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Corona: Bundesrat erlässt neue Massnahmen – die 8 wichtigsten Punkte

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Gilt wohl bald in der ganzen Schweiz: Maskenpflicht auf einem Markt in Carouge.Bild: keystone

Heute präsentiert der Bundesrat neue Massnahmen – diese 8 Punkte muss die Regierung regeln

Gespannt blickt die Schweiz heute nach Bern. Am Nachmittag wird der Bundesrat über die neuen Massnahmen informieren. Folgende acht Punkte stehen im Zentrum.
28.10.2020, 05:2828.10.2020, 16:14
Corsin Manser
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Die Corona-Infektionen in der Schweiz steigen weiterhin rasant an. Aktuell verdoppeln sich die Fallzahlen innert Wochenfrist, auch die Hospitalisationen und Todesfälle nehmen zu.

Dennoch hat der Bundesrat die Massnahmen seit zehn Tagen nicht mehr verschärft. Dies wird sich heute ändern. Am Morgen trifft sich die Landesregierung zur Sitzung, am Nachmittag werden die neuesten Beschlüsse in einer Medienkonferenz mitgeteilt. (Wir tickern live).

Bundesrat Alain Berset, links, und Bundespraesidentin Simonetta Sommaruga, waehrend einer ausserordentlichen Medienkonferenz, zu den Corona Massnahmen, am Sonntag, 18. Oktober 2020, im Bundeshaus in B ...
Alain Berset und Simonetta Sommaruga: Heute informiert der Bundesrat über weitere Massnahmen.Bild: keystone

Die Spannung ist gross, denn die Massnahmen, welche der Bundesrat heute beschliesst, werden «sehr wahrscheinlich ziemlich lange dauern müssen», wie Alain Berset am Montag sagte. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass die Regeln, welche heute präsentiert werden, für die kommenden Wintermonate bleiben.

Die geplanten Massnahmen sind in den vergangenen Tagen bereits durchgesickert. Wie es aussieht, wird das öffentliche Leben nicht komplett heruntergefahren, sondern verlangsamt. Welche Beschlüsse sind heute also zu erwarten?

Maskenpflicht

Der wahrscheinlich umstrittenste Punkt der neuen Massnahmen ist die Maskenpflicht im Freien. Wie es im Verordnungsentwurf heisst, der bei den Kantonen in eine Express-Vernehmlassung gegeben wurde, müssen neu alle Personen «im öffentlichen Raum von Siedlungsgebieten» eine Gesichtsmaske tragen.

Zahlreiche Kantone wollen jedoch nichts von einer derart weitreichenden Maskenpflicht wissen. Sie haben mit einer ablehnenden Haltung auf die Express-Vernehmlassung reagiert, wie CH Media am Montag berichtete.

Der Bundesrat scheint nun einzulenken: Die Maskenpflicht im Freien soll aber nicht ganz fallen gelassen, sondern enger definiert werden, wie der Blick am Dienstag schrieb. So soll die Maskenpflicht im Freien nur dann gelten, wenn der Abstand nicht eingehalten werden kann. Denkbar ist etwa, dass auf stark frequentierten Einkaufsstrassen die Maske in den kommenden Monaten zur Pflicht wird.

Menschen mit und ohne Atemschutzmaske bewegen sich im oeffentlichen Raum an der Bahnhofstrasse, aufgenommen am Samstag, 24. Oktober 2020 in Zuerich. KEYSTONE/Ennio Leanza)
Grosser Andrang am Samstagnachmittag an der Zürcher Bahnhofstrasse: Kommt eine Maskenpflicht für Einkaufsmeilen?Bild: keystone

Zudem soll neu auch eine Maskenpflicht in allen öffentlich zugänglichen Innenräumen und Aussenbereichen gelten. Dies betrifft etwa Märkte und Wartebereiche bei Bushaltestellen und Bahnhöfen.

Ausgeweitet wird die Maskenpflicht voraussichtlich auf den Arbeitsplatz. Das heisst: Wer kein Einzelbüro hat, muss eine Maske vor dem Computer tragen. Die Arbeitgeber sollen zudem dafür sorgen, dass die Arbeitnehmenden von zuhause aus arbeiten können.

Grossveranstaltungen

Seit dem 1. Oktober sind in der Schweiz Grossveranstaltungen mit über 1000 Personen unter strengen Sicherheitsvorkehrungen wieder erlaubt. Erste Kantone haben bereits reagiert und diese wieder verboten.

