Üblicherweise ist die Beilage «Fokus Energie» im «Tages-Anzeiger» ein eher dröges Beiheft. Produziert wird es von einer Marketingagentur und gefüllt ist es mit Themen rund um die Energieversorgung und mit Inseraten von Energielösungs-Anbietern für institutionelle oder private Häuslebauer.
Vergangenen Donnerstag lag eine Seite im «Fokus Energie» thematisch quer. Sie handelte von Medienvielfalt und unten links prangte das Logo «Ja SRG: No Billag Ja».
Wer den Text geschrieben hat, ist nirgends zu erkennen. Lediglich oben links steht in Kleinbuchstaben «Publireportage» und unten rechts prangt der Werbespruch «Ja SRG: No-Billag Ja». Bei allen übrigen Beiträgen im Beilagen-Heft, das von der Smart Media Agency produziert wurde, sind die Autoren stets angegeben.
Auf Nachfrage bei Pascal Buck, CEO des Schweizer Ablegers der Smart Media Agency, bestätigt dieser, dass die Anzeige vom überparteilichen Komitee «Ja zu No Billag» stammt. Doch warum wurde bei allen übrigen Texten des Beiheftes ein Autor angegeben, nicht aber auf dieser Seite? «Grundsätzlich sind die Inserenten für die Gestaltung der Seite zuständig. Bei solcher politischer Werbung gelten aber natürlich schärfere Regeln.»
Die Seite sei deutlich mit dem Aufdruck «Ja SRG: No-Billag Ja» gekennzeichnet. Der Verweis «Publireportage» am oberen Seitenrand kennzeichne zudem, dass es sich um eine Werbeplatzierung und nicht um eine redaktionelle Eigenleistung handelt. «Durch eine kurze Google-Suche des Slogans lässt sich einfach feststellen, von wem die Anzeige stammt», so Buck.
Bei der Tamedia sieht man die Verantwortlichkeit für das Inserat bei Smart Media. «Für die Inhalte einer kommerziellen Beilage ist ausschliesslich der Werbekunde, in diesem Falle Smart Media, verantwortlich», sagt Christoph Zimmer, Kommunikations-Leiter bei Tamedia.
Bei allen politischen Inseraten in journalistischen Publikationen von Tamedia gelte grundsätzlich die Regel, dass der Absender mit Name und Adresse klar erkennbar sein muss. Die Anforderungen an eine solche Anzeige liegen damit beim Begleitheft tiefer, als in der eigentlichen Publikation, in dem das Heft erscheint.
«Die Spielregeln sind bei solchen bezahlten Beilagen lockerer, als bei eigentlichen journalistischen Erzeugnissen», sagt Medienanwalt Martin Steiger. Denn: Grundsätzlich sei in einem solchen Beilagenheft mit «Publireportagen» und sonstiger Werbung im Stil eines redaktionellen Beitrages zu rechnen.
Es gehöre zwar durchaus dazu, dass man einen Absender angibt, um den bezahlten Beiträgen mehr Glaubwürdigkeit zu verschaffen, dies hänge jedoch auch von der Stilfrage des Inserenten ab. Doch auch die Medien nimmt Steiger in die Verantwortung: «Es herrscht Wild-West-Stimmung bei den Medienhäusern, wenn es um die verbleibenden Möglichkeiten der Finanzierung geht. Bezahlte Beiträge müssten eigentlich klar deklariert werden.»
Was die Lauterkeit des Inserats anbelangt, sieht Steiger kein Problem. «Politische Meinungen dürfen einseitig und unwahr sein, die Lauterkeitsprüfung betrifft kommerzielle Kommunikation und nicht politische Propaganda vor Abstimmungen, sagt Steiger.
Bei der SRG ist man vom Slogan der Kampagne alles andere als begeistert. «Der Slogan ist nicht ehrlich. Denn ein Ja zur No-Billag-Initiative bedeutet ganz klar das Ende der heutigen SRG und ihren Sendungen und Formaten», sagt Edi Estermann, Leiter der Medienstelle bei der SRG.
Der Auftraggeber des Inserates weist alle Vorwürfe zurück: «Wir haben dieses Inserat geschaltet und mit unserem Logo klar markiert. Wir wollen dieses Logo und die damit verbundenen Argumente des überparteilichen Komitees ‹Ja zu No Billag› bis am 4. März so stark wie möglich verbreiten», sagt Bernhard Salzmann, Kommunikationsleiter des Schweizerischen Gewerbeverbandes (sgv). Der sgv führt das Sekretariat des überparteilichen Komitees.
Der Vorwurf, jemand wolle sich hinter diesem Logo verstecken, findet Salzmann sonderbar: «Es ist Abstimmungskampf, wir wollen das Komitee und seine Argumente so breit wie möglich bekannt machen und uns sicher nicht verstecken.» Das Logo wird in allen Kommunikationsaktivitäten des überparteilichen Komitees eingesetzt und soll nun bis am 4. März als Wiedererkennungszeichen dienen.