Der Kanton Uri hat überraschend am Donnerstag eine Ausgangsbeschränkung für Seniorinnen und Senioren beschlossen. Wer über 65 Jahre alt ist, darf auf dem gesamten Kantonsgebiet das Haus oder die Wohnung nicht mehr verlassen.
Diese Ausgangsbeschränkung hat mehrere Ausnahmen: Wer zur Ärztin muss, kann dies nach telefonischer Vorabsprache tun. Ebenfalls erlaubt bleiben Bestattungen im engsten Familienkreis sowie kurze Spaziergänge alleine, zu zweit oder mit dem Hund. Nicht davon betroffen sind gemäss Weisung Personen, «die in systemrelevanten Funktionen des Gesundheitswesens» arbeiten.
Sprich: In den Urner Läden von Seelisberg bis Hospental wird man heute keine älteren Personen mehr antreffen. Die Einkäufe müssen von Familien, Nachbarn oder Freiwilligen unternommen werden.
Der drastische Entscheid hat Symbolwirkung. Ignaz Zopp, Chef des kantonalen Führungsstabs, sagte gestern gegenüber Radio SRF: «Diese Massnahme war jetzt angesagt, weil alles, was bis jetzt in Uri angeordnet wurde, nur bedingt mitgetragen wurde.»
Die harten Worte meint Zopp bitter ernst. Sein Sprecher Adrian Zurfluh präzisiert gegenüber watson in einer schriftlichen Stellungnahme nun die Beweggründe: «Insbesondere die Mediziner in diesem Gremium befürchten in den kommenden Tagen und Wochen massiv steigende Fallzahlen. Jeder Tag, der mit solchen Massnahmen gewonnen werden kann, ist ein gewonnener Tag und rettet möglicherweise Leben.»
Der Führungsstab handelte selbstständig, wie Zurfluh erklärt. Der Regierungsrat wurde nachträglich über die Massnahmen informiert, damit er diese formell im Nachgang beschliessen kann. Führungsstab-Sprecher erklärt: «Dies ist erst im Nachhinein möglich, weil, wie im vorliegenden Fall, die Zeit ein sehr wichtiger Faktor ist. In anderen Ereignissen kann dies zum Beispiel sein, dass Massnahmen getroffen werden müssen, die einen Damm vor dem Brechen bewahren.»
Der Urner Sicherheitsdirektor Dimitri Moretti war für eine watson-Anfrage am Freitagmorgen nicht erreichbar. Über Facebook teilt er jedoch mit, dass die Massnahme des Führungsstabs «leider nötig» sei. Der SP-Regierungsrat ruft seine Bevölkerung dazu auf, sich an die Massnahmen zu halten. «Je besser die Bestimmungen eingehalten werden, desto schneller normalisiert sich die Lage wieder. Nicht morgen oder nächste Woche, aber sicher früher als später. Und bleibt gesund», schreibt Moretti in einem öffentlichen Beitrag.
Eine Ausgangsbeschränkung könnte auch schweizweit oder zumindest in anderen Kantonen drohen. Der Bundesrat hat mit der ausserordentlichen Lage das Recht, selbstständig die «nötigen Massnahmen» zu beschliessen. «Selbstständig» ist wörtlich gemeint: Anders als in der «besonderen Lage» werden die Kantone nicht angehört.
Das bestätigt der Sprecher des Urners Führungsstabs: «Das entfällt in der ausserordentlichen Lage. Mit anderen Kantonen laufen ab und zu Koordinationsgespräche, aber nicht institutionalisiert.» Sprich: Falls der Bundesrat mit einer schweizweiten Ausgangssperre zu lange zögert, könnte ein Flickenteppich drohen, wie es ihn vor einigen Tagen mit dem Veranstaltungsverbot gab.
Ob der Bundesrat dieser Gefahr mit einer eigenen Massnahme zuvorkommen will, ist unklar. Der «Blick» spekuliert heute, dass die Landesregierung derzeit über die Ausgangssperre streite. Einen Antrag soll angeblich Verteidigungsministerin Viola Amherd (CVP) stellen. Gut informierte Nationalrätinnen und Nationalräte wollten das gegenüber watson nicht bestätigen. Man habe nur gehört, dass wirtschaftliche Coronavirus-Massnahmen kommen würden – und diese seien «gut», sagt ein Politiker.
In einer früheren Version des Artikels wurde Herr Regierungsrat Dimitri Moretti als Gesundheitsdirektor bezeichnet. Das ist falsch. Er ist Sicherheitsdirektor. Der Fehler wurde korrigiert, wir bedauern den Fehler.
So kann ohne die Wirtschaft noch stärker zu belasten die Risikogruppe geschützt werden.
Besser 5 Wochen in der eigenen Wohnung, als drei Wochen auf der Intensivstation.