Im November 2024 hatte sich SVP-Bundesrat Albert Rösti für Donald Trump als US-Präsidenten ausgesprochen. Sein Wunsch ging in Erfüllung. Als watson ihn am Sechseläuten fragte, ob er seine Meinung inzwischen geändert hat, krebste Rösti zurück.
Wie sieht es bei anderen Parlamentarierinnen und Parlamentariern aus? watson hat nachgefragt.
Überrascht, wie die ersten 100 Tage von Trumps Amtszeit abgelaufen sind, ist SP-Nationalrat Fabian Molina nicht. Trotzdem sagt der Aussenpolitiker:
Vom Bundesrat ist Molina enttäuscht. Aus seiner Sicht wird die Schweiz mit bilateralen Gesprächen nichts ausrichten können, ausser weiterhin in der Abhängigkeit von Trumps Goodwill zu stehen. Er wünscht sich, dass Europa – und damit auch die Schweiz – zusammenhält und gemeinsam Gegenmassnahmen gegen Trumps Zölle ergreift. «Diese sind erlaubt gegen ein Land, das sich nicht an die Gesetze der Welthandelsorganisation (WTO) hält.»
Am meisten Sorgen bereitet Molina der Abbau der Demokratie in den USA. «Die Gewaltenteilung funktioniert in den USA nicht mehr.» In Gesprächen mit US-Politikerinnen und -Politikern hat der Vizepräsident der parlamentarischen Freundschaftsgruppe Schweiz-USA herausgehört, es gebe viele Republikanerinnen und Republikaner, die gegen Trumps Politik seien. Aber:
Viel enttäuschter als von den Republikanern ist Molina jedoch von den Demokraten: «Die eine Hälfte setzt sich extrem gegen Trump ein. Besonders im linken Flügel. Die andere Hälfte schaut zu und wartet. Hofft, dass Trump sich selbst abschafft und die Wählerinnen und Wähler zu ihnen zurück krebsen.» Letztere Strategie schätzt Molina als brandgefährlich ein. Vor allem im Hinblick darauf, was in der restlichen Amtszeit Trumps noch auf die Welt zukommen könnte.
Ein ähnliches Fazit wie Fabian Molina zieht auch die Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter: «Es ist erstaunlich, mit welchem Tempo Trump die Welt und die Wirtschaft ins Chaos stürzt.» Der Schaden, den Trump bisher angerichtet habe, habe langfristige Konsequenzen: «Es herrscht Unsicherheit und Instabilität. Auf das Wort der USA ist kein Verlass mehr.»
Schneider-Schneiter ist sich sicher, dass sie nicht die einzige Parlamentarierin war, die angesichts der Heftigkeit der von Trump verhängten Zölle schockiert gewesen war:
Für den Bundesrat sei die jetzige Ausgangslage sehr komplex. Doch er würde aus ihrer Sicht die richtige Strategie fahren: mit allen den Dialog suchen – USA, EU und China. Etwas anderes bleibe der Schweiz als kleines Land nicht übrig:
Immerhin eine positive Entwicklung konnte Schneider-Schneiter in den letzten 100 Tagen beobachten: Das Verhältnis der Schweiz zur EU sei wichtiger geworden. «Umso wichtiger ist es, dass die Verträge mit der EU nun rasch in den demokratischen Prozess finden.»
Weniger positiv sieht Schneider-Schneiter die Tatsache, dass viele andere aussenpolitische Themen in den letzten 100 Tagen in den Hintergrund gerückt seien. Sie sagt: «Trump dominiert alles.»
Die schlimmste Erinnerung der letzten 100 Tage ist für Aussenpolitikerin Corina Gredig die Szene im Weissen Haus im Februar. Als Trump den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor versammelten Medien erniedrigte und als Täter darstellte. Gredig sagt, sie sei erschüttert gewesen, als sie diese Bilder gesehen habe:
Aus Gredigs Sicht gibt es viele Hinweise darauf, dass wir gerade das Ende der US-amerikanischen Demokratie beobachten können: «Wenn ein Präsident dem Chef der Notenbank mit Entlassung droht, weil dieser eine andere Einschätzung der Wirtschaftslage vertritt, ist das ein Alarmsignal.» Das politische Klima im Land sei angespannt. Zentrale demokratische Institutionen seien in den letzten 100 Tagen unter Druck geraten. Etwa unabhängige Gerichte, freie Medien und akademische Einrichtungen.
Nichtsdestotrotz ist sie dafür, dass der Bundesrat in Bezug auf die Zölle das Gespräch mit den USA sucht. «Als kleines Land voller KMUs sitzen wir am kürzeren Hebel.» Die Frage sei nur, wie die Schweiz noch argumentieren wolle. Die Zölle gegenüber den USA seien schon sehr tief. Und Schweizer Unternehmen investierten bereits in die USA. Gredig sagt:
Als Alternative eine Charmeoffensive zu starten, lehnt Gredig jedoch entschieden ab. Sie sagt: «Ich erwarte von unserer Regierung, dass sie standhaft bleibt und keine Zugeständnisse macht, die der Schweiz schaden.» Die Schweiz solle sich klar zu Freihandel und liberalen Werten bekennen und betonen, was die Schweiz bereits mache, wovon auch die USA profitierten.
Der Berner SVP-Ständerat Werner Salzmann findet eine Trump-Bilanz nach 100 Tagen überflüssig. Er sagt: «Biden hat auch Dinge gemacht, die der Schweiz geschadet haben.» Als Beispiel nennt er die OECD-Mindeststeuer, die 140 Länder beschlossen hatten – darunter auch die Schweiz. Die USA unter Biden hätten sich jedoch nicht daran gehalten. «Das hat der Schweiz fast genauso geschadet wie Trumps Zölle», sagt Salzmann.
