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Die 6 kontroversen Bücher werden aktuell diskutiert

In den USA landen immer mehr Bücher in der «Banned Books»-Abteilung.
In den USA landen immer mehr Bücher in der «Banned Books»-Abteilung. Bild: Shutterstock

Diese 6 kontroversen Bücher sorgen für Gesprächsstoff

Bücher sind oft Gegenstand hitziger Diskussionen – im schlimmsten Fall werden sie verbannt oder verbrannt, im besten Fall regen sie zu Debatten an und fördern das Verständnis anderer Lebenswelten. Hier eine Liste von sechs Büchern, die polarisieren, aufwühlen und für Gesprächsstoff sorgen.
29.09.2024, 20:0830.09.2024, 09:54
Mehr «Leben»

«Want» von Gillian Anderson

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bild: screenshot orell füssli

Das neue Buch der Schauspielerin Gillian Anderson ist in aller Munde. In nahezu niemandes Munde hingegen ist das Thema, das es behandelt: Geheime sexuelle Fantasien von Frauen. Anderson – unter anderem bekannt als Sex-Therapeutin Jean Milburn in der Serie «Sex Education» – sammelte die Geschichten von Frauen aus aller Welt und ordnete sie in Kategorien wie «kink», «Fremde» oder «Beobachtende und Beobachtete». Überrascht habe sie, mit wie viel Scham weibliche Fantasien noch immer behaftet sind und wie schwer es fällt, diese in Worte zu fassen. Sie spricht aus Erfahrung, denn unter den 174 Geschichten ist auch ihre eigene versteckt.

«Ein wenig Leben» von Hanya Yanagihara

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Bild: Screenshot Orell Füssli

«Ein wenig Leben» gilt als eines der bestverkauften und meistdiskutierten literarischen Werke der vergangenen Jahre. Es erzählt die Geschichte einer lebenslangen Freundschaft zwischen vier Männern in New York, von denen insbesondere ein Protagonist unfassbares Leid erlitten hat und ein schweres Geheimnis mit sich trägt. Damit begibt sich Schriftstellerin Hanya Yanahigara an «die dunkelsten Orte, an die Literatur sich wagen kann», wie der Klappentext verrät.

Die Lektüre des fast 1000 Seiten langen Schinkens löst denn auch ungewöhnlich starke Reaktionen aus, wie ein Blick in die Rezensionen der Bücher-Plattform Goodreads zeigt. Man scheint es entweder abgrundtief zu hassen und gerädert, zerstört und komplett traumatisiert zurückzubleiben – oder aber man liebt es. Dazwischen gibt es nichts.

«I hated, hated, hated this book. I hate the author for writing this book. Not in a fun way- in a horrific, how-the-hell-did-you-think-this-was-okay way.»
«Ich habe dieses Buch gehasst, gehasst, gehasst. Ich hasse die Autorin dafür, dass sie dieses Buch geschrieben hat. Nicht auf eine lustige Art und Weise – auf eine schreckliche, wie-zur-Hölle-hast-du-gedacht-das-war-okay-Art.» Goodreads-user «cassidy»
«This is an excellent, maybe perfect book, and I will never recommend it to anyone.»
«Dies ist ein hervorragendes, vielleicht sogar perfektes Buch, und ich werde es niemals jemandem empfehlen.»Goodreads-user «emma»

«The Handmaid's Tale» von Margaret Atwood

Margaret Atwood using a flamethrower on the "unburnable" version of "The Handmaid's Tale."
Autorin Margaret Atwood richtet einen Flammenwerfer auf die «unverbrennbare» Version ihres Buchs. bild: penguin random house

Dass es eine unverbrennbare Version dieses Romans gibt, sagt eigentlich schon alles. Der vieldiskutierte dystopische Roman von Margaret Atwood thematisiert Umweltzerstörung, totalitäre Regime und weibliche Unterdrückung. Er zeichnet das Bild einer amerikanischen Gesellschaft, deren Frauen wegen radioaktiver, chemischer und bakteriologischer Verseuchung weitgehend unfruchtbar sind. Die daraufhin errichtete theokratische Diktatur «Gilead» verbietet es Frauen, Eigentum zu besitzen und zwingt die wenigen verbleibenden Zeugungsfähigen in die Rolle von Gebärmaschinen.

Das Buch ist vielfach ausgezeichnet worden. Gleichzeitig scheint es autokratischen und christlichen Entscheidungsträgern ein Dorn im Auge zu sein: So verboten nicht nur zahlreiche US-amerikanische Schulbibliotheken, sondern auch ganze Länder den Roman Atwoods. Laut der American Library Association gehört «The Handmaid's Tale» (Deutsch: Der Report der Magd) zu den am häufigsten verbotenen Büchern – unter anderem wegen «vulgärer» und «sexuell überbetonter» Inhalte und der «Beleidigung des Christentums». Mit dem unverbrennbaren Buch wollte die Autorin ein Zeichen gegen Bücherverbote und Zensur setzen. Ein starkes Zeichen: Für stolze 130'000 US-Dollar wurde die Ausgabe versteigert.

