Der Solothurner Regierungsrat hat zwei Ostschweizer Rechtsanwälte beauftragt, die Umstände im Fall eines rückfällig gewordenen Kinderschänders zu untersuchen. Die Experten sollen auch Empfehlungen formulieren.
Als Experten eingesetzt wurden Joe Keel, Sekretär des Ostschweizer Strafvollzugskonkordats, und Peter Straub, Chef und Leitender Staatsanwalt des Untersuchungsrichteramts Gossau SG. Das teilte der Regierungsrat am Montag mit.
Die Rechtsanwälte haben den Auftrag, den Sachverhalt zu untersuchen, zu beurteilen und Empfehlungen zu formulieren. Sie sollen insbesondere untersuchen, ob die mit dem Fall beauftragten Behörden und das kantonale Obergericht gemäss Gesetz und angemessen gehandelt haben. Ausgeleuchtet werden soll der Vollzugsverlauf seit April 2010.
Für die externe Untersuchung sind gegenwärtige und ehemalige Mitarbeitende des Kantons Solothurn vom Amtsgeheimnis befreit, wenn sie den Experten im Fall des rückfällig gewordenen Kinderschänders Auskunft geben.
Gegen den 45-jährigen Mann läuft derzeit eine Strafuntersuchung wegen sexueller Handlungen mit einem achtjährigen Knaben. Er wurde Ende November in Olten festgenommen. Der Mann befindet sich nun in einer vom Obergericht angeordneten ambulanten Massnahme.
Der Fall des Kinderschänders beschäftigt die Justizbehörden, Politiker und Öffentlichkeit. Der Mann war im Mai 1999 vom Bezirksgericht Aarau wegen sexueller Handlungen mit fünf Kindern verurteilt worden. Er kassierte eine Zuchthausstrafe von 19 Monaten und eine ambulante Therapie.
Nach der Vergewaltigung eines achtjährigen Mädchens 2006 im Kanton Solothurn wurde er vom Amtsgericht Olten-Gösgen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt, aufgeschoben für eine stationäre Therapie. Der Mann blieb zehn Jahre im Gefängnis und absolvierte 239 Therapiesitzungen.
Sie verliefen ohne Erfolg, weil sich der Mann verweigerte. Das Rückfallrisiko des Kinderschänders wurde als «mittelgradig bis hoch» eingestuft. Der Mann ist gemäss Gutachten pädophil.
Der Mann wehrte sich gegen eine Verlängerung der stationären Therapie vor Gericht. Das Solothurner Obergericht entschied, die Massnahme müsse aufgehoben werden.
Das Solothurner Amt für Justizvollzug stellte einen Antrag auf nachträgliche Verwahrung. Aus formaljuristischen Gründen kam es jedoch zu keiner Gerichtsverhandlung. Eine nachträgliche Anordnung einer Verwahrung ist gemäss Bundesgericht erst zulässig, wenn eine vorgängig angeordnete therapeutische Behandlung rechtskräftig aufgehoben wurde.
Der Mann wurde Ende 2016 nach einem Entscheid des Obergerichts freigelassen. Er musste jedoch eine Fussfessel tragen. Er erstritt sich vor dem Obergericht eine Entschädigung von 52'100 Franken. Sein Freiheitsentzug habe zu lange gedauert, hiess es. Auch eine ambulante Therapie für den sechsfachen Kinderschänder brachte nichts. (aeg/sda)