Schweiz
International

Photoshop bei Werbeplakaten soll deklariert werden

Vorsicht, Photoshop! Wer an Models rumfummelt, soll das deklarieren

Ab Oktober müssen in Frankreich Werbefotos mit dem Hinweis «retuschiert» versehen werden, wenn die Figur des Models am Computer nachbearbeitet wurde. Auch hierzulande werden Stimmen laut, die mehr Transparenz fordern. 
11.08.2017, 05:5614.08.2017, 07:52
Mehr «Schweiz»
Gerade die Modebranche spreche sehr viele Jugendliche an und das dabei oft vermittelte Schönheitsideal sei «einfach nicht erreichbar», sagt Urs Kiener, Kinder- & Jugendpsychologe bei Pro Juve ...
Gerade die Modebranche spreche sehr viele Jugendliche an und das dabei oft vermittelte Schönheitsideal sei «einfach nicht erreichbar», sagt Urs Kiener, Kinder- & Jugendpsychologe bei Pro Juventute.bild: shutterstock

Ein Model wälzt sich im Sand, es hat ein Sixpack, einen grossen Busen, die reinste Haut und keine einzige Falte – weiter unten auf dem Werbeplakat steht: retuschiert. Genau das wird in Frankreich gerade Realität. Ab dem 1. Oktober muss Werbung, bei der die Figur des Models digital bearbeitet wurde, mit «Photographie retouchée» gekennzeichnet werden.

Damit will die Regierung die Verbreitung von unerreichbaren Schönheitsidealen verhindern und der Magersucht bei Jugendlichen vorbeugen.

«Das in der Werbung oft vermittelte Schönheitsideal ist einfach nicht erreichbar.»
Urs Kiener, Kinder- & Jugendpsychologe Pro Juventute

Urs Kiener, Kinder- & Jugendpsychologe bei Pro Juventute, sagt: «Frankreich ist in dieser Hinsicht viel weiter als die Schweiz. Dabei wären solche Massnahmen auch hierzulande extrem wichtig.» 

Gerade die Modebranche spreche sehr viele Jugendliche an und das dabei oft vermittelte Schönheitsideal sei «einfach nicht erreichbar». Darüber müssten die jungen Menschen aufgeklärt werden, so Kiener. «Deshalb ist ein solcher Warnhinweis wie auf Zigarettenpackungen eine super Idee.» 

Kiener hofft nun, dass die Schweizer Politik die Entwicklungen rund um das neue Gesetz in Frankreich genau beobachtet. «Und wenn sich die Massnahme bewährt, auch in der Schweiz eine ähnliche Regelung veranlasst.» 

«Ich stelle mir eine Art Ampelsystem vor: Rot hiesse, das Foto wurde retuschiert, grün, dass das Bild nicht bearbeitet wurde.»
SP-Nationalrätin Yvonne Feri

Offen für eine solche Regelung zeigt sich SP-Nationalrätin Yvonne Feri: «Auch hierzulande braucht es endlich ein System, das den Druck nach dem perfekten Körper wirksam bekämpft.» Das Gesetz in Frankreich hält sie für vorbildlich, würde es für die Schweiz jedoch ergänzen: «Ich stelle mir eine Art Ampelsystem vor: Rot hiesse, das Foto wurde retuschiert, grün, dass das Bild nicht bearbeitet wurde.»

Das sind die grössten Photoshop-Fails unserer Instagram-Sternchen

1 / 37
Das sind die grössten Photoshop-Fails unserer Instagram-Sternchen
Photoshop ermöglicht es, unsere kleinen Makel weg zu mogeln. Die Versuchung, dabei ein bisschen über die Stränge zu schlagen, ist ziemlich gross. Diese Bilder zeigen, dass auch Promis nicht vollkommen sind, ihre Körper mit Photoshop retuschieren und dabei ... naja, manchmal ein bisschen übertrieben. So wie zum Beispiel Kim Kardashians auf diesem Bild. Bei aller Retusche hat sie wohl gar nicht gemerkt, dass sie ein bisschen zu viel an ihren Armen gebastelt hat ...
bild: instagram/kimkardashian
... Mehr lesen
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Wichtig sei, dass auch Marken, die ihre Fotos nicht nachbearbeiten, in den Fokus gestellt werden. So wäre auch eine Art Gütesiegel eine Möglichkeit, sagt die Politikerin. Mit diesem sollten Werbebilder von Marken ausgezeichnet werden, die die Fotos der Models nicht retuschieren.

Feri überlegt sich nun, den Bundesrat aufzufordern, die Massnahmen der Nachbarländer in diesem Bereich unter die Lupe zu nehmen und zu überprüfen, ob sich diese auch für die Schweiz eignen würden. 

«Hinter einer Krankheit wie Magersucht stecken tiefgründigere Ursachen als Photoshop-Retouchen.»
FDP-Nationalrätin Christa Markwalder

Anderer Meinung ist FDP-Nationalrätin Christa Markwalder. Eine Vorschrift werde das Problem von Magersucht und Essstörungen nicht lösen, sagt sie. «Natürlich ist es problematisch, wenn sich junge Frauen nur an Künstlichem orientieren. Doch hinter einer Krankheit wie Magersucht stecken tiefgründigere Ursachen als Photoshop-Retouchen.» Werber und Unternehmen sollen ihre Verantwortung wahrnehmen, damit nicht immer neue Vorschriften gefordert werden.

Auf jegliche Bildbearbeitung verzichtet seit kurzem das spanische Mode-Unternehmen Desigual. Es schaltete diesen Sommer seine erste Bademoden-Kampagne ohne Photoshop auf. Auch der Online-Shop Asos hat bei der diesjährigen Bikini-Kollektion seiner Eigenmarke auf Bildbearbeitungsprogramme verzichtet. Auf den Bildern sieht man die Dehnungsstreifen und Akne-Narben der Models. 

Bier-Reklame wirbt für Toleranz und Offenheit

Video: Angelina Graf

5 erfolgreiche Plus-Size-Models aus den USA

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
66 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Kaspar Floigen
11.08.2017 07:25registriert Mai 2015
Make Up Experten wird es freuen. Die sind nun nämlich diejenigen am denen es liegt zu liefern. Weniger perfekte Bilder wird es dadurch nicht geben.
341
Melden
Zum Kommentar
avatar
rodman
11.08.2017 08:07registriert Juli 2015
Müssen jetzt Werbungen mit Handys ohne Fettflecken und Kratzern auch mit "Photographie retouchée" gekennzeichnet werden? Oder Autos, die durch menschenleere Städte fahren? Oder die Werbung eine Deo-Herstellers, bei deren Anwendung angeblich alle Frauen zufliegen?

Analog den Raucherbildli bin ich mir nicht sicher, ob das wirklich auch nur ansatzweise etwas hilft. Ich stell mir schon die 1000-seitige Bundesverordnung vor, die festlegt, was deklarationspflichtig ist und was nicht (Licht? rote Augen? Pickel oder Bartstoppel Offensichtliche Spassphotoshop-Bearbeitungen? Bewegte Bilder etc...)
3812
Melden
Zum Kommentar
avatar
Zeit_Genosse
11.08.2017 09:14registriert Februar 2014
Fasse zusammen:
- Druck auf Models wirklich so mager auszusehen steigt.
- Es wird analog retouchiert am Fotoset (Make-Up, usw.).
- Die Zielgruppe weiss, dass die Bilder fake sind.
- Die Zielgruppe faked selbst auf Sozialen Medien.
- Deklaration ist nicht umsetzbar (Gesetzmonster nötig).
- International nicht durchsetzbar (Zensur des Internet?)
- Magersucht kommt nicht nur von Werbung.
- Das ist eine Politiker-Profilierungs-Aktion.
- Medien steigen auf das Thema auf - clickbait.
- Die Wahrnehmung von Werbung wird überschätzt.
- Die Eltern, Freunde sind in der Pflicht bei Magersucht.
304
Melden
Zum Kommentar
66
Velotouren für Geniesser: Wenig Höhenmeter, super Aussichten
Die Schweiz ist zwar das Land der Berge. Für Velofahrer bedeutet dies meist: Es geht immer wieder hinauf und du musst kräftig in die Pedale treten. Doch das gilt nicht überall. Wir haben dir hier Velostrecken für Geniesser zusammengestellt, bei denen die Höhenmeter eher runterführen.

Der Frühling lockt und bald schon können wir das Velo wieder aus dem Keller nehmen. Doch das Velofieber packt nicht nur alte Hasen, auch Newbies schwingen sich gerne aufs Velo. Für diese hatte Kollege Ralf Meile hier mal 20 goldene Ratschläge zusammengestellt. Wenn du diese beherzigst, kannst du dich auf folgende Touren freuen.

Zur Story