Stadler legt Rekurs gegen Auftrag an Siemens ein – so reagieren die SBB
Was hat Stadler entschieden?
Stadler Rail hat Rekurs gegen den Riesenauftrag der SBB für neue Doppelstockzüge an Siemens eingelegt. Man könne die Bewertung der SBB auch nach vertiefter Analyse der Unterlagen nicht nachvollziehen, schrieb der Ostschweizer Konzern in einem Communiqué am Freitag.
Der Rekurs sei am Vortag beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht worden. Eine unabhängige Überprüfung der Vergabe sei angebracht, hiess es. Zuvor hatten die CH-Media-Zeitungen über die Einsprache berichtet.
Wie begründet Stadler diesen Schritt?
Das Angebot von Stadler, das auf dem im täglichen Einsatz bewährten Doppelstockzug basiere, sei gegenüber einem Zug, der lediglich auf dem Papier existiere, zu tief bewertet worden. «Es ist für Stadler nicht nachvollziehbar, wie sich das siegreiche Angebot in bewerteten Kriterien wie beispielsweise Betriebskosten, Qualität, Instandhaltung, Nachhaltigkeit oder Serviceverträge abheben konnte», schrieb der Ostschweizer Konzern.
Stadler habe in der Kategorie Nachhaltigkeit nur halb so viele Punkte wie Siemens erhalten. Dies, obwohl Stadler als einziger Anbieter den Zug vollständig in der Schweiz mit kurzen Transportwegen produzieren würde mit Komponenten von Zulieferern aus dem ganzen Land, hiess es. Rund 80 Prozent Wertschöpfung würden hierzulande anfallen.
Für Stadler stelle sich zudem die Frage der Plausibilität: Welche Kriterien hätten dazu geführt, dass ein Zug, der erst auf dem Papier existiere, bessere Werte erhalte als ein seit vielen Jahren bewährter Doppelstockzug von Stadler, für den es belastbare Daten gebe? «Solche und weitere offenen Fragen konnten auch in einem Debriefing-Gespräch mit der SBB nicht ausreichend geklärt werden», schrieb der Konzern. Die Preisdifferenz zum siegreichen Angebot von Siemens liege bei nur 0,6 Prozent.
Die bisherigen 153 Doppelstockzüge von Stader auf dem SBB-Netz seien die zuverlässigsten Züge der Schweizerischen Bundesbahn: Sie hätten eine Verfügbarkeit von 99 Prozent.
Wie reagieren die SBB?
Die SBB kontert die Vorwürfe von Stadler Rail, die Rekurs gegen die Vergabe des Riesenauftrags an Siemens eingelegt hat. Der Preisvorsprung des deutschen Konzerns auf Stadler sei gross.
Über die gesamte Lebensdauer belaufe er sich auf einen dreistelligen Millionenbetrag, teilte die SBB am Freitag in einer Stellungnahme mit. Stadler hatte zuvor bekannt gegeben, gegen die Vergabe der 116 neuen Doppelstockzüge für die Zürcher S-Bahn und die Westschweiz Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht zu haben.
Die von Stadler Rail genannte preisliche Differenz von 0,6 Prozent beziehe sich nur auf die Investitionskosten, betonten die SBB. Das Angebot von Siemens habe jedoch auch beim Betriebsaufwand, also den Kosten für Energie, Trassen und Instandhaltung, am besten abgeschnitten.
«Der Preisunterschied der Angebote ist signifikant: Er summiert sich über die ganze Lebensdauer von 25 Jahren auf einen dreistelligen Millionenbetrag», schrieben die SBB.
Die Siemens Mobility AG mit Sitz in der Schweiz habe das vorteilhafteste Angebot eingereicht und deshalb die Ausschreibung gewonnen. «Massgebend für den Entscheid war die sachliche und unabhängige Bewertung der einzelnen Kriterien durch rund 100 Fachspezialisten und Fachspezialistinnen der SBB. Die Auftragsvergabe war kein Kopf-an-Kopf-Rennen: Der Vorsprung von Siemens Mobility fiel klar aus», erklärte die SBB.
«Die SBB hat während des gesamten Verfahrens grössten Wert auf die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben gelegt. Die SBB habe sich an das öffentliche Beschaffungsrecht gehalten, hiess es.
Die Züge aller drei Anbieter hätten die technischen Anforderungen gemäss Pflichtenheft erfüllt. »Und alle haben weiterentwickelte Standardfahrzeuge mit bewährten Komponenten angeboten«, schrieben die SBB mit Blick auf die Vorwürfe von Stadler.
Was war zuvor passiert?
Die SBB hatten am 7. November den Riesenauftrag für 116 Doppelstockzüge für die Zürcher S-Bahn und die Westschweiz an Siemens vergeben. Der Auftrag hat ein Volumen von 2,1 Milliarden Franken. Hinzu kommt eine Option auf 84 weitere Züge, womit der Rahmenvertrag 200 Doppelstöcker im hochgerechneten Wert von 3,6 Milliarden Franken umfasst. Stadler-Patron Peter Spuhler sprach kurz darauf von einem Fehlentscheid und kündigte an, einen Rekurs zu prüfen. (dab/sda)