Nach nicht einmal einem Monat dürfte bereits wieder ein landesweites Verbot folgen. Der Bundesrat plant gemäss der Express-Vernehmlassung eine Obergrenze von 50 Personen für öffentliche Veranstaltungen. Das heisst, Fussball- und Eishockeyspiele werden wieder vor leeren Rängen stattfinden. Konsequenzen hat die Limite auch für Konzerte, Theater und weitere kulturelle Aufführungen.

Sicht in die leere Halle im Eishockey Cup Achtelfinalspiel zwischen dem SC Bern und dem HC Davos, am Sonntag, 25. Oktober 2020, in der PostFinance Arena in Bern. (KEYSTONE/Peter Schneider)
Auf unabsehbare Zeit wird es in den Profiligen wieder zu Geisterspielen kommen. Bild: keystone

Das erneute Verbot von Grossveranstaltungen bringt zahlreiche Unternehmen wirtschaftlich stark unter Druck. So forderten am Montag die Hockey-Vereine mit einem offenen Brief «à-fonds-perdu-Beiträge» vom Bundesrat, da ihnen «die finanzielle Basis entzogen» werde. Der Bundesrat muss nun abklären, wie und ob den Betroffenen geholfen wird.

Ausgenommen von der Obergrenze sind übrigens politische Versammlungen der Legislativen auf eidgenössischer, kantonaler und kommunaler Ebene.

Private Veranstaltungen

Noch im Sommer konnten Hochzeiten und Geburtstagsfeiern im fast gewohnten Rahmen stattfinden. Doch es hat sich gezeigt: Zusammenkünfte dieser Art sind eine der Hauptansteckungsquellen. So entwickelte sich etwa eine Trauung im appenzellischen Schwellbrunn zu einem Superspreader-Event.

Nun plant der Bundesrat ein striktes Teilnehmermaximum. An privaten Anlässen sollen ab sofort nur noch bis zu 15 Personen teilnehmen dürfen, heisst es im Vernehmlassungs-Papier. Möglich ist auch, dass diese Zahl tiefer ausfallen könnte und die Obergrenze bei zehn oder fünf Personen festgelegt wird, wie es etwa in Genf, in der Waadt oder im Kanton Jura bereits gehandhabt wird.

Amateursport

Ein Unterbruch der Profiligen im Schweizer Fussball und Eishockey zeichnet sich derzeit nicht ab. Anders sieht die Situation im Amateursport aus: Im Hockey wurde der Betrieb in den unteren Ligen bereits eingestellt, dasselbe gilt im Volleyball. Ganz unterbrochen wurde derweil der Unihockey-Sport. Auch im Amateur-Fussball ruht der Ball bereits in gewissen Kantonen.

Voraussichtlich wird der Bund nun nachziehen. Zulässig sollen nur noch Sportarten ohne Körperkontakt mit maximal 15 Personen sein. In Hallen muss dabei zwingend eine Maske getragen und der Abstand eingehalten werden. Eine Maske braucht es auch im Freien, wenn es zu Körperkontakten kommt.

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Die Maskenpflicht dürfte auch für das Fitnesscenter gelten.Bild: keystone

Ob es Ausnahmen gibt, muss der Bundesrat am Mittwoch klären. Gemäss der Express-Vernehmlassung könnten etwa Fussball-Trainings in Kleingruppen zwar noch stattfinden, aber nur noch mit Maske. Auch in der Tennishalle und im Fitnesscenter würde eine Maskenpflicht gelten.

Gastronomie

Gespannt dürfte man die Medienkonferenz des Bundesrates auch in der Gastrobranche betrachten. Es ist mit weiteren Auflagen zu rechnen. Am Tisch sollen neu maximal nur noch vier Personen sitzen dürfen, heisst es in der Vernehmlassung. Zudem soll zwischen 22 und 6 Uhr eine Sperrstunde eingeführt werden.

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Ein Mann isst in einem Restaurant in Genf: Neu müssen die Restaurants ab 22 Uhr schliessen.Bild: KEYSTONE

Kulturbetrieb

Auch der Kulturbetrieb wird in den kommenden Wochen und Monaten nur noch auf Sparflamme laufen. Proben und Auftritte für nicht-professionelle Sängerinnen und Sänger werden voraussichtlich verboten. Nur noch im professionellen Bereich dürfen Proben und Konzerte mit Schutzkonzept stattfinden. Diskotheken und Tanzlokale werden derweil geschlossen und Tanzveranstaltungen verboten.

