Vor dem Bezirksgericht Baden haben Anklage und Verteidigung am Dienstag ihre Sicht des Tötungsdelikts vom September 2014 in Fislisbach AG dargelegt. Die Anklage stufte die Tat als Mord ein, die Verteidigung plädierte auf Totschlag.
Das Urteil wurde am Abend eröffnet. Das Gericht entschied auf Mord und sprach von einer skrupellosen Tat.
Am Vormittag des 25. Septembers 2014 trafen sich im Dorfzentrum von Fislisbach der heute 37-jährige Albaner und seine 26-jährige Landsfrau, mit der er einige Jahre lang eine Beziehung gehabt hatte.
Nach einer längeren Diskussion in einem Café und im Freien schlug der Beschuldigte der Frau mit der Faust ins Gesicht. Dann zückte er ein Messer und stach rund 50 Mal auf die Frau ein. Sie starb noch am Tatort.
Belegt ist auch: Der Mann war am Tag zuvor aus Albanien in die Schweiz eingereist, die er einige Monate zuvor verlassen hatte. Er mietete sich in einem Hotelzimmer ein, kaufte mehrere Messer, darunter die Tatwaffe, und verfasste ein vierseitiges Schriftstück über seine Gefühle und Gedanken. Mit einem Taxi fuhr er anderntags nach Fislisbach, wo die Frau arbeitete, und wartete, bis er sie kam.
Alles weitere wird von Anklage und Verteidigung unterschiedlich dargestellt. Beide berufen sich auf entsprechende Aktenstellen. Für die Anklage ist klar, dass der Mann schon kurz nach seiner Ausreise aus der Schweiz wusste, dass die Frau sich von ihm getrennt hatte. Aus einem Machtanspruch heraus habe er die Tat vorbereitet und «kaltblütig, brutal und in aller Konsequenz» durchgeführt.
Selten habe man eine so klare Beweislage, sagte der Ankläger. Der Beschuldigte habe selbst in dem von ihm verfassten Schriftstück die Tat angekündigt und das eigentliche Bekennerschreiben am Tatort liegen gelassen.
Es handle sich um Mord, allenfalls um vorsätzliche Tötung, sagte der Staatsanwalt. Angemessen sei auf jeden Fall eine Freiheitsstrafe von 14 Jahren. Die Qualifikation hat Einfluss auf das Strafmass: Die Mindeststrafe für Mord, bei dem eine besondere Skrupellosigkeit gegeben sein muss, liegt bei 10 Jahren, für vorsätzliche Tötung bei 5 Jahren.
Dem schloss sich der Privatkläger an. Für den Lieblingsbruder des Opfers forderte er eine Genugtuung von 20'000 Franken, was die Verteidigung umgehend als überrissen zurückwies.
Die Verteidigerin betonte wiederholt, die Familie der Frau habe die Beziehung abgelehnt und torpediert. Die Tat sei nicht geplant gewesen, von besonderer Skrupellosigkeit könne keine Rede sein. Ihr Mandant sei in die Schweiz gereist um «seine grosse Liebe zu sehen», ohne die er nicht mehr leben konnte.
Erst im Laufe des Gesprächs sei er in einen emotionalen Ausnahmezustand geraten. Als sie auf seinen Verdacht hin, sie habe eine Affäre, «provokativ gelacht» habe, sei er ausgerastet. Es handle sich klar um Totschlag, wofür das Strafgesetzbuch eine Mindeststrafe von einem Jahr vorsieht. Maximal fünf Jahre seien angemessen, sagte die Verteidigerin.
In seinem Schlusswort versicherte der Beschuldigte, wie leid ihm alles tue. Er wünschte, er könnte die Zeit zurückdrehen. Mit einer ambulanten Therapie, wie die psychiatrische Gutachterin sie empfiehlt, ist der Mann einverstanden.
Das Gericht liess sich davon nicht beeindrucken und verurteilte den Mann wegen Mordes. Die Verteidigerin will zuerst die schriftliche Begründung abwarten und dann entscheiden, ob sie das Urteil weiterziehen, wie sie gegenüber Tele M1 sagte.
(aargauerzeitung.ch)