Diesen Winter ist es noch einmal gut gegangen. Dank sehr mildem Wetter ist die Stromversorgungslage stabil. Das hat den Bundesrat am Freitag zum ersten von zwei energiepolitischen Entscheiden veranlasst: Er setzt die Reduktion der Restwassermengen in bestimmten Stauseen ausser Kraft, einen Monat früher als geplant.
Im Oktober hatte die Regierung den Kraftwerkbetreibern erlaubt, weniger Wasser abzulassen als vorgeschrieben, um mehr Strom produzieren zu können. Doch nun soll wieder mehr Wasser in die Bäche geleitet werden. «Davon profitieren insbesondere Fischarten wie die Äsche und die Nase, welche gewöhnlich in den Monaten März und April ihre Wanderungen zu den Laichgebieten antreten», teilt der Bund mit. Die Fischer freut’s.
Doch langfristig ist das Problem der Winterstromlücke nicht gelöst. Was zum zweiten Entscheid des Bundesrats führt: dem Startschuss für den Solarexpress. Bis 2025 sollen in den Alpen grosse Solaranlagen mit einer jährlichen Gesamtproduktion von 2 Terawattstunden gebaut werden. Dafür wurde das Umweltrecht gelockert, zudem fliessen reichlich Subventionen. So hat es das Parlament entschieden.
Am Freitag hat der Bundesrat in einer Verordnung die Spielregeln dazu festgelegt, sie treten am 1. April in Kraft. Und nun ist klar: Die Schweiz steht vor einem der grössten Wettrennen ihrer Geschichte – das die Bergwelt so stark verändern wird, wie einst der Bau von Staumauern.
Die wichtigste Regel: Wer vom Solarexpress profitieren will, muss schnell sein. Gebaut werden jene Projekte, die zuerst eine rechtskräftige Bewilligung erhalten - bis das Ziel der 2 Terawattstunden erreicht ist.
Es ist also nicht nur für die Projektteams ein Wettlauf gegen die Zeit, sondern auch für die kommunalen, kantonalen und nationalen Bewilligungsbehörden. Mit der Bewilligung ist das Rennen freilich nicht vorbei: Bis Ende 2025 müssen sodann mindestens 10 Prozent der Leistung eines Projekts am Netz sein, danach bleiben 5 Jahre für den Vollausbau. Wer die verpasst, verliert die Solarexpress-Vorteile .
Da für die Solaranlagen eine Mindestproduktion von 10 Gigawattstunden gilt, braucht es maximal 200 Projekte, um 2 Terawattstunden zu erreichen. Vermutlich werden es weniger sein, da manche Projekte grösser geplant sind. Um den Überblick zu behalten, wird das Bundesamt für Energie (BfE) eine öffentliche Liste aller Projekte führen.
Bundesgelder gibt es für die bewilligten Projekte nur für ungedeckte Kosten. Und diese dürfen höchstens 60 Prozent der Gesamtkosten des Projekts ausmachen. Die dafür benötigten Wirtschaftlichkeitsrechnungen basieren auf einem Strompreisszenario des Bundes – das freilich noch nicht vorliegt. Es werde gerade erstellt und mit einem Berechnungstool für Gesuchsteller in der zweiten Aprilhälfte auf der BfE-Website «Einmalvergütung» veröffentlicht, teilt das Amt auf Nachfrage mit.
Das Tempo von Solarexpress ist eine Herausforderung - offensichtlich auch für die Bundesverwaltung. (aargauerzeitung.ch)