Der mutmassliche Schweizer Spion, der in Frankfurt am Main in Deutschland wegen Verdachts der geheimdienstlichen Agententätigkeit vor Gericht steht, hat am Donnerstag ein Geständnis abgelegt. Dabei nannte er auch Namen.
Er habe vom NDB 28'000 Euro bekommen, liess der Schweizer über einen Verteidiger vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt mitteilen. Ihm wird zur Last gelegt, im Zusammenhang mit so genannten Steuer-CDs persönliche Daten dreier nordrhein-westfälischer Steuerfahnder beschafft zu haben.
Ausserdem soll er einen «Maulwurf» in der Finanzverwaltung platziert haben. Die deutsche Bundesanwaltschaft konnte die Identität dieser «Quelle» bisher nicht ermitteln. Verteidiger Robert Kain bestritt vergangene Woche beim Auftakt des Prozesses die Existenz dieses «Maulwurfs»: «Es gibt diese Quelle nicht».
Für den Auftrag, einen Maulwurf aufzubauen, wurde dem mutmasslichen Spion gemäss Anklage ein Honorar von 90'000 Euro zugesichert. 60'000 Euro davon seien ausbezahlt worden.
Der Schweizer, ein ehemaliger Polizist, liess mitteilen, dass zwei Teilbeträge von jeweils 30'000 Euro an einen weiteren Kontaktmann auf deutscher Seite weitergeleitet worden seien. Er selbst sei nur ein Mittelsmann gewesen. Er habe zwar auch Geld bekommen, aber «nicht mit krimineller Energie gehandelt».
Seine drei Kontaktleute beim NDB hätten ihn mit der Beschaffung der persönlichen Daten der deutschen Beamten beauftragt, um Festnahmebefehle gegen sie ausstellen zu können.
Später hätten sie ihn wieder kontaktiert, um mithilfe eines Maulwurfs ein «Frühwarnsystem» gegen neue CD-Käufe von deutscher Seite zu installieren. Der Angeklagte bezweifelte jedoch, dass sein deutscher Geschäftspartner je eine «Quelle» aufgetan hatte.
Der deutsche Staatsschutzsenat hatte vergangene Woche zum Auftakt des Prozesses dem Angeklagten eine bedingte Strafe in Aussicht gestellt. Allerdings müsse der ehemalige Polizist und Privatdetektiv ein glaubhaftes Geständnis ablegen, das den Fall umfassend aufkläre.
Auf eine mögliche bedingte Strafe hatten sich zuvor die deutsche Bundesanwaltschaft und die Verteidigung verständigt. Der Senatsvorsitzende Josef Bill sprach am Donnerstag von einem Strafrahmen zwischen einem Jahr und sechs Monaten und höchstens zwei Jahren sowie einer Geldbusse von 40'000 Euro.
Das Gericht hörte am Donnerstag ausserdem einen Kommissar des Bundeskriminalamts als Zeugen an. Dieser sagte, dass es abgesehen von früheren Äusserungen des Schweizers in einem Ermittlungsverfahren gegen ihn in der Schweiz keinen Hinweis auf die Existenz eines Spitzels bei den Steuerfahndern gebe.
Der deutsche Geschäftspartner des Schweizers wird nicht als Zeuge geladen. In einer Woche steht das Plädoyer der Bundesanwaltschaft an, in zwei Wochen will das Gericht sein Urteil verkünden.
Der Schweizer wurde im April in Frankfurt verhaftet. Ihm wird von der Bundesanwaltschaft in Deutschland «geheimdienstliche Agententätigkeit» vorgeworfen. Er soll von Juli 2011 bis Februar 2015 im Auftrag «eines Schweizer Nachrichtendienstes» die Finanzverwaltung von Nordrhein-Westfalen ausspioniert haben.
In der Untersuchungshaft sei ihm klar geworden, «dass sich das alles nicht gelohnt hat», übermittelte der Verteidiger im Prozess die Ansicht des Angeklagten. Sein Mandant bereue es, die Sache falsch eingeschätzt zu haben.
Der NDB äussert sich auf Grund des laufenden Verfahrens nicht zu den Verhandlungen oder zu Namen, wie eine Sprecherin am Donnerstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda sagte.
Die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) des Schweizer Parlaments arbeitet zurzeit an einem Bericht zu dem Fall. Aussagen des Angeklagten in Frankfurt nehme die Delegation zur Kenntnis und analysiere sie, sagte Präsident Alex Kuprecht (SPV/SZ). Die Inspektion sei noch im Gang.
In der Gerichtsverhandlung genannte Namen kommentierte Kuprecht nicht. Ihren Bericht will die GPDel vor der Frühjahrssession den Geschäftsprüfungskommissionen vorlegen. Diese würden über eine Veröffentlichung befinden. An diesem Fahrplan ändere der Prozess in Frankfurt nichts. (sda/dpa/afp)