Doris Leuthard (CVP) und Johann Schneider-Ammann (FDP) haben bereits angekündigt, bis Ende 2019 ihren Sitz im Bundesrat freizugeben. Nicht so Ueli Maurer (SVP). Denn der Finanzminister hat, wie er in der «Zentralschweiz am Sonntag» sagte, im Bundesrat noch ein gerüttelt Mass Arbeit vor sich: «Vor allem in der Informatik sind wir noch nicht gut genug. Das braucht noch fünf Jahre.» Was wohl heisst, dass Maurer bis 2023 bleiben will.
Wegen der Bundesinformatik «muss» Ueli Maurer Bundesrat bleiben. Dort stehen tatsächlich grosse Brocken an. Wie Recherchen zeigen, wird der Finanzminister an einer der nächsten Bundesratsitzungen mit einem Projekt kommen, das im Namen sogar das bundesrätliche Verfalldatum trägt: Superb23.
Der Name ist Programm und längst Gegenstand von Bundeswitzen. Doch superb, also hervorragend, sind vor allem die Kosten, lästern derzeit manche in der Verwaltung. 665 Millionen Franken, so eine vorläufige Schätzung aus dem Finanzdepartement, kostet das Projekt in den Jahren 2018 bis 2025.
Superb23 ist im Kern der Ersatz einer bisherigen Software durch eine neue Version des gleichen Herstellers, des deutschen Softwareriesen SAP. «Im Jahr 2015 teilte die Firma SAP allen Kunden, so auch der Bundesverwaltung, mit, dass die aktuell eingesetzte SAP-Version ab Ende 2025 weder weiterentwickelt noch weiter unterstützt wird», sagt Gisela Kipfer, Sprecherin beim Informatiksteuerungsorgan des Bundes, ISB.
Das Problem: An SAP hängt der halbe Bund, der Ausstieg aus SAP gilt als fast unmöglich, weil noch teurer und risikobehafteter als der Verbleib.
Konkret geht es um die ERP-Lösung SAP, wobei ERP für Enterprise Resource Planning steht. Über diese Plattform laufen laut Kipfer seit 20 Jahren die Supportprozesse der zentralen Bundesverwaltung. Über ERP läuft der halbe Bund: Finanz- und Rechnungswesen, das Personalwesen, die Logistik, das Immobilienmanagement.
Aber auch die Armee setze ein SAP-System ein, das mit dem Supportprozess-System vernetzt sei. «Dieses und deren Umsysteme sind für die Armee einsatzrelevant. Es wird nicht nur in der Verwaltung eingesetzt, sondern dient insbesondere dazu, die gesamte Logistik in der Armee zu betreiben», so Kipfer.
SAP hat den Bund also quasi in der Tasche, was von Kritikern bemängelt wird. Laut einem Insider verfügen die Departemente heute in der Regel über eigene, dezentrale SAP-Lösungen. Mit Superb23 komme es zu einer Zentralisierung im Finanzdepartement, die einzelnen Departemente verlören an Spielraum und Eigenständigkeit. Alle Daten der Departemente liefen in Zukunft zentral beim EFD zusammen, auch Lohn- und Personaldaten, heisst es. Das wird als Risiko betrachtet.
In der Ämterkonsultation stiess Superb23 daher auf viel Widerstand. Die Mehrheit der Departemente widersetzt sich Maurers Plänen. Starke Vorbehalte angemeldet haben das Justiz- und Polizeidepartement (EJPD), das Infrastrukturdepartement (Uvek), das Aussendepartement (EDA) sowie das Innenministerium (EDI).
Sogar in Maurers Finanzdepartement (EFD) gibt es beträchtliche Bedenken. Einige sehen in Superb23 ein Fass ohne Boden. «Das gibt ein Insieme im Quadrat», sagt einer. Insieme war ein Projekt der Eidgenössischen Steuerverwaltung im Finanzdepartement, das völlig aus dem Ruder lief (siehe Box).
Was Superb23 letztlich kostet, ist unklar. Gisela Kipfer vom Steuerungsorgan ISB äussert sich entsprechend vorsichtig: «Noch konnten nicht alle notwendigen Studien und Abklärungen durchgeführt werden, um belastbare Aufwandschätzungen zu erlangen.» Sämtliche Analyse-, Konzept- und Realisierungsarbeiten seien noch «unter relativ grosser Unsicherheit» geschätzt worden, sagt sie, «was zu den genannten Grobschätzungen über die nächsten sieben Jahre von über 600 Millionen geführt hat.» Ein Drittel entfalle auf den zivilen Teil, zwei Drittel auf den einsatzrelevanten Teil der Armee.
Die Finanzdelegation (FinDel) des Parlaments spricht in ihrem Jahresbericht 2017 von 800 Millionen, die die «Ablösung der zivilen und militärischen ERP-Systeme» kosten werde. Einerseits bestehe die Chance, die Entwicklung von Fachanwendungen und IT-Architekturen des Bundes zu vereinfachen. Aber die FinDel unter CVP-Ständerat Jean-René Fournier (VS) warnt auch: «Andererseits handelt es sich um eine noch wenig ausgereifte Lösung, die Risiken birgt.»