In gut einem Monat finden in der Schweiz wieder Abstimmungen statt. Mit auf dem Programm steht die Pflegeinitiative. Sie will Probleme der Gesundheitsbranche lösen, die seit Beginn der Pandemie noch deutlicher geworden sind: zu wenig Personal, zu wenig Zeit und zu viel Druck bei zu tiefem Lohn.
Doch auf der politischen Bühne ist man sich über die Massnahmen nicht einig geworden. Was die Initiantinnen der Volksinitiative im Gegensatz zu Bund und Parlament wollen, erfährst du hier.
Vor knapp vier Jahren hat der Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK) erfolgreich Unterschriften gesammelt: Im November 2017 kam die Volksinitiative «Für eine starke Pflege» zustande. Der Bundesrat beantragte beim National- und Ständerat jedoch, die Initiative abzulehnen, was diese auch getan haben.
Stattdessen arbeitete das Parlament einen indirekten Gegenvorschlag zur Initiative aus. Damit soll das Problem auf Gesetzesebene und nicht auf Verfassungsebene gelöst werden. In der Frühjahrssession stimmte das Parlament dem Vorschlag zu. Der SBK ging er allerdings zu wenig weit und sie hielten an ihrer Initiative fest.
Kleine Auffrischung des Politik-Unterrichts: Der Gegenvorschlag tritt in Kraft, wenn das Volk die Initiative ablehnt und danach kein gültiges Referendum zustande kommt.
Die Qualität der Pflege sichern: Das will der SBK mit seiner Initiative erreichen. Momentan seien über 11'000 Stellen nicht besetzt, schreibt der Verband auf seiner Website. Die Pflegende seien chronisch überbelastet, erschöpft und frustriert.
Um diese Missstände zu bekämpfen, fordert die Initiative:
Was der Pflegeinitiative zufolge ganz genau in der Verfassung stehen soll, liest du hier.
Die Pflege soll gestärkt werden, das finden auch Bundesrat und Parlament. Sie anerkennen den akuten Mangel an qualifiziertem Pflegefachpersonen (Pflegenotstand), aber die Volksinitiative geht ihnen zu weit.
Der indirekte Gegenvorschlag soll die wichtigsten Forderungen des Initiativkomitees aufnehmen und eine raschere Umsetzung zur Stärkung der Pflege ermöglichen. Und zwar mit den folgenden Massnahmen:
Nehmen Stimmvolk und Stände die Pflegeinitiative an, muss das Parlament nochmals über die Bücher. Dann muss bestimmt werden, wie die einzelnen Forderungen der Pflegeinitiative konkret umgesetzt werden.
Ausserdem tritt bei einem Ja zur Pflegeinitiative der Gegenvorschlag des Parlaments nicht in Kraft.
Neben Gewerkschaften unterstützen auch Frauenorganisationen sowie die Ärztinnen- und Ärztevereinigung FMH die Initiative für Pflegefachpersonen. In der Parteienlandschaft haben sich bis jetzt die SP, die Grünen und Grünliberalen sowie die EVP für das Vorhaben ausgesprochen. Auch die Junge SVP des Kantons Bern hat jüngst die Ja-Parole zur Pflegeinitiative beschlossen. Für die Befürworter löst der Gegenvorschlag das eigentliche Problem des Pflegepersonals nicht.
Die Investitionen des Parlaments in die Ausbildung würden verpuffen, weil über 40 Prozent der Pflegenden nach wenigen Jahren aus dem Beruf aussteigen würden, argumentiert das Komitee. Es fehlten Massnahmen, welche die Pflegequalität sichern und die Arbeitsbedingungen verbessern würden.
Der Bund soll nicht Arbeitsbedingungen regeln. Das sei Aufgabe der Sozialpartner, der Kantone und der Betriebe, sagte Gesundheitsminister Alain Berset vor den Medien. Der Bundesrat setzt deshalb auf den indirekten Gegenvorschlag für die Pflege, gleich wie der Krankenkassenverband Santésuisse, der Spitalverband H+ und die Spitex Schweiz. Die Gesundheitsverbände teilen die Besorgnisse des Pflegepersonals, allerdings wolle man nicht noch jahrelang auf konkrete Massnahmen warten müssen, heisst es.
Neben der SVP und der FDP stimmte auch die Mitte-Fraktion im Parlament mehrheitlich gegen die Initiative und für den Gegenvorschlag. Die Mitte-Partei war sich nun allerdings nicht mehr so sicher und hat Stimmfreigabe beschlossen. Die Parteiparolen von FDP und SVP sind noch nicht bekannt.
(Mit Material der sda.)
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Man muss doch zusätzlich die Arbeitsbedingungen so gestalten, dass die Leute nicht mehr abwandern, denn sonst bringt das alles nichts.
Übrigens die Ausbildung ist nicht das Problem, diese ist gut!
Das Problem sind die Arbeitsbedingungen, dass die meisten nach wenigen Jahren wieder gehen.
Ja zur Pflegeinitiative.