Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) überwacht derzeit rund 90 Personen, die potenziell gefährlich sein könnten für die innere Sicherheit der Schweiz. Diese Zahl hat NDB-Chef Markus Seiler am Dienstag an der Jahresmedienkonferenz kommuniziert. Ein Novum.
Der Nachrichtendienst zählte bisher insgesamt 83 Dschihadreisende aus der Schweiz, davon 30 Personen mit Schweizer Pass. Zu konkreten Zahlen über Risikopersonen, zu denen unter anderem auch sogenannte «Gefährder» gehören, äusserte er sich bislang nicht. Dieser Begriff ist vor allem im Ausland verbreitet und kommt laut NDB aus Polizeikreisen. Der Bund spreche bewusst von Risikopersonen.
«Wir kennen die genaue Zahl, kommunizieren aber nur in Zehnerschritten», sagte Seiler in Bern. Der Bund habe derzeit zwischen 85 und 94 Dschihadisten auf dem Radar, die «ein erhöhtes Risiko für die Schweiz darstellen». Die Zahl sei seit einer Weile «relativ stabil». Alle Personen seien zwischen 2001 und heute erfasst worden.
Seiler betonte, dass nicht von allen rund 90 Personen eine konkrete Anschlaggefahr ausgehe. «Aber eine Person alleine könnte unter Umständen verheerend sein.»
Bei den Risikopersonen handle es sich um mehr Männer als Frauen, um mehr Junge als Alte. Die meisten der Risikopersonen lebten in stadtnahen Agglomerationen, sagte Seiler. «Von Genf bis Rorschach, von Basel bis ins Tessin, aber nicht zuhinterst im Emmental.»
Verteidigungsminister Guy Parmelin ergänzte vor den Medien, dass in der Schweiz seit 2016 keine neuen Dschihadrückkehrer mehr registriert worden seien. Das entspreche auch dem europäischen Trend. «Die Lage stabilisiert sich langsam.»
Um Personen zu erkennen, die sich radikalisieren, beobachtet der Nachrichtendienst auch die Kommunikation in sozialen Medien. 2016 hat er 497 auffällige Internetnutzer identifiziert, die in der Schweiz Propagandamaterial zur Verherrlichung der dschihadistischen Ideologie verbreiteten. 2014 seien es noch knapp 300 gewesen, sagte Seiler.
Derzeit führt die Bundesanwaltschaft rund 60 Strafverfahren gegen Personen, die sich Organisationen wie dem Islamischen Staat angeschlossen oder entsprechende Schritte unternommen haben. Diese Zahl hatte der Bundesanwalt Michael Lauber bereits vor mehr als einem Jahr so kommuniziert.
Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) verhängte im vergangenen Jahr gegen 39 Dschihadisten ein Einreiseverbot. Im Vorjahr waren es noch 17 Dschihadisten gewesen, denen die Einreise in die Schweiz verboten wurde. (whr/sda)