Was ist eigentlich guter Sex? Wer sich mal umhört und nachfragt, der bekommt darauf alle möglichen Antworten und viele davon haben, geht es um heterosexuellen Sex, eines gemeinsam: Irgendwann fällt das Wörtchen «eng».
Drei Buchstaben nur und trotzdem ist es eine komplexe Geschichte, die sich dahinter verbirgt. Denn geht es um «Enge», geht es um die Vagina. Wie eine Vagina sich anfühlen soll, wie sie sein soll und vor allem auch, wie die dazugehörige Frau sein soll.
Denn «Enge» beschreibt dabei nicht nur einfach eine körperliche oder anatomische Eigenschaft, sondern den Charakter gleich mit: «Die ist schon ganz ausgeleiert.» «Bei der steht alles offen.» «Welche Tampons passen bei der noch?» Diese und ähnliche Sätze kennen wir eigentlich alle.
Der Verdacht, dass Frauen, die «viel» Sex haben sozusagen mit Gebrauch verschleissen. Ihren Wert verlieren. Und in Konsequenz immer weniger zu gebrauchen sind. Dabei gesetzt: Die latente Unterstellung, eine Vagina sei ein so labiles Gebilde, dass sie durch zu viel Aktivität kaputt gehe.
Eng gilt als gut, weit als unbefriedigend. Nicht nur Männer sind sich da oft sicher. Auch Frauen reden so von sich und anderen.
Da kann man sich also fragen, wieviel Sex «viel» Sex ist, ob man die Antwort auf diese Frage riskieren will und ob man selber überhaupt dem Gold-Standard der Enge entspricht. Denn wenn eine «weite Vagina» möglich ist, dann wird das – in dieser Logik – der Mann bei der Penetration ja bemerken können. Sein Penis als Erkundungsrute in die eigene sexuelle Attraktivität oder den verlotterten Abgrund. Ja, solche Bilder fallen einem da ein. Und klar wird: Wer solche Befürchtungen hegt, dem geht die Lust bald flöten.
Denn mit dem Mythos der Enge lässt sich schnell aufräumen. Die Sexualtherapeutin Clara Thiele erklärt: «Es gibt keine enge Scheide. Sie ist weit und dehnbar und das ist auch gut so. Was die Enge ausmacht, ist die Beckenbodenmuskulatur, und die ist je nach Konstitution straff oder weniger straff, wie andere Muskeln auch.» Wichtig sei ohnehin ein Wechselspiel zwischen An- und Entspannung: «Wenn man nicht entspannt ist, macht es auch keinen Spass.»
Wer schliesslich wirklich glaubt, dass je enger desto besser ist, der müsste in Konsequenz als nächstes den Trend der Nasenloch-Penetration ausrufen.
Ich schlage vor: lieber nicht. Stattdessen aufhören, sich Sorgen zu machen. Ein Penis kann weder steckenbleiben, noch verloren gehen. Guter Sex ist möglich! Wenn wir uns entspannen ...