Am Anfang gab es Prosecco, verschiedene Brotsorten, eine Auswahl an Käse und Wurst, frisches Obst, Eierspeisen. Am Nachmittag Kürbisravioli, Kalbsbraten, Lachs. Und dann: Dessertvariationen!
Die «FCZ-Familie» traf sich am Sonntag zum Brunch im Hotel Belvoir in Rüschlikon. Der FCZ-Präsident Ancillo Canepa hielt eine Ansprache und dann «genossen die FCZ'lerinnen und FCZ'ler im modernen Essaal mit traumhaftem Ausblick über den ganzen Zürichsee ein reichhaltiges Buffet voller frischer Köstlichkeiten».
So steht es auf der Webseite des FCZ. Was da auch steht: «Es fehlte an nichts.» Doch das stimmt nicht ganz. Denn die erste Frauenmannschaft war nicht dabei.
Wie watson aus einer gut informierten Quelle erfuhr, war ihre Abwesenheit bei der Frauenmannschaft nach dem Trainingsstart am Montagabend ein grosses Thema. Offenbar waren davor Screenshots in der gemeinsamen WhatsApp-Gruppe der Spielerinnen kursiert.
Einer von einer Instagram-Story mit dem Satz «Brunch der gesamten FCZ-Familie im Hotel Belvoir» und ein paar Teller-, Gipfeli-, Speck- und Pancake-Emojis. Der andere vom Bericht des FCZ mit dem Titel «Gelungener FCZ-Brunch im Hotel Belvoir», das Wort «FCZ'lerinnen» neongrün unterstrichen. Beide Screenshots haben watson auf Umwegen erreicht.
Die Frauenmannschaft empfindet es angeblich als eine «Frechheit» – so der Wortlaut, der watson erreicht hat –, von einer «FCZ-Familie» zu sprechen, wenn die Fussballerinnen gar nicht eingeladen waren und sich «FCZ'lerinnen» nur auf die Frauen und Familien der Spieler, aber nicht auf die Spielerinnen bezieht.
FCZ-Präsident Ancillo Canepa schreibt auf Anfrage an watson: «Es handelte sich um einen Familienevent, explizit für die erste Mannschaft und die Geschäftsstelle des FC Zürich, den wir aufgrund von Corona mehrfach verschieben mussten. Deshalb haben wir beschlossen, diesen im Januar nachzuholen. Für die übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben wir vor Weihnachten einen Anlass im Trainingszentrum organisiert. Da waren selbstverständlich auch die FCZ-Frauen eingeladen.»
Doch das Hotel Belvoir und das Trainingszentrum sind unterschiedliche Locations. Auf die Frage, ob der FCZ in der Vergangenheit vergleichbare Veranstaltungen exklusiv für Frauen organisiert habe, antwortete Canepa: «Wir haben in der Vergangenheit mehrere ähnliche Anlässe auch für die FCZ Frauen durchgeführt. Für alle gemeinsam einen solchen Anlass ‹indoor› durchzuführen, ist ein logistisches Problem. Es würde sich um mehrere Hundert Personen handeln.»
Im Sommer sei aber ein Outdoor-Event für alle geplant, «an welchem auch die Kinder Auslauf» hätten. In der Vergangenheit seien solche Veranstaltungen im Park im Grüene in Rüschlikon durchgeführt worden. «Aber eben, nicht im Januar, sondern im Sommer. Auch dies war aufgrund von Corona in den letzten Jahren nicht mehr möglich.»
Die Spielerinnen bedauern es angeblich, dass es für die Männer vom FCZ solche Veranstaltungen gibt und für die Frauen nicht. Es sei schade, dass es im FCZ so sein müsse. Schliesslich seien sie die beste Frauenmannschaft der Schweiz, hätten in der Champions-League gespielt und seien genauso professionell wie die Männer.
Im Ausland sieht man, dass es auch anders sein könnte: So hat der FC Bayern München bereits mehrere Instagram-Posts gemacht, auf denen die Frauen und Männer vereint unter dem Hashtag #MiaSanMia (bayrisch für «wir sind wir») auftreten.
Die Fans reagieren positiv auf die Posts – so benutzen sie den Hashtag #OneFamily («eine Familie») und hoffen auf mehr «gemeinsamen Content mit den Girls».
Ähnlich sieht es bei Arsenal London aus. Nachdem die Mutter der Spielerin Beth Mead an Krebs verstorben war, hielten die Männer ein T-Shirt mit der Aufschrift «Thinking of you, Beth» («Wir denken an dich, Beth») in die Kamera und posteten das Foto auf Instagram.
Mead kommentierte: «My club, thank you so much. Means the world to me & my family.» («Mein Club, vielen Dank. Bedeutet die Welt für mich und meine Familie.»)
Zwar gibt es beim FCZ ähnliche Bestrebungen, zum Beispiel, wenn die neuen Trikots lanciert oder die Cupfinals beworben werden – dann kommt es ebenfalls zu gemeinsamen Auftritten auf Instagram.
Trotzdem scheinen sich die Spielerinnen vom FCZ mehr Zusammenhalt zwischen den Geschlechtern zu wünschen. Schliesslich würden sie denselben Aufwand betreiben, warum werde ihnen also nicht auch dieselbe Anerkennung entgegengebracht – vom Verein, von der Gesellschaft, von den Medien?
Manche von den Spielerinnen würden sogar mehr leisten, da sie nebenher noch einer Lohnarbeit nachgehen müssten, so die Quelle.
Frauen werden im Fussball noch immer viel schlechter bezahlt als Männer. 2022 verdienten Spielerinnen des FCZ mit Prämien dank Meistertitel und Cupsieg rund 6000 Franken pro Jahr – so viel, wie die am schlechtesten bezahlten Spieler des FCZ im Monat machen.
FCZ-Präsident Canepa dazu: «Im Frauenfussball lassen sich Löhne wie im Männerfussball schlicht nicht finanzieren. Damit sich das ändert, müssen die Medien mehr über den Frauenfussball berichten – um das Engagement der Sponsoren attraktiver zu machen.»
(aber nein, in der Zentralschweiz sind wir doch nicht rückständig!)
Soweit hat es ja geklappt.
Shame on you Canepa.