Die Schweiz wird mit dem Elektromotor nicht warm. Gerade mal 5408 neue Elektroautos wurden im vergangenen Jahr bei den Strassenverkehrsämtern der Kantone angemeldet. Das entspricht bei insgesamt 300'000 Neuzulassungen einem Marktanteil von 1.8 Prozent. Der Kanton Thurgau will das Steuer nun herumreissen. Neu bezuschusst er den Kauf von Elektroautos mit 4000 Franken. Damit drückt ausgerechnet ein ländlicher und bürgerlich-dominierter Kanton bei einem eher urbanen und grünen Thema aufs Gas.
Dementsprechend begeistert ist der Waadtländer SP-Nationalrat Roger Nordmann. Er überlegt, das Thurgauer Modell bei erfolgreichem Verlauf auf der nationalen Ebene einzubringen. Er würde es aber vorziehen, den Elektroautozuschuss statt aus kantonalen oder kommunalen Energiefonds aus Geldern der Treibstoffkompensation zu bezahlen. Das sind Abgaben der Importeure von Diesel, Erdgas, Benzin und entsprechenden Rohstoffen.
Nordmann erinnert zudem an die CO2-Vorschriften für Autoimporteure. Diese müssen einen Durchschnittswert einhalten. Mit jedem verkauften Elektroauto steigt das CO2-Budget für den Verkauf von klassischen Geländewagen. «Diese Kompensationsmöglichkeit hebt die Wirkung von Subventionen teileweise wieder auf», rechnet Nordmann vor. Trotzdem begrüsst er das Thurgauer Modell.
Anderer Meinung ist der Aargauer FDP-Nationalrat Thierry Burkart. «Subventionen führen nur dazu, dass Lenker, die sich ohnehin ein Elektroauto kaufen wollten, das Geld abholen.» Wegen ein paar tausend Franken werde niemand sich für einen anderen Antrieb entscheiden, sagt der Vizepräsident des Touring Club Schweiz.
Weil Elektrofahrzeuge nun konkurrenzfähig seien, brauche es «weder Subventionen noch Sonderrechte». Die Politik solle lediglich die Rahmenbedingungen für die Elektromobilität festlegen. Nötig sei ein unbürokratischer und hindernisfreier Aufbau der Ladeinfrastruktur.
Ähnlich sieht es der Berner GLP-Nationalrat Jürg Grossen. Er ist dagegen, dass Individualverkehr staatlich gefördert wird. «Und wenn, dann sollte das intelligent gemacht werden, zum Beispiel, indem die Ladeinfrastruktur aus den CO2-Abgaben oder den Strafzahlungen für verfehlte Flottenziele der Autoimporteure finanziert werden.»
Politiker haben ihre Überzeugungen. Doch wie sieht es in der Praxis aus? Bisher wurden Subventionen für Elektroautos mässig genutzt. Dies zeigt ein Blick nach Basel und St. Gallen. Beide Städte sind Pioniere in Sachen Elektromobilität.
In Basel können Taxihalter seit April 2017 bis zu 10'000 Franken aus einem kantonalen Energiefonds beziehen, wenn sie ein Elektroauto anschaffen. Für die Subventionierung solcher Elektrotaxis gilt ein Kostendach von 900'000 Franken.
Bisher wurden aber erst knapp 20'000 Franken abgeholt: einmal für einen Tesla und einmal für einen Opel. Dominik Keller, stellvertretender Amtsleiter des Umwelt-Departements des Kantons Basel-Stadt, erklärt sich die Zurückhaltung der Täxeler mit der schwierigen wirtschaftlichen Situation. Zudem gebe es Probleme mit Reichweite und Lademöglichkeiten der Fahrzeuge. Die Aktion läuft noch bis zum 31. Dezember 2020. Mag sein, dass Taxis ein Spezialfall sind, doch bei den Privaten sieht es nicht besser aus. Das zeigt das Beispiel der Stadt St. Gallen.
Diejenigen der 75'522 St. Galler, die einen Fahrausweis haben, können sich seit 2015 bis zu 5000 Franken abholen, wenn sie sich für ein Elektroauto entscheiden. Ein Kostendach ist keines vorgesehen. Und es ist auch nicht nötig. Denn bisher machten nur 22 Personen von dem Angebot Gebrauch. Nur wenig mehr Interesse zeigte bisher das Gewerbe. 67 Fahrzeuge wurden bisher bezuschusst. Insgesamt holten sich die St. Galler 358'653 Franken ab.
Gehen die Subventionen also an den Bedürfnissen der Lenker vorbei? Das wird erst die Zukunft zeigen. Neue Trends brauchen Zeit, bis sie sich durchsetzen. Bisher war die Auswahl an erschwinglichen Fahrzeugen begrenzt. Der Tesla – die Ikone unter den Elektroautos – lag bisher ausserhalb des Budgets der Normalverbraucher. In St. Gallen waren die teuren Modelle zudem von der Bezuschussung ausgeschlossen. Subventioniert werden nur Autos bis zum Preis von 60'000 Franken.
Seit vergangener Woche ist nun der Tesla 3 in die Schweiz lieferbar. Dies könnte die Zahl der Elektrofahrzeuge auf den Schweizer Strassen erhöhen. Denn dieses Modell ist schon ab einem Preis um die 60'000 Franken zu haben. Das Interesse ist gross. Zumindest wenn man der Autoverkäuferin von Tesla glaubt, die in Amsterdam das Telefon abnimmt. Sie müsse dauernd darum bitten, dass Kunden Hochdeutsch statt Schweizerdeutsch sprächen. Offizielle Verkaufszahlen gibt Tesla nicht bekannt. Gemäss Fredy Zaugg von der Dienstabteilung Umwelt und Energie der Stadt St. Gallen seien schon die ersten Anträge für den Tesla 3 eingegangen.
Trotz mässiger Nachfrage fördern Kantone die Elektromobilität weiter. Basel-Stadt zahlt seit letzter Woche Firmen bis zu 5000 Franken für ein Elektrofahrzeug. Und der Kanton Luzern prüft Massnahmen, Lenker zum Umsteigen zu bewegen. (bzbasel.ch)