlangen? Taylor nutzt das Schlupfloch, dass ihr die Songwriting-Credits zustehen, und nimmt alle sechs Alben als «Taylor’s Version» nochmals neu auf. Wohlgemerkt neben zahlreichen Neuerscheinungen, welche sie parallel produzierte.
Persönlich bewundere ich die Sängerin für ihr Durchhaltevermögen und ihre Verbissenheit. Dafür, dass sie die Macht, die ihr genommen wurde, immer wieder aufs Neue zurückerlangt. Es ist einer der vielen Gründe, wieso ich mich heute als Swiftie bezeichne und sie unterstütze.
Die Art und Weise, mit welcher sie mit der Frauenfeindlichkeit in der Industrie und der Gesellschaft umgeht, setzt ein wichtiges Zeichen für Frauen und Mädchen. Mit ihrer Entwicklung und ihrem Verhalten über ihre gesamte Laufbahn hinweg zeigt sie, dass man sich nicht so einfach unterkriegen lassen soll. Ihre Message ist laut und klar: Wer sie unterschätzt, der wird das später bereuen.
Ich kann jedoch keinen Artikel schreiben, ohne auch über Taylors Fangemeinde zu sprechen. Die Swifties heben sich nämlich von anderen Fans ab und sorgen immer wieder für mediale Aufmerksamkeit. Das ist kein Zufall. Diese Community hat eine Qualität, welche über die simple Wertschätzung eines Künstlers oder einer Künstlerin hinausgeht – dies auch aufgrund von Taylor Swifts Umgang mit ihrer Fangemeinde.
Taylor ist berühmt dafür, dass sie nichts dem Zufall überlässt. Sie schmiedet Pläne Monate im Voraus und integriert Hinweise – sogenannte «Easter Eggs» – auf zukünftige Projekte. So sind Gala-Outfits, Musik-Videos oder Instagram-Posts gespickt von kleinen Hinweisen. Es ist vergleichbar mit einer niemals endenden Schnitzeljagd, welche mit viel Liebe zum Detail künstlerisch verpackt wird. Dies ist nicht nur marketingtechnisch ein absoluter Genie-Streich, sondern schafft eine Community, wie ich sie bisher noch nie erlebt habe.
Die meisten sehen den Aufruhr der Swifties um Taylor Swift und ihre «The Eras Tour» und schütteln verständnislos den Kopf. Ich muss einräumen, dass ich dies zu einem gewissen Grad verstehe. Von aussen wirkt das Ganze wohl manchmal ein wenig sektenhaft – die koordinierten Outfits, die Freundschaftsarmbänder, die einstudierten Fanprojekte. Aber was dahintersteckt und alle miteinander verbindet, ist eigentlich ganz einfach: Freude an der Musik und eine Wertschätzung der künstlerischen Arbeit.
So Fan wie es sie zuvor bei den Beatles, Take That, Michael Jackson und anderen schon gegeben hat.
Welche Voraussetzungen es bei den Fans dazu braucht sind bekannt.
"Aber was dahintersteckt und alle miteinander verbindet, ist eigentlich ganz einfach: Ist nur marketingtechnisch ein absoluter Genie-Streich!"
Nö, sie macht nur Popsongs mit wenig Inhalt und eingängigen, nein, völlig platten Melodien. Simpel gestricktes Gedudel von A-Z.
Bei Musiker/innen geht's mir um die Musik. Nicht um das Geplänkel drumherum. Und bei Taylor Swift gibt's Geplänkel, aber keine Musik. Ist halt so.