Die Pflicht zum Schwimmunterricht sei kein Eingriff in die Religionsfreiheit, befand der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am Dienstag. Der muslimische Vater, der seine beiden Töchter in einer Basler Schule nicht zum Schwimmen schicken wollte, muss deshalb die Bussen bezahlen, die ihm die Schule auferlegt hatte.
Der Fall reicht zurück ins Jahr 2008: Der Vater hielt die beiden Mädchen, damals noch im Primarschulalter, vom Schwimmunterricht fern. Gespräche mit den Eltern fruchteten nicht. Auch dass die Schule den Mädchen das Tragen von Burkinis erlaubte, stimmte die Eltern nicht um.
Das Erziehungsdepartement des Kantons Basel-Stadt büsste die Eltern daraufhin jährlich mit insgesamt 1400 Franken. Das Appellationsgericht wies den Rekurs der Eltern ab, als diese 2012 die Beschwerde ans Bundesgericht weiterzogen, verloren sie auch vor der letzten Instanz.
Die Erziehungsdirektion zeigte sich am Dienstag erfreut über den Entscheid aus Strassburg. Man gehe mit grösster Sorgfalt auf Schüler aus allen Religionsgemeinschaften ein und bemühe sich um die Integration, ohne Regeln ausser Acht zu lassen, sagte Erziehungsdirektor Christoph Eymann auf Anfrage.
«Diese Haltung hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bestätigt und positiv gewürdigt – auch dass wir den Mädchen das Tragen eines Burkinis erlaubt hätten», fügt Eymann an. Es seien weniger als zehn Kinder aus zwei, drei Klassen, für die ein Schwimmunterricht-Dispens aus Sicht der Eltern in Frage käme. Eymann: «Doch diese halten die Regeln ein. Das hier war ein absoluter Einzelfall.»
Auch Doris Angst, ehemalige Geschäftsführerin der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus EKR und Vorstandsmitglied von Schutzfaktor M, begrüsst den Entscheid. Dieser stütze die Schweizer Gerichtspraxis, für die das Bundesgericht 2008 den Grundstein gelegt hatte.
Damals habe das Bundesgericht entschieden, dass die soziale Integration von Kindern, jungen Mädchen und Buben einen «kleineren Eingriff in die Beachtung religiöser Gebote» erlaube. Religionsfreiheit sei ein hohes Gut. «Ich persönlich finde es aber richtig, dieses in einem geringen Masse einzuschränken, damit Kinder an möglichst allem teilnehmen können, was unsere Gesellschaft bietet», sagt Angst.
Die Kantone hätten in der heutigen Praxis zudem weiterhin einen Ermessensspielraum. «Wichtig ist das Gebot der Gleichbehandlung solcher Gesuche», fügt Angst an, «von welcher religiösen Gruppierung oder Glaubensgemeinschaft sie auch kommen.»