Nach der Wahl von Donald Trump bat ich drei meiner Facebook-Freunde aus Amerika (welche mit mir den Nachnamen teilen), ihre Hoffnungen und Befürchtungen für die kommende Amtszeit für uns niederzuschreiben. Darunter befand sich Trump-Befürworter Hans Toggweiler.
Heute, nach knapp 100 Tagen, zieht Hans im Interview eine erste Bilanz, erklärt, weshalb er immer noch hinter Trump steht, aber auch, was ihm Kopfschmerzen bereitet.
Im Wahlkampf unterstützten Sie Trump. Können Sie auch heute noch immer hinter ihm stehen?
Hans Toggweiler: Ja.
Weshalb?
Weil er im Grossen und Ganzen versucht, seine Wahlkampfagenda umzusetzen – trotz der ausgewachsenen Bemühungen der Demokraten, seine Kandidaten fürs Kabinett zu verhindern. Ausserdem bin ich überzeugt, dass er auf gutem Weg ist, die USA nach acht Jahren mit Obamas verfehlter Politik von «leading from behind» wieder zur Weltmacht Nr. 1 zu machen. Und das Verbrauchervertrauen ist auf einem Zehnjahreshoch. Darüber berichten die amerikanischen Medien aber nicht gebührend.
Sie machen die Demokraten als eine der Ursachen des Übels aus. Bei der Gesundheitsreform waren es aber Unstimmigkeiten innerhalb der Republikanischen Partei, welche sie zur Strecke brachten.
So ist es. Das war für mich eine der ersten Enttäuschungen.
Was dachten Sie, als das umstrittene Einreiseverbot kam?
Ich bin selber Einwanderer. Legaler Einwanderer. Deshalb verurteile ich per se sämtliche Einreiseverbote, bin aber der Meinung, dass Backgroundchecks unbedingt im Gesetz verankert und durchgeführt werden müssen.
Und was macht Sie glauben, dass Trump die USA wieder zu altem Glanz führen wird?
Wie die jüngste Vergangenheit gezeigt hat, haben klassische politische Strategien in der letzten Zeit versagt. Trump geht einen anderen Weg. Er wendet Tricks und Verhandlungsstrategien aus der Geschäftswelt an und hat damit Erfolg. Als Beispiele möchte ich die schnelle und gerechtfertigte Reaktion in Syrien erwähnen. Und wie er sich die chinesische «Unterstützung» gegen Nordkorea sicherte.
Man könnte aber auch argumentieren, dass Trumps Taktik konfus ist. Er ändert ständig seine Meinung.
Meinungsänderungen sind Dinge, die das Leben mit sich bringt, wenn sich die Situation ändert. Wir befinden uns nicht mehr im Wahlkampfmodus ...
Was ist mit den Lügen ... den «Alternativen Fakten»?
Das ist ein Problem, das er und seine Leute in den Griff kriegen müssen. Frau Conway ist eine (fabelhafte) Marketing-Strategin, hat aber in einer Regierung nichts zu suchen. Man muss aber auch anerkennen, dass die Massenmedien oftmals unfair berichten und sich im Negativen festbeissen, statt auch mal Positives zu berichten.
Was halten Sie von der Untersuchung hinsichtlich Trumps Russland-Verbindungen?
Absolut nichts. Oder wie es auf Deutsch so schön heisst: Es ist ein Sturm im Wasserglas.
Trumps Sicherheitsberater Flynn musste deswegen den Hut nehmen ...
Ausschlaggebend waren weniger seine Russland-Verbindungen, vielmehr, dass er sich gegenüber dem Vizepräsidenten nicht präzis genug ausdrückte.
Gab es Momente, die Sie an der Regierung Trump zweifeln liessen?
Natürlich. Vor allem hinsichtlich des «draining the swamp», der Trockenlegung des Politsumpfes. Das war für mich eine der Enttäuschungen.
Sie teilen offensichtlich einige von Trumps politischen Ansichten. Was aber ist mit seiner Persönlichkeit? Mögen Sie die Tweets, die Lügen und die Angeberei? Die falschen Versprechen? Dass er ständig Golf spielt, was er Obama damals noch ankreidete?
Ich mag die Tweets. Sie erlauben eine direkte und schnörkellose Kommunikation. Das ist in Zeiten von Fake News einfach nötig. Die konstante Angeberei und seine Auftritte mag ich nicht, glaube aber, in letzter Zeit eine Verbesserung festgestellt zu haben. Vermutlich hört er jetzt auf seine Berater. Dass er ständig Golf spielt, wird hochgejubelt. Er benutzt sein Ressort in Florida hauptsächlich dafür, um ausländische Staatsmänner zu empfangen. Was die Steuererklärung anbelangt: Diese interessiert mich tatsächlich nicht. Sie wird Jahr für Jahr von Fachpersonen geprüft und ich hoffe doch, dass Trump bei den Abzügen – wie wir alle – sämtliche legalen Register gezogen hat. Tatsächlich ist Trumps Art aber auch für mich manchmal nur schwer verdaulich.
Zurück zu den «Fake News». Trump ist selbst Meister darin. Und verbreitet sie dann per Tweet wie zum Beispiel mit den Vorwürfen gegen Obama wegen der Verwanzung ...
Ja. Das war sehr unglücklich und unpräzis. Mittlerweile weiss man aber, dass tatsächlich ein Teil seiner Leute abgehört wurde. Die Identität dieser Leute wurde später unrechtmässig offengelegt und ausserdem ausgewählten Medien zugespielt. Noch ein Kommentar zur Berichterstattung: Oftmals ist diese zwar nicht «fake», aber einfach unvollständig und einseitig. Negative Nachrichten kommen auf die Front, Positives wird entweder verschwiegen oder irgendwo auf Seite 17 versenkt. Schauen Sie doch nur mal die Berichterstattung von watson an – ich lese euch übrigens täglich. Ich habe nicht nachgezählt, aber ich schätze, 90 Prozent davon war negativ.
Geben Sie mir die Good News!
Also: Das Konsumentenvertrauen, die Börse, die neuen Jobs, der Versuch einer besseren Gesundheitsreform, die Steuerreform, der starke Einfluss in internationalen Angelegenheiten ...
Das Wirtschaftswachstum betrug im ersten Quartal gerade Mal 0,5 Prozent. Versprochen waren aufs ganze Jahr vier Prozent.
Richtig. Aber bleiben wir fair. Trump ist gerade Mal 3 Monate im Amt. Wenn wir das Gesundheitssystem und die Steuersätze nicht erneuern, dann schaffen wir nicht einmal zwei Prozent.
Zwei letzte Fragen: Wo klassiert sich Trump im Vergleich zu seinen konservativen Vorgängern Bush Junior, Bush Senior und Reagan?
Bei heutigem Stand würde ich ihn an letzter Stelle sehen. Reagan ist meine klare Nummer 1. Es wäre interessant, die Frage zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal zu beantworten.
Wenn Sie Ihre Unterstützung in Prozent ausdrücken müssten, wie sähe das vor den Wahlen und zum heutigen Zeitpunkt aus?
Am 20. Januar war meine Unterstützung 85 Prozent. Jetzt beträgt sie vielleicht noch 75 Prozent. Man darf aber nicht vergessen: Trump hatte noch nicht einmal 4 Prozent der Amtszeit von Obama.