Nun steht fest, worüber schon seit geraumer Zeit spekuliert wurde: Die No-Billag-Initiative kommt im März an die Urne. Dies gab der Bundesrat heute bekannt. Klar ist auch: Von den Parteien dürfen sich die Initianten wenig Unterstützung erhoffen. SP, Grüne, CVP, FDP, BDP und GLP werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Nein-Parole beschliessen.
Nun richten sich alle Augen auf die SVP. Denn aus den Reihen der Volkspartei kamen bislang gemischte Signale. «Eigentlich war ich nie ein besonderer Freund dieser No-Billag-Initiative», sagte etwa Ex-Parteichef Toni Brunner in der Herbstsession im Nationalrat. «Aber je länger ich hier zuhöre, desto mehr bin ich versucht, dieser Initiative zuzustimmen.»
Fraktionschef Adrian Amstutz räumte in derselben Debatte ein: «Wir sind im Dilemma in der SVP.» Eine Parole zur No-Billag-Initiative zu fassen, sei eine Entscheidung zwischen «Pech oder Schwefel», «Pest oder Cholera». Die Partei hatte im Parlament als «Mittelweg» einen Gegenvorschlag zur Halbierung der Gebühren beliebt gemacht – dieser blieb jedoch chancenlos.
Ob die SVP in der Konsequenz die Ja-Parole beschliesst, wie dies mehrere Exponenten im Rat angedroht hatten, ist allerdings noch offen. Denn medienpolitisch zieht sich ein Graben durch die Partei. Während sich im Nationalrat 39 SVP-Exponenten dafür aussprachen, die Initiative zur Annahme zu empfehlen, konnten sich 21 weitere nicht dazu durchringen, den entsprechenden Knopf zu drücken.
13 Fraktionsmitglieder enthielten sich, acht weitere plädierten für ein Nein. Zu den Gegnern der Initiative zählen zahlreiche Romands, aber auch Deutschschweizer Exponenten wie der Berner Nationalrat Werner Salzmann. Er sagt: «Mir geht No Billag zu weit, da die SRG Aufgaben wahrnimmt, die private Sender nicht im gleichen Ausmass erfüllen könnten.»
Mit der heutigen Situation sei er allerdings auch nicht glücklich. Insbesondere die Gebührenpflicht für Unternehmen steht für ihn «quer in der Landschaft». «Wir werden in der SVP darüber diskutieren müssen, wie wir mit dieser unbefriedigenden Situation umgehen.»
Eine erste Weichenstellung erfolgt nächsten Dienstag. Dann hält die Zürcher Kantonalpartei ihre Delegiertenversammlung ab, die Parole zu No Billag ist der dritte Punkt auf der Traktandenliste. Auf nationaler Ebene wird sich die Partei wohl erst im Januar definitiv auf eine Position festlegen.
Parteipräsident Albert Rösti erwartet «spannende Diskussionen» an der Delegiertenversammlung: «Die Haltung der SVP ist klar: Wir wollen das Budget der SRG reduzieren. Ebenso klar ist für uns aber, dass es nicht zielführend ist, den Sprachregionen die Unterstützung komplett zu entziehen.»
Es werde an den Delegierten sein, diesen Konflikt zu lösen. «Sie müssen entscheiden, ob für sie ein staatlicher Moloch oder ein kompletter Verzicht auf einen medialen Service public das geringere Übel ist.» Rösti selber drückte im Nationalrat den Knopf für ein Ja zu No Billag.
Politologe Louis Perron spricht von einer «Knacknuss» für die grösste Partei der Schweiz: «Einerseits profiliert sich die SVP seit Jahren erfolgreich als scharfe Kritikerin der SRG. Andererseits könnte es auch den eigenen Wählern in den falschen Hals geraten, wenn die Partei eine so urschweizerische Institution einfach zerschlagen wollte.» Gerade in ländlichen Gegenden könnte dies schlecht ankommen, vermutet der Politikberater.
Viele Beobachter gehen davon aus, dass eine Ja-Parole der SVP die Chancen des Begehrens auf einen Schlag markant erhöhen würde. Perron ist allerdings skeptisch: «So parolentreu die SVP-Wähler sonst sein mögen, so sehr liegen ihnen Institutionen wie die Post, die Swisscom oder eben vielleicht auch die SRG am Herzen.» In Service-public-Fragen stimmten sie deshalb häufig eher mit dem Gewerkschaftsbund als gemäss der Weisung aus Herrliberg.