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Wer den Islamischen Zentralrat (IZRS) kennt, der weiss, dass dessen Präsident nicht als Aprilscherz mit drei bis vier Bodyguards aufkreuzt, sondern das immer tut. Gestern war das nicht ganz unangebracht. Im Vorfeld der «Arena» zum Thema «Angst vor dem Islam» sind wegen des Aufgebots von IZRS-Präsident Nicolas Blancho Drohungen im Leutschenbach eingegangen, der Eingang zum Studiotrakt wurde folglich von einem Sicherheitsmann bewacht.
Drinnen im Studio stritt Blancho derweil unter Aufsicht von Experte Hugo Stamm und Moderator Jonas Projer mit Jasmin El-Sonbati, der Präsidentin des Forums für einen fortschrittlichen Islam, dem Imam von Schlieren und mit Montassar Benmrad, dem Präsidenten der Föderation islamischer Dachorganisationen (Fids), also der gemässigten Muslim-Verbände.
Das eigentliche Thema der Sendung, nämlich, ob man vor dem Islam in der Schweiz Angst haben muss, hakten die Protagonisten relativ rasch ab. Die etwas naive Frage eines Zuschauers, ob er bald von Muslimen getötet werde, weil ja im Koran stehe, dass man die Ungläubigen töten solle, wo man sie antreffe, verneinten alle. Das sei Kriegsrecht im Koran und habe in einer fortschrittlichen Interpretation der Schrift nichts zu suchen.
Zu diesem Zeitpunkt gerieten sich die beiden Radikalen in der Runde – Blancho und Stamm – ein erstes Mal in die Haare. Stamm verlangte die generelle Distanzierung aller anständigen Muslime von solchen Passagen und Blancho verweigerte diese wie schon früher bei «Schawinski». Dieses Mal mit folgender Begründung: «Weil diese Distanzierungskonzepte den ‹IS› nicht von seinen Taten abhalten, sondern er sie im Gegenteil für seine Propaganda nutzt.»
Die Frage, die Projer zu Handen des Erkenntnisgewinnes des geneigten Gebührenzahlers beantwortet haben wollte, nämlich ob der Islam und damit Muslime gewaltaffiner seien als andere Religionen und ihre Angehörigen, beantwortete Blancho nach einiger Zeit uneloquenten Herumgeeierens der anderen Diskussionsteilnehmer abschliessend und völlig zu Recht mit Nein. Nicht der Islam an sich ziehe Gewalttäter an, sondern diejenigen Akteure, die ihre Ziele mit Gewalt durchsetzen wollten und den Koran geschickt als Rechtfertigungs- und Rekrutierungsgrundlage einsetzten.
Somit war auch gleich die Frage beantwortet, ob man in der Schweiz Angst vor islamistischen Extremisten haben müsse, denn solche Akteure gibt es hierzulande nicht, und auch Blancho blieb lammfromm, obwohl watson-Blogger Hugo Stamm nichts unversucht liess, Blancho aus der Reserve zu locken. Spätestens bei dessen – nett ausgedrückt – grob verallgemeinernden Feststellung, dass sich unsere westlichen Gesellschaften kultiviert und zivilisiert hätten, die arabischen Gesellschaften in der geistigen Entwicklung aber stehengeblieben seien, hätte Blancho ein wenig sauer werden müssen. Tat er aber nicht.
Routiniert wehrte er die Angriffe von allen Seiten ab und wiederholte mantraartig seine Kernbotschaft: Die westliche Gesellschaft im Allgemeinen und die Schweizer Politik im Besonderen marginalisierten die Muslime und das führe zur Radikalisierung, nicht der Islam, der Koran oder irgendwelche Moscheen.
Eine schlechte Fall machte hingegen Fids-Präsident Montassar Benmrad. Eine Zuschauerin, pensionierte Lehrerin, empörte sich darüber, dass es an einer Schweizer Schule Fälle gebe, in denen ein Rechtsgutachten habe erstellt werden müssen, weil muslimische Buben sich weigerten, Lehrerinnen die Hand zu geben. Benmrad, der Nachfolger von Integrationsfigur Hisham Maizar an der Spitze der gemässigten Muslim-Vereine, wich der deutlichen Frage Projers, ob er die Händeschüttel-Weigerung richtig finde, aus. «Ja und Nein», sagte Benmrad dazu, ob in der Schule die Religionsfreiheit oder die laizistisch-rechtstaatlichen Prinzipien höher zu gewichten seien. Erst auf Nachfrage Projers gab Benmrad eine vage Antwort, scheute aber im Gegensatz zum Schlieremer Imam Sakib Halilovic ein klares Bekenntnis zum Schweizer Rechtsstaat.
Damit stand plötzlich der Präsident der gemässigten Schweizer Muslimen-Gemeinde als Radikaler da, während Blancho für einen Slapstick-Moment sorgte. Jasmin El-Sonbati warf dem IZRS vor, mit seiner salafistischen Auslegung des Islam den Religionsfrieden in der Schweiz zu gefährden, worauf Blancho anfing, arabisch zu reden und sehr zum Missfallen der einzigen Frau in der Runde betonte, dass die muslimischen Brüder wie die jüdischen Gemeinden zusammenhalten müssten.
Zum Abschluss der Sendung warf die Redaktion die Frage auf, wer eigentlich die verschiedenen Gruppierungen von Muslimen in der Schweiz repräsentiere, woraus Benmrad und Blancho kurz einen gehässigen Hahnenkampf lancierten. Benmrad behauptete, rund 30 Prozent und damit von den Anwesenden Debattanten am meisten Muslime zu vertreten. Blancho putzte er mit «Sie vertreten hier 49 gelistete Mitglieder...», herunter und machte sich danach noch in einer Weise über Blanchos Erwiderung lustig, die Fremdschämpotential entfaltete.
Die Bodyguards Blanchos und der Sicherheitsmann am Eingang des Studiotrakts stellten sich schliesslich sinnbildlicherweise für die Sendung und die Situation in der Schweiz als unnötig heraus. Angst vor dem Islam oder gar Nicolas Blancho braucht man nicht all zu viel zu haben.
Wenn schon, dann muss man sich Sorgen machen um die Fähigkeit der gemässigten Schweizer Muslim-Vereine, einen Präsidenten von Format zu wählen.