«It Ends With Us» von Colleen Hoover

it ends with us colleen hoover
Bild: Simon & Schuster Books for Young Readers

Colleen Hoover ist ein wahres Social-Media-Phänomen. Ihre Bücher werden auf «Booktok» – der Büchernische der Plattform Tiktok – gefeiert und millionenfach weiterempfohlen. Der Roman «It Ends With Us» ist so erfolgreich, dass er unlängst mit Blake Lively in der Hauptrolle verfilmt wurde.

Ein erster Blick auf das farbenfrohe Cover lässt einen leicht verdaulichen, schnulzigen Liebesroman vermuten. Während der Schreibstil sich als genau das entpuppt, geht der beschriebene Inhalt tiefer. Häusliche Gewalt und toxische Beziehungen prägen die Geschichte. Doch Hoover wird vorgeworfen, dass sie die heiklen Themen romantisiert und nicht angemessen eingeordnet. Und damit das klischeehafte Bild des manipulativen Mannes, der im Grunde gut ist und dem Mitgefühl gebührt, zementiert.

«Unorthodox» von Deborah Feldman

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Bild: Screenshot Simon & Schuster Verlag

In ihrem autobiografischen Roman erzählt Deborah Feldman von ihrem Leben in der ultraorthodoxen chassidischen Satmar-Gemeinde in New York. Von Ausgrenzung, Armut, Unterdrückung, Zwangsehe, ständiger Angst. Ein Leben, das sie schliesslich hinter sich lässt. Das Buch landet am Tag seines Erscheinens auf Platz eins der Bestsellerliste der New York Times, wird in höchsten Tönen gelobt, millionenfach verkauft und dient als Vorlage für die ebenso erfolgreiche Netflix-Miniserie. Für ihr Schreiben erntet die Autorin jedoch auch Kritik.

Nicht zuletzt seit dem 7. Oktober 2023 ist Feldman, die nunmehr in Berlin lebt, die medial allgegenwärtigste jüdische Stimme im deutschsprachigen Raum, wie die NZZ schreibt. In der Zwischenzeit hat sie zwei weitere Bücher veröffentlicht – das letzte trägt den provokanten Titel «Judenfetisch». Kritische Stimmen meinen, sie verstricke sich in Widersprüche: Während sie etwa das Profitieren vom eigenen Jüdischsein in Deutschland anprangert, soll sie sich genau deswegen dort niedergelassen haben. Auch ihre Kritik an den öffentlich ausgetragenen Debatten darüber, was korrektes jüdisches Verhalten und Befinden ist, sei unstimmig – teile sie doch selber unerbittlich in richtige und falsche Juden ein.

«Hundert Tage im Frühling» von Eric Bergkraut

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Bild: Screenshot Limmat Verlag

«Ein starkes Stück biographischer Literatur», «Ein wunderbares Buch – grosszügig und respektvoll» oder doch «schamlos indiskret»? Eric Bergkrauts Bericht über das Sterben seiner Frau, der bekannten Schweizer Schriftstellerin Ruth Schweikert, polarisiert. Obwohl die an Brustkrebs sterbende Schweikert ihren Mann offenbar gebeten hat, ihre Geschichte aufzuschreiben, hinterlässt das Resultat dieser Bitte bei vielen einen fahlen Beigeschmack.

Dem Autor wird von seinen Kritikern das nötige Fingerspitzengefühl abgesprochen. Er würde seine Trauerarbeit zelebrieren, intime Details schamlos indiskret offenbaren, schreiben NZZ und Tages-Anzeiger. Bei der Lektüre dränge sich die Frage auf, ob Ruth Schweikert mit diesem Sterbeprotokoll einverstanden gewesen wäre, beanstandet das SRF. In einem Punkt scheinen sich sämtliche Kritiker und Kritikerinnen allerdings einig zu sein: Die Liebe des Drehbuchautors für seine verstorbene Frau spüre man deutlich.

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40 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Biko
29.09.2024 22:05registriert Juli 2023
Die feuerfeste Version von The Handmaid's Tale, trotzt Temperaturen bis zu 600° Celsius und wurde mit Nickeldraht handgenäht. Ziemlich cool. Eine gute Idee von Margaret Atwood. Kunst ist wichtig, weil Faschisten sie nicht mögen.
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Butzdi
29.09.2024 20:41registriert April 2016
Habe 2-5 gelesen, und die sind allesamt ziemlich starker Tobak. Das Beste ist meiner Meinung nach the Handmaid‘s Tale (die Geschichte der Magd), weil Atwood es durch einen brillianten Erzählstil schafft, einem viel näher in das Geschehen einzubinden als man möchte und das dystopische Werk bei gewissen christo-faschistischen Gruppierungen in den USA aktuell zur Realität werden soll.
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Lienat
29.09.2024 20:25registriert November 2017
"Der Roman «It Ends With Us» ist so erfolgreich, dass er demnächst mit Blake Lively in der Hauptrolle verfilmt wird."

Da ist der Artikel nicht mehr aktuell. Die genannte Verfilmung läft bereits seit einigen Wochen im Kino.
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