Schulen

Im Gegensatz zur ersten Welle im Frühling werden die Schulen nicht geschlossen. In einem am Dienstag veröffentlichten Strategiepapier des Bundes steht: «Vom Verzicht auf Präsenzunterricht (Vollbetrieb) in der obligatorischen Schule und in Sonderschulen ist möglichst lange abzusehen.»

Für Kinder ab der 7. Klasse und Lehrpersonen soll neu eine Maskenpflicht gelten, damit der Präsenzunterricht weiter möglich ist.

An höheren Schulen und an den Universitäten muss der Unterricht gänzlich im Fernunterricht stattfinden.

Risikogebiete

Ebenfalls diskutiert wird die Risikoliste. Aktuell wird ein Land auf die Risikoliste gesetzt, wenn innerhalb von 14 Tagen mehr als 60 Corona-Fälle auf 100'000 Einwohner verzeichnet werden. Rückkehrer aus solchen Ländern müssen dann in Quarantäne.

Diese Regelung wird schon länger kritisiert, da die Schweiz selbst den Richtwert um ein Vielfaches überschreitet. Gut möglich, dass diese Regel angepasst wird. Eine mögliche Lösung wäre gemäss «Blick» eine «CH+60»-Regelung. Ein Land kommt also auf die Risikoliste, wenn deren 14-Tage-Wert pro 100'000 Einwohner um 60 höher liegt als jener der Schweiz.

Coronavirus: So trägst du die Schutzmaske richtig

Video: watson/Emily Engkent
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121 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Sapperlot!
28.10.2020 07:13registriert Januar 2016
Schade musste es soweit kommen. Immerhin haben wir nun den Beweis das Eigenverantwortung bei zu vielen Leuten nicht funktioniert und das COVID-19 ohne Massnahmen innert kürzester Zeit unser medizinisches System lahmlegen kann. Dabei wäre es doch so einfach, traurig.
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Merlin99
28.10.2020 08:12registriert Oktober 2020
Beschliesst bitte endlich HO für jeden Arbeitnehmer wenn gewollt und technish umsetzbar! Niemand trägt gravierende negative konsequenzen davon und es wäre sehr effektiv. Die Empfehlung alleine nützt nichts, wie man jetztgesehen hat.
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Laesse
28.10.2020 07:41registriert Januar 2019
Interessant ist hier der Vergleich zum Frühling. Da haben wir schon bei einigen Hundert Fällen pro Tag alles dicht gemacht, die Armee mobilisiert und gemeinsam auf das abflachen der Kurve hingearbeitet. Jetzt haben wir 10 mal mehr Fälle pro Tag und diskutieren zuerst 2-3 Wochen lang, während die Zahlen munter weiter steigen und machen dann so ein zwei Massnahmen die immer noch nicht so restriktiv sind wie die im Frühling. Für das, dass man jetzt mehr wissen sollte als im Frühling funktionieren die jetzigen Massnahmen ja nicht so super.
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«Erster wirklicher Stresstest für die Schuldenbremse»: Ökonom ordnet drohendes Defizit ein
Beim Bund drohen Defizite von bis zu vier Milliarden Franken. Wie schlimm ist das? Und wie hat man in der Vergangenheit darauf reagiert? Ökonom Thomas M. Studer, der zur Geschichte der Bundesfinanzen seine Dissertation verfasst hat, gibt Auskunft.

Jahrelang schrieb der Bund Überschüsse. Jetzt drohen Defizite in Milliardenhöhe. Verglichen mit früher: Wie schlecht steht es um die Bundesfinanzen?
Thomas M. Studer:
Um das vergleichen zu können, stellt man das Defizit ins Verhältnis zum Bruttoinlandprodukt (BIP). Bei jährlichen strukturellen Defiziten von 2 bis 4 Milliarden Franken, wie sie der Bund erwartet, sind das gemessen am aktuellen BIP rund 0,25 bis 0,5 Prozent. In der Schuldenkrise der 1970er-Jahre waren es bis zu 0,9 Prozent, in den 1990er-Jahren sogar bis 2 Prozent. So schlimm ist es heute noch nicht. Was die Geschichte aber zeigt: Es ist schwierig, aus einer Defizitphase herauszukommen, wenn man mal drin ist.​

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