Tatsächlich hatte Biden Vorbehalte gegenüber dem OECD-Mindeststeuer-Deal geäussert. Den Ausstieg hat jedoch Donald Trump bei Amtsantritt verkündet.
Bei weiterem Nachhaken sagt Salzmann:
Mit Trumps Zollpolitik ist Salzmann nicht einverstanden. Aber: «Ich bin guter Hoffnung, dass der Bundesrat mit seinen Gesprächen diesen Konflikt aus der Welt schaffen kann.» Falls dem Bundesrat dies nicht gelinge, setze er auf die Demokratie in den USA. «Am meisten unter Trumps Wirtschaftspolitik leidet seine eigene Bevölkerung. Ich bin mir sicher, dass sie ihn bei den Zwischenwahlen 2026 abstrafen wird, wenn er die Zölle nicht abschafft.»
Mit anderen politischen Entscheidungen Trumps ist Salzmann hingegen einverstanden: «Ich bin auch kein Fan von Wokeness und Genderpolitik.» Und in der Migrationspolitik sei er so wie Trump der Auffassung, dass gegen illegale Einwanderung strikt vorgegangen werden müsse.
Während des US-Präsidentschaftswahlkampfs hatten sich zahlreiche von Salzmanns Parteikollegen für einen Sieg von Donald Trump ausgesprochen. Er selbst reagiert heute auf diese Nachfrage ausweichend: «Bei den Wahlen in den USA liegen mir die Republikaner als bürgerliche Partei natürlich immer näher als die Demokraten.»
Ob Trump der richtige Kandidat für die Republikaner war, sei nicht an ihm zu beurteilen. Das Volk habe ihn demokratisch gewählt. Das müsse die Schweiz akzeptieren. Eines müsse man Trump zudem lassen:
Donald Trump hatte im Wahlkampf auch versprochen, für Frieden in der Ukraine zu sorgen. Und zwar noch an seinem ersten Amtstag. Passiert ist das bekanntlich nicht. Stattdessen war seine Amtszeit, so bilanziert Grünen-Nationalrätin Irène Kälin:
Auch sie hat für die Szene im Weissen Haus im Februar kein Verständnis. Im März 2022 ist sie als Nationalratspräsidentin nach Kiew gereist und hat sich ein Bild von den Angriffen Russlands gemacht. Die Zerstörung mit eigenen Augen gesehen. Mit den Menschen vor Ort gesprochen. Für Kälin ist deshalb klar: «Was Trump macht, ist ein Verrat an der Ukraine.»
Als «unguided missile» beschreibt Kälin Trump. Eine unkontrollierte Waffe. Er mache die Ukraine zum Täter, versuche Kapital aus dem Krieg zu schlagen, einen einseitigen Frieden nach den Interessen Russlands herbeizuführen. «Wenn das geschehen würde, wäre es das Ende der demokratischen Welt.» Dann wäre für alle klar: Ein Aggressor wird belohnt. Kälin sagt:
Nicht nur würde Trump mit seiner Zollpolitik der gesamten Weltwirtschaft schaden. Die USA befänden sich auch auf dem besten Weg in eine Autokratie. «Und zahlreiche Rechtspopulisten auf der Welt schauen zu und lernen.»
Kälin hat zwar noch Hoffnung, dass die Gerichte und die Demokraten Trump Einhalt gebieten. Dennoch stellt sie fest: «Trump hat in kurzer Zeit bereits viel Schaden angerichtet. Das Ausmass werden wir wahrscheinlich erst mit der Zeit begreifen.» Etwa in Bezug auf zahlreiche humanitäre Hilfsprogramme, welche die USA eingestellt haben, die Kürzungen in Forschung, die Einflussnahme auf Universitäten, die Menschenrechtsverletzungen durch Deportationen.
Dass vergangene Woche Bundesrätin Karin Keller-Sutter und Bundesrat Guy Parmelin zu diplomatischen Gesprächen in die USA gereist sind, stösst Kälin deshalb sauer auf:
Zur EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen seien etwa noch nie zwei Bundesräte gereist. Der Bundesrat glaube noch immer, mit Logik etwas bei Trump bewirken zu können. Doch das sei ein Irrtum. «Es ist zu befürchten, dass der Rest seiner Amtszeit genauso von Unsicherheit und Schnelllebigkeit geprägt sein wird.»
Anfragen bei FDP-Politikerinnen und -Politikern der aussenpolitischen Kommission blieben bis Redaktionsschluss leider unbeantwortet.
Die Welt steht am Abgrund, geschätzter Werner und Dir fällt nichts Besseres ein, als zu sagen, dass Biden imfall auch ganz schlecht war? Tut mir leid, das ist dermassen lächerlich. Trump legt alles in Schutt und Asche und Du gibst immer noch Rückendeckung.
Naja, denn halt.
"Viel enttäuschter als von den Republikanern ist Molina jedoch von den Demokraten: «Die eine Hälfte setzt sich extrem gegen Trump ein. Besonders im linken Flügel. Die andere Hälfte schaut zu und wartet. Hofft, dass Trump sich selbst abschafft und die Wählerinnen und Wähler zu ihnen zurück krebsen."
Leider wieder einmal unterirdisch der SVP Mann, der alles Schandtaten von Trump relativiert, indem er gegen Biden schliiesst.