Es geht weiter mit dem Plädoyer des Zivilklägers Leimbacher, der die Eltern und den Partner der getöteten Carla S. vertritt.
«Wir haben uns die letzten Stunden viel Grausames, viel Unvorstellbares anhören müssen. Ich erzähle Ihnen jetzt eine Familiengeschichte», beginnt Leimbacher, die Arme vor der Brust verschränkt.
«Es beginnt wie ein Märchen ... », sagt Leimbacher.
Leimbacher erzählt, wie sich Carla. S und ihr Partner kennen und lieben gelernt haben. Und wie die Familien zusammengewachsen waren.
Auf der Grossleinwand im Saal, im Rücken des fünfköpfigen Gerichts, erscheinen Bilder der Familie von Carla S. Wie sie sich zuprosten und in die Kamera lächeln, ein Selfie aus den gemeinsamen Ferien in Paris, vor dem schiefen Turm in Pisa.
«Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute. So enden Märchen. Für das Ende dieser Geschichte muss ich aber auf die Ebene der Realität zurückkehren.»
Jetzt sei das Leben der Eltern von Carla S. zerstört, wegen dieser grausamen und brutalen Tat. Der Vater sei schwerst depressiv und suizidal, sagt Leimbacher. Das wisse er von Gesprächen mit ihm und von Gesprächen mit dessen Arzt.
Die Mutter breche in Tränen aus, wenn er sie begrüsse, so Leimbacher. Infolge des Todes leide sie an schwersten, invalidisierenden Depressionen, trotz verschiedener medikamentöser Therapieversuche habe keine Besserung erzielt werden können.
«Sie verbringen ihre Zeit alleine und einsam in ihrer Wohnung in Rupperswil und verlassen kaum mehr das Haus.»
«Die Frage nach dem Warum ist allgegenwärtig und sie wurde bis heute nicht beantwortet.»
Er habe gestern nicht ansatzweise etwas von Reue gehört, sagt Leimbacher.
Der Bruder von Carla S. leide an einer schwersten posttraumatischen Belastungsstörung.
Und auch der Partner der Getöteten leide immens, so Leimbacher, auch wenn das auf den ersten Blick vielleicht manchmal anders erscheinen mag. Dies sei allerdings der beruflichen Position von Georg M. geschuldet, wo er es gewohnt sei, eine Rolle zu spielen.
Leimbacher erwähnt das Buch, das Georg M., geschrieben hat und das er im Vorabdruck gelesen habe. Georg M. habe damit den richtigen Weg gewählt, sagt der Rechtsanwalt dazu.
Zur Strafzumessung sage er aus prozessualen Gründen nichts. Nur so viel: «Für die Hinterbliebenen muss mit allen Mitteln sichergestellt werden, dass die Öffentlichkeit für immer vom Täter geschützt wird, nicht nur heute, nicht nur morgen.»
Der Täter log und log und log – und er lügt auch heute noch, sagt Leimbacher, das habe die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer vorhin im Detail aufgezeigt und das habe sich auch gezeigt, als Thomas N. gestern erzählte, wie er am Abend nach der Tat mit zwei Kollegen essen gegangen war, als einer der Kollegen sich unter Tränen verabschiedete, weil er eine der vier getöteten Personen gekannt habe. Das könne gar nicht sein, sagt Leimbacher, die Identität der Getöteten sei erst am Tag nach der Tat bekannt geworden.
Ähnliches sei festzustellen bei den Vorbereitungshandlungen, die Thomas N. seitens der Anklage vorgeworfen werden. «Der Angeklagte war auf dem Weg zu einer klassischen Serientäterschaft», sagt Leimbacher.
«Der Beschuldigte ist geradezu ein Meister der Manipulation. Gegenüber Therapeuten, Behörden, gegenüber dem Gefängnis, aber auch gegenüber dem Gericht. Mit anderen Worten gegenüber uns allen.